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Wie ein Kamenzer Springreiter die große Sensation beim Derby in Hamburg schafft

Der Sieger vor 25.000 Zuschauern beim deutschen Spring-Derby in Hamburg heißt: Marvin Jüngel. Und das ist nicht weniger als eine Sensation. Wie es dazu kam, dass der junge Kamenzer die Weltelite aufmischt.

Von Michaela Widder
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Hut ab! Marvin Jüngel aus Hausdorf bei Kamenz gewinnt das deutsche Spring-Derby in Hamburg.
Hut ab! Marvin Jüngel aus Hausdorf bei Kamenz gewinnt das deutsche Spring-Derby in Hamburg. © dpa

Hamburg/Kamenz. Nach dem letzten Sprung geht der Blick von Marvin Jüngel kurz zurück. Die Mauer wackelt, aber das Hindernis fällt nicht. Dann wirft er seine Reitkappe meterhoch in die Luft. Es ist die pure Freude. Der junge Mann aus Kamenz hat das geschafft, wovon die meisten Profireiter träumen.

Er hat am Sonntag das legendäre deutsche Spring-Derby in Hamburg gewonnen - und das als Zweitjüngster überhaupt in der über 100-jährigen Geschichte der Sportart. Jünger als der 21-jährige Jüngel war nur Alwin Schockemöhle, der 1957 als 19-Jähriger einen Sieg beim Blauen Band gefeiert hatte.

Im Stechen des mit 153.000 Euro dotierten Klassikers blieb Jüngel auf seinem Pferd Balou's Erbin ohne Strafpunkte und verwies vor 25.000 Zuschauern die gleichaltrige Dänin Caroline Rehoff Pedersen auf Platz zwei. "Meine Mutti hat am Montag Geburtstag. Ich glaube, das ist schon ein ganz gutes Geburtstagsgeschenk", sagte Jüngel danach ins ARD-Mikrofon bei seinem vermutlich ersten Live-Interview.

"Das jetzt ist unfassbar", so Sensationssieger Jüngel

Am letzten Hindernis hatte er es noch einmal spannend gemacht, als seine Stute die 1,62 Meter hohe Mauer touchierte und diese daraufhin bedenklich wackelte. "Der zweite Platz wäre schon super gewesen, aber das jetzt ist unfassbar", meinte Jüngel, der am Ende dank seiner Kumpels ein mehr oder weniger unfreiwilliges Siegerbad im Wassergraben genoss. Er und Pedersen waren auf dem weltweit schwersten Parcours mit seinen 17 Hindernissen als einzige Starter ohne Fehler geblieben. Es waren damit die Nullrunden 160 und 161 in der 103-jährigen Geschichte in Klein Flottbek.

Auf dem Weg zur Sensation: Marvin Jüngel auf Balou's Erbin.
Auf dem Weg zur Sensation: Marvin Jüngel auf Balou's Erbin. © dpa

Zwar fand das Traditionsturnier erstmals seit 2008 ohne die Teilnehmer der Global Champions Tour statt, trotzdem waren in der Spring-Konkurrenz zahlreiche Weltklasse-Reiter dabei. Ein Vorteil war, das an diesem Wochenende kein vergleichbares Turnier weltweit auf diesem Niveau stattfand.

Nun darf sich Jüngel also mit gerade einmal 21 Jahren Derby-Sieger nennen. Mindestens ebenso wertvoll: Er kassierte dafür 38.250 Euro Prämie und bekam einen Silber-Teller sowie eine Kaffeemaschine als Geschenk. Dabei war sein Name vor dem Derby bestenfalls den Reitsport-Kennern ein Begriff. Dass der Kamenzer allerdings in der Welt des Pferdesports ganz oben angekommen ist, ist kein Zufall.

Jüngel gibt in Hausdorf auch selbst Reit-Unterricht

Jüngel kommt aus einer pferdesportverrückten Familie. Geboren wurde er im württembergischen Öhringen in der Nähe von Heilbronn. Als er drei Wochen alt war, zog die Familie nach Hausdorf, einem Ortsteil von Kamenz. "Ich bin mit Pferden aufgewachsen, aber ernsthaft mit dem Sport beschäftigt habe ich mich aber erst mit zehn Jahren", erzählt Jüngel. Inzwischen ist er gelernter Bürokaufmann, hat sich selbstständig gemacht - und das Reiten zum Beruf. Mit seiner Familie betreibt er eine Reitanlage und gibt auch selbst Unterricht.

Sein Mentor war jahrelang Philipp Schober, Sachsens bislang bekanntester Profireiter. Auf der Reitanlage des Rothenburgers trainierte Jüngel ab und an - und entwickelte sich zum größten Talent in Sachsen. Zuletzt war Jüngel immer wieder mal in der U25-Nachwuchsserie aufgefallen. Seit Sonntag nun kennt ihn die ganze (Reit-)Welt. (mit dpa)