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Dresdner Olympionikin sorgt sich um den Sport-Nachwuchs

Tina Punzels Karriere begann bei den Landesjugendspielen. Nun wirbt die Ex-Wasserspringerin als Botschafterin für den Wettbewerb an diesem Wochenende in Dresden – und hofft auf mehr Unterstützung für die Talente.

Von Daniel Klein
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Bei den Sommerspielen 2021 in Tokio gewann Tina Punzel Bronze im Synchronspringen - ihr größter Erfolg.
Bei den Sommerspielen 2021 in Tokio gewann Tina Punzel Bronze im Synchronspringen - ihr größter Erfolg. © Matthias Rietschel

Dresden. Sie gibt sich Mühe, kramt in den Erinnerungen und in Stapeln von Urkunden. Aber die Erinnerungen bleiben verblasst – was nicht verwundert bei einer derart langen Karriere. Mit 15 startete Tina Punzel zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft, mit 27 trat sie im Januar zurück. Bei all den Wettkämpfen, Titeln und Medaillen können die Anfänge und ersten Erfolge in Vergessenheit geraten.

Dass die Landesjugendspiele quasi der Auftakt waren für eine Wassersprung-Laufbahn, die mit Olympia-Bronze 2021 ihren Höhepunkt fand, gilt aber trotzdem als gesichert. 2007, mit elf Jahren, war sie auch schon mal eine Art Botschafterin der Nachwuchswettkämpfe. An der Seite der bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen erfolgreichen Turmspringerin Annett Gamm präsentierte sie den Medaillensatz der Landesjugendspiel – das große Talent neben dem großen Vorbild.

An den Termin kann sich Punzel noch erinnern. „Die Medaillen hatte ich damals nicht gewonnen, habe sie nur bei einem Pressetermin in die Kameras gehalten“, erzählt sie. „Trotzdem glaube ich mich zu erinnern, auch eine Medaille gewonnen zu haben.“ Nur finden kann sie die nicht.

Im Alter von elf Jahren präsentierte Tina Punzel 2007 an der Seite von Annett Gamm die Medaillen der Landesjugendspiele.
Im Alter von elf Jahren präsentierte Tina Punzel 2007 an der Seite von Annett Gamm die Medaillen der Landesjugendspiele. © SZ/Robert Michael

An diesem Wochenende wird sie Medaillen überreichen, Punzel ist die Botschafterin der 15. Sommer-Landesjugendspiele, die in 53 Sportarten in Dresden ausgetragen werden. „Als ich gefragt wurde, musste ich nicht lange überlegen. Für die Kinder sind diese Wettbewerbe ein schöner Einstieg, um herauszufinden: Wo stehe ich? Bin ich besser oder schlechter als andere?“, findet sie.6.400 Athleten haben sich angemeldet, hinzu kommen 2.100 Betreuer und Kampfrichter. „Ich finde den Charakter schön mit den vielen verschiedenen Sportarten. Das ist ein bisschen wie Mini-Olympia“, sagt Punzel. Wobei in Dresden auch Disziplinen ausgetragen werden, die (noch) nicht im Programm der großen Ringe-Spiele stehen wie Kegeln, Luft- und Motorsport, Wandern und Orientierungslauf.

Für die siebenfache Europameisterin ist es nicht wichtig, dass sich die Teilnehmer für eine Leistungssportlaufbahn entscheiden. Wichtig sei es, überhaupt Sport zu treiben. „Dabei werden Werte vermittelt wie Fairness und Respekt. Man lernt, dass man nicht immer gewinnen kann, oder dass man sich in eine Mannschaft einordnen muss“, erklärt sie. „Ich habe aus dieser Zeit sehr viel mitgenommen.“ Als Folge der Corona-Pandemie habe sie das Gefühl, dass der Stellenwert des Sports bei manchen Familien gesunken sei. „Vielleicht können die Landesjugendspiele ein bisschen dazu beitragen, dass sich das wieder ändert.“

Bei der Eröffnungsfeier am Samstagmorgen im Sportpark Ostra ist Punzel dabei und auf jeden Fall beim Wasserspringen, wo Talente der ersten bis vierten Klasse um die Medaillen kämpfen. Es ist ein eher selten gewordener Ausflug an den Ort, an dem sie gut 20 Jahre trainiert hat. Nach dem Karriereende wollte sie bewusst Abstand gewinnen von dem Teil, der den Großteil ihres Lebens bestimmt hat. „Ich merke, dass mir das guttut“, sagt sie. Bis Mitte Juli muss die Studentin der Wirtschaftswissenschaften ihre Bachelor-Arbeit, die sich mit der Wirkung von Führungsstilen auf die Mitarbeiter beschäftigt, abgeben. Danach will sie weitermachen und ihr Studium mit dem Master in Wirtschaftspsychologie abschließen – ob weiter an der TU Dresden oder einer anderen Uni entscheidet sich in den nächsten Wochen.

Das Wasser war gut 20 Jahre das Element, in das Tina Punzel fast täglich abgetaucht ist. Nach ihrem Rücktritt will sie ein wenig Abstand nehmen und sich auf das Studium konzentrieren.
Das Wasser war gut 20 Jahre das Element, in das Tina Punzel fast täglich abgetaucht ist. Nach ihrem Rücktritt will sie ein wenig Abstand nehmen und sich auf das Studium konzentrieren. © SZ/Robert Michael

„Ich will für die Zukunft aber absolut nicht ausschließen, dass ich irgendwann am Beckenrand stehe und meine Erfahrungen als ehrenamtliche Übungsleiterin an die Kleinsten weitergebe“, sagt sie. Ihren Sport verfolgt sie ohnehin weiter intensiv. Am Mittwoch gingen die Europameisterschaften im polnischen Rzeszow zu Ende – seit zwölf Jahren die ersten ohne Punzel. „Es war ein komisches Gefühl“, erklärt sie. „Aber auch aus der Ferne freue ich mich riesig über die Erfolge des deutschen Teams.“ So gewann Timo Barthel, der zwischenzeitlich in Dresden trainiert hatte, Gold vom Turm und sicherte dem deutschen Team einen Startplatz bei den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Paris.

Ein Ehrenamt im Sport hat Punzel bereits. Bei ihrem Verein Dresdner SC ist sie Kinderschutzbeauftragte. „Wir sind gerade dabei, ein Konzept aufzustellen“, erklärt sie. Durch diese zeitraubende Arbeit sei ihr Respekt für Frauen und Männer, die sich in ihrer Freizeit in Vereinen engagieren, noch mehr gestiegen. Doch deren Zahl wird kleiner. Und ohne Übungsleiter können Kinder nicht zum Training kommen.

Die eine Lösung kennt auch Punzel nicht, findet aber, dass „die Wertschätzung gegenüber Ehrenamtlichen im Sport generell größer sein sollte. So müssten Arbeitgeber flexibel reagieren, wenn Angestellte am Nachmittag zum Training fahren müssen. Und höhere Aufwandsentschädigungen für Übungsleiter wären wünschenswert, ich verstehe aber auch, dass die Mittel begrenzt sind“, erläutert die Dresdnerin, die die Suche nach Medaillen und Urkunde von den eigenen Starts bei den Landesjugendspielen nicht aufgeben will.