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Denise Herrmann-Wick: Mein neues Leben ohne Biathlon

Familienbesuche, Baby im Bauch und Hausbau - Denise Herrmann-Wick genießt das neue Leben nach dem Leistungssport und freut sich umso mehr auf Weihnachten, endlich mal wieder im Erzgebirge.

Von Michaela Widder
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Denise Herrmann-Wick genießt ihr Leben als Biathlon-Rentnerin und baldige Mutter.
Denise Herrmann-Wick genießt ihr Leben als Biathlon-Rentnerin und baldige Mutter. © Sven Simon

Bad Mitterndorf. Als großer Weihnachtsfan ist sie schon lange bekannt. Dass wegen Denise Herrmann-Wick aber sogar mal die Feuerwehr anrücken musste, gehört zu den bisher unbekannten Geschichten aus dem Leben der erfolgreichen Biathletin. Auf den Wettkampfreisen im Advent gehörten die Teelicht-Pyramide in Mini-Ausführung und Räuchermännchen immer dazu. Und einmal sorgte das tatsächlich für einen Feuerwehr-Einsatz, in Schweden war's, als eine Räucherkerze in Herrmann-Wicks Hotelzimmer einen Feueralarm auslöste. Daraufhin war ein ganzer Löschzug angerückt.

Dieser kleine Zwischenfall wird Deutschlands Sportlerin des Jahres so schnell nicht mehr passieren. Das Leben aus dem Koffer ist vorbei und damit auch die Weihnachtszeit mit Räuchermännern in Hotelzimmern. Im Frühjahr hat Herrmann-Wick ihre Karriere beendet, zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit konnte die gebürtige Erzgebirglerin also eine entspannte Vorweihnachtszeit in ihrer Wahlheimat im bayrischen Ruhpolding verbringen.

Die Liebe zum Erzgebirge und die Heimatverbundenheit ist im Hause Herrmann-Wick überall zu sehen. Schon nach dem Sommer testete die Olympiasiegerin, ob alle Lichter an den Schwibbögen noch funktionieren. Und in der Planung fürs neue Haus sind Steckdosen an allen Fenstern eingeplant. "Die Schwibbögen müssen leuchten, das wird richtig zelebriert", sagt Herrmann-Wick.

Mehr Zeit im Erzgebirge mit Eltern und Großeltern

In diesem Jahr stand "ganz groß auf der Liste, dass man es mal zu Weihnachten heim schafft", sagt sie. Und wenn Denise Herrmann-Wick von Zuhause spricht, meint sie immer noch Bockau im Erzgebirge, wo ihre Eltern, Oma und Opa wohnen. Allein ihr Dialekt verrät ihre Wurzeln. Dabei wohnt sie inzwischen fast schon zehn Jahre in Ruhpolding.

"Der Hausbau und die Familie stehen jetzt an erster Stelle", sagt die 35-Jährige. "Ich will schon öfter heim zu meinen Eltern und Großeltern, das hat die letzten Jahre ein bisschen gelitten. Einfach mal bei einem Geburtstag dabei zu sein, ist bis zuletzt immer schwierig gewesen."

Im Frühjahr wird Herrmann-Wick zudem Mutter, für sie eine logische Fortsetzung des neuen Lebens als Biathlon-Rentnerin: "Für mich war immer klar, die Familienplanung kommt danach. Und das ist der schönste Grund, eine sportliche Karriere zu beenden", erzählt sie am Sonntagabend bei der Auszeichnung zur Sportlerin des Jahres.

Ihre Bilderbuch-Karriere krönte Denise Herrmann-Wick mit olympischem Gold 2022 in Peking.
Ihre Bilderbuch-Karriere krönte Denise Herrmann-Wick mit olympischem Gold 2022 in Peking. © dpa

Bis zur Geburt im April soll auch der Hausbau abgeschlossen sein, seit Mitte November sind zumindest die Fenster eingebaut. "Nun kann auch nicht mehr jeder reinlatschen. Rohbau ist gefühlt für alle da", sagt sie und lacht. Dass gerade die Fans besonders neugierig seien, kann sie indes nicht bestätigen. "Wenn ein Haus gebaut wird, wird immer geguckt – vor allem in so einem Dorf. Da sind schon alle immer gut informiert", sagt Herrmann-Wick.

