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Bobdominator Friedrich und sein Team feiern WM-Titel

Der Rekordweