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Wer sind die Nachfolger von Punzel und Wolfram?

Die Dresdner Wasserspringer suchen Nachfolger für Tina Punzel und Martin Wolfram. Doch das ist nicht so einfach, in den vergangenen Jahren haben einige Talente aufgehört.

Von Daniel Klein
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Anhand eines Videomitschnitts erklärt Martin Wolfram seinem Schützling, der 16-jährigen Sonja Thulke, was es noch zu verbessern gibt
Anhand eines Videomitschnitts erklärt Martin Wolfram seinem Schützling, der 16-jährigen Sonja Thulke, was es noch zu verbessern gibt © Foto: SZ/Veit Hengst

Dresden. Fast alle Plattformen der Sprungtürme in der Dresdner Halle sind an diesem Vormittag belegt. Martin Wolfram läuft hin und her, um die beste Sicht auf die Schrauben und Salti zu haben, die seine Schützlinge zwischen dem Absprung vom Turm oder Brett und dem möglichst spritzerarmen Eintauchen ins Wasser zeigen. In der Hand hält er ein Tablet, mit dem er die Versuche aufzeichnet.

Seine Schützlinge sind zwischen 13 und 16 Jahre jung. Sie sollen schon bald eine Lücke füllen. Wolfram, der bei drei Olympiastarts zwischen 2012 und 2021 Fünfter, Siebter und Achter wurde und 2015 EM-Gold gewann, beendete seine Karriere vor gut einem Jahr. Tina Punzel, die mit Olympia-Bronze 2021 den größten Erfolg ihrer reich dekorierten Karriere feierte, trat im Januar zurück. Mit dem Duo verlor der Dresdner Wassersprung-Stützpunkt die Gesichter und Aushängeschilder der vergangenen Jahre. Und nun?

Derzeit füllen diese Rollen Iris Schmidbauer und Saskia Oettinghaus aus. Schmidbauer zog von Bayern nach Dresden, gewann bei der EM-Premiere 2022 im High Diving Gold. Doch Klippenspringen, so die deutsche Übersetzung, ist noch nicht olympisch. Die aus Rostock stammende Oettinghaus könnte sich für ihre ersten Spiele 2024 in Paris qualifizieren, dafür müsste sie bei der WM in gut einem Monat in Fukuoka (Japan) ins Finale springen – oder bei einem späteren Weltcup unter die Top 18. Schmidbauer ist 28 Jahre alt, Oettinghaus 25. „Danach“, sagt Wolfram, „klafft ein größeres Loch.“ Das älteste Talent ist erst 17. Allerdings brach sich Muriel Pippert vergangenes Jahr das Schienbein, trainierte mit einer Metallschiene im Unterschenkel. Die wird nun entfernt.

„Es haben in den vergangenen Jahren vier, fünf Talente mit Potenzial aufgehört“, sagt Wolfram, der nach seinem Karriereende ein Trainerstudium an der Sporthochschule in Köln begann und bei den Seminaren neben Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein sitzt. Zu den zurückgetretenen Talente gehört der inzwischen 20-jährige Ludwig Schäl, der 2021 noch bei der Junioren-EM und -WM angetreten war. Wolfram sieht einen Grund für die hohe Zahl an Abbrechern in der Corona-Pandemie. „Die Folgen haben ja nicht nur uns getroffen“, sagt er mit Blick auf die anderen Wassersprung-Stützpunkte und zu den anderen Sportarten.

Mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio feierte Tina Punzel den größten Erfolg ihrer Karriere. Anderthalb Jahre später trat sie zurück.
Mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio feierte Tina Punzel den größten Erfolg ihrer Karriere. Anderthalb Jahre später trat sie zurück. © Matthias Rietschel

Ein Trost ist das jedoch nicht. „Wir brauchen Aushängeschilder, damit die Presse über uns berichtet und die Leute merken, dass es uns Wasserspringer weiter gibt“, erklärt der 31-Jährige. Ein weiterer Aspekt: Sportler profitieren von einer starken Konkurrenz in der eigenen Trainingsgruppe. „Diese Erfahrung habe ich selber gemacht“, meint Wolfram, der jahrelang mit Sascha Klein in Dresden sprang. Fehlt die, könnten Wechselgedanken aufkommen. Saskia Oettinghaus ist genau aus diesem Grund vor drei Jahren von Rostock nach Dresden gezogen und absolvierte die Einheiten hier an der Seite von Tina Punzel. Nun sind ihre Partnerinnen 15 oder 16 Jahre jung. „Diese Lücke ist einfach zu groß“, findet Wolfram.

Sonja Thulke traut er zu, perspektivisch in die Fußstapfen der sechsfachen Europameisterin Punzel zu treten. Wie sie springt die 16-Jährige am liebsten vom Brett. Die ein Jahr jüngere Cora Schiebold bevorzugt dagegen den Turm. Sie gewann 2022 bei der Junioren-EM in Bukarest Silber und wurde auch bei der Junioren-WM in Montreal Zweite, da im Team Event. „Ihr fehlt noch ein Sprung, dann käme sie im Erwachsenenbereich als Synchronpartnerin infrage“, erklärt Wolfram, der ihr zutraut, dass sie es 2028 zu den Olympischen Spielen nach Los Angeles schafft. Zunächst einmal hofft ihr Trainer, dass sich die beiden zusammen mit der 14-jährigen Henni Mehner für die Junioren-EM Mitte August in Rijeka qualifizieren können.

Bis dahin wird sich in Wolframs Leben Entscheidendes verändert haben. Seine Freundin Elisa ist schwanger, der 1. Juli ist der errechnete Geburtstermin. Auf seine neue Rolle bereitet sich der ehemalige Turmspezialist ebenso gewissenhaft vor wie auf sein Studium. Das will er im August nächsten Jahres beenden.

Nebenbei absolviert er in Baunatal bei Kassel noch ein Fernstudium in Bewegungscoaching und Gesundheit. Das schließt mit dem Bachelor ab. „Damit kann ich mich nicht nur bei Verbänden und Vereinen bewerben, sondern auch bei privaten Sportanbietern“, betont Wolfram. Er sichert sich da lieber ab.