Der kreative Kopf beim Innenausbau ist ihr Mann Thomas. "Er ist da federführend, weil er ein sehr gutes Vorstellungsvermögen hat, aber wir entscheiden schon zusammen. Also ich sage dann: gefällt mir oder gefällt mir nicht."

Wie einst in ihrem Sportlerleben geht Herrmann-Wick auch jetzt eins nach dem anderen an. Als Athletin schaffte sie es, gleich in zwei Wintersportarten erfolgreich zu sein: erst im Langlauf, wo sie 2014 in Sotschi olympisches Bronze mit der Staffel gewann und dann im Biathlon. Nach ihrem Wechsel war sie mit dem Gewehr auf dem Rücken sogar noch besser. Im Februar 2022 krönte sich Herrmann-Wick in Peking zur Einzel-Olympiasiegerin.

"Besser hätte ich es mir nicht vorstellen können"

Nach der Heim-WM in Oberhof mit dem Titel und den zwei Silbermedaillen ein Jahr später war dann Schluss. "Das ist das höchste Gut, dass man im richtigen Moment aufhört, also wenn es noch Spaß macht", sagt sie und stellt nun rückblickend fest: "Besser hätte ich es mir nicht vorstellen können."

Seitdem die neue Wintersaison im vollen Gange ist, die erste ohne sie, wird Herrmann-Wick noch einmal so richtig bewusst, "was für eine coole Zeit das war". Klar, dass sie den Biathlon-Zirkus auch ein wenig vermisst. "Weil man den Sport ja bis zum letzten Tag gern gemacht hat."

Doch Herrmann-Wick weiß auch das Leben nach dem Karriere-Ende längst zu schätzen, nicht nur wegen der Familien-Geburtstage. Nun kann sie öfter und auch kurzfristig Freunde besuchen oder einen Kurztrip machen. Auch die nicht unbegründete und Herrmann-Wick stets begleitende Sorge, sich irgendwo irgendwie mit Erkältungskeimen anzustecken, fällt weg, "Es ist jetzt nicht mehr so ein Spießrutenlauf, wenn man unter Leute geht, und das ist schon wirklich angenehmer", meint sie.

Bergtour statt Bestzeiten: Noch immer macht sie viel Sport

Der Sport spielt in ihrem neuen Leben ohne Biathlon weiterhin eine große Rolle. "Ich versuche jeden Tag noch was zu machen, habe richtig Spaß daran. Mein Mann ist auch oft mit dabei", sagt Herrmann-Wick. Statt auf den "Standardrunden in Ruhpolding neue Bestzeiten zu knacken", wie sie sagt, genießt es die Weltklasse-Athletin a.D. jetzt, einfach mal eine Bergtour zu unternehmen oder Rad zu fahren.

Neue Ziele gibt es ebenfalls. Herrmann-Wick hat ein Fernstudium zum Lifecoaching begonnen, sie hält Motivationsvorträge und ist als Botschafterin ihres Sponsors Viessmann bei einigen Biathlon-Weltcups im Einsatz. "Ich kann mir schon in der Coaching-Richtung was vorstellen, wenn auch nicht klassisch als Trainer", sagt sie und erklärt: "Mir hat der Sport viel gegeben, was man auch auf das normale Leben ummünzen kann. Es ist jetzt nicht so, wenn ich etwas sage, dass das für jeden das Nonplusultra ist. Das Wichtige ist, so seinen eigenen Weg zu finden und mit diesem Bewusstsein ranzugehen."

Vor allen Dingen will Denise Herrmann-Wick nun erst mal das Familienleben genießen und erleben, "dass sich nicht alle immer nach mir richten müssen". Spätestens im April, so viel ist klar, wird sie die Rolle ohnehin endgültig abgeben. Sie freut sich drauf, das ist offensichtlich.