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Wie Bergsportlegende Bernd Arnold ein Festival begeistert

Bernd Arnold bot bei den Dresdner Bergsichten Innen-Ansichten. Das Festival selbst trotzte Corona und erfuhr Lob von vielen Seiten.

Von Jochen Mayer
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Unterhaltsam, altersmilde und selbstironisch: Kletterlegende Bernd Arnold.
Unterhaltsam, altersmilde und selbstironisch: Kletterlegende Bernd Arnold. © Bergsichten-Festival

Dresden. Klein aber fein. Das hörte Frank Meutzner immer wieder beim Bergsichten-Festival am Wochenende. Das Spektakel für Outdoor- und Naturfreunde, Bergsteiger und Abenteurer durfte nach einem ausgefallenen Jahrgang 2020 durch die Corona-Zwangspause nun im größten Hörsaal der Dresdner TU über die Bühne gehen – allerdings deutlich geschrumpft. Das kam dennoch an.

„Ich hörte sehr viele positive Reaktionen“, sagt Festivalchef Meutzner. „Die Zuschauer würdigten, dass die Bergsichten unter den aktuellen schwierigen Umständen überhaupt durchgezogen wurden. Und die Referenten waren begeistert, dass sie mal wieder was aus ihrem Repertoire vor Publikum zeigen durften.“

Dabei hatte zum wiederholten Mal Sachsens Kletterlegende Bernd Arnold ein Heimspiel. Der Hohnsteiner zeigte sich bei seinen beiden Auftritten mit MDR-Biwak-Moderator Thorsten Kutschke und Buchautor Peter Brunnert bestens aufgelegt. „Es ist immer wieder sensationell, was Bernd einst in seinen besten Jahren im Elbsandstein geleistet hat“, schwärmt Meutzner über den Sonnabend-Auftritt des einst auch international in der Szene gefeierten Kletter-Akrobaten.

Besessen und ausdauernd

Aus den geplanten 90 Minuten war bei den Bergsichten fast eine Stunde mehr geworden. Tags darauf hielten alle ihre Zeitpläne ein, das Nachfolge-Programm dankte es.

„Seine Geschichten aus der Sturm-und-Drang-Zeit klingen unglaublich“, sagt Szene-Kenner Meutzner über die Arnold-Storys und fügt hinzu, „wie besessen und ausdauernd er einst in die Felsen und ins Neuland ging. Man kann ja eigentlich nicht jeden Tag eine Erstbegehung im schwierigsten Bereich angehen.“ Bernd Arnold konterte auf diese Skepsis mit einer ganz einfachen Antwort: „Doch, kann man.“

Aber er gab auch zu, in jungen Jahren schon etwas sehr kantig gewesen zu sein mit dem, was er da trieb. Er brachte es auf den Punkt, indem er sagte, dass ihm generell angenehmer sei, „lieber ein eckiges Etwas als ein rundes Nichts“ zu sein. Damit verkündete Bernd Arnold eine seiner Lebensmaximen und freute sich über die Reaktionen darauf im Saal. Der 74-Jährige zeigte sich auf der Bühne unterhaltsam, altersmilde und voller Selbstironie. „Bernd kann mittlerweile selbst über sich und seine frühen Jahre lachen“, empfand Meutzner. Die Bergsichten-Besucher durften daran teilhaben.

Der einstige Erstbegehungs-Sammler im Elbsandstein hatte nicht seinen ersten Auftritt bei den Bergsichten. Der Vergleich zu Vor-Corona-Auftritten fiel für ihn ebenfalls positiv aus. „Die Besucher waren wegen der verordneten Abstandsregeln gut verteilt im Saal“, beobachtete Bernd Arnold. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er nur zu einem Drittel gefüllt war.“ Vor solchen Terminen hat der Kletter-Experte immer noch seinen Horror, wie er sagt: „Solche Auftritte vor vielen Leuten sind ja eigentlich nicht mein Ding. Aber ich hatte ja noch zwei Mitstreiter auf der Bühne, die ihre Sache sehr gut machten. Das Publikum war toll, die Reaktionen zeigten mir, dass da vieles bei ihnen ankam.“

Lob von den anderen Größen der Szene gab es auch. Alexander Huber, der jüngere der beiden Huber-Buam, hatte wieder spektakuläre Bilder aus gigantischen Felswänden präsentiert und lobte die Dresdner Gastgeber. Die Bergsichten seien eine gute Hausnummer, es gebe kaum noch so große Veranstaltungen wie in der Elbestadt und er hoffe, dass es weitergeht damit in Dresden. Als der Bayer hörte, wie knapp der aktuelle Finanzrahmen ist und die übliche Party für all die Helfer diesmal auf der Kippe steht, da spendete er dafür einen Teil seines Honorars.

Dem schloss sich Heinz Zak an. Der Österreicher hatte seine besten Bergfotos präsentiert und wurde dabei von Musikern auf einem Fagott, einer Violine und per Percussion in eine neue klangliche Dimension begleitet. „Das war ein fulminanter Abschluss der Bergsichten, der Gänsehaut und Emotionen inklusive bot“, schwärmte der Festivalchef, der auch gestand, etwas skeptisch gewesen zu sein, ob dieses Vortragskonzept funktionieren würde. Doch er wurde überzeugt. „Diese Klang- und Bilderwelten sorgten für ein gewaltiges Erlebnis“, zeigte sich Meutzner überrascht.

Das Festival stand unter keinem guten Stern. Erst die Reduzierung auf nur wenige Vorträge in einem Sal, kein Filmprogramm und dann die kurzfristig geänderten Corona-Maßnahmen von 3G auf 2G waren eine enorme Herausforderung für die Vorbereitungen. Die neuen Regeln wurden aus Sicht des Festival-Chefs vom Publikum akzeptiert. „Es gab nur ganz wenige, die dagegen schimpften“, sagte Meutzner, der registrierte, dass trotz ausverkauften Veranstaltungen je Auftritt etwa 40 bis 50 Plätze leer geblieben waren.

Weniger Besucher, dafür intensivere Gespräche

Nicht alle hatten auf Rücküberweisung ihrer Eintrittskarten-Kosten beharrt, die nach der Änderung vom Veranstalter angeboten wurde. „Das hat was von Größe“, sagt Meutzner, „wenn nicht wenige unser Festival auf diese Art weiter unterstützen wollen. Und es gab viele, die uns beglückwünscht haben, dass wir nach den vielen Aufs und Abs die Bergsichten haben weiterleben lassen. Wer weiß, ob das eine Woche später noch möglich gewesen wäre.“

Auch den wenigen verbliebenen Ausstellern fehlte das Laufpublikum vor den Türen des Auditoriums. Dennoch sagte Frank Schulz, Chef vom Dresdner Reiseunternehmen „schulz aktiv reisen“, der von Anfang an seit 2004 die Bergsichten unterstützt: „Diesmal war alles ein wenig weniger, dafür waren aber die Gespräche intensiver.“ Das klingt, als haben die Bergsichten eine Zukunft. Gespräche darüber stehen bei der TU an. Die wichtigste Nachricht ist aber wohl: Corona hat eines der bedeutsamsten Bergfilm-Festivals nicht in die Knie gezwungen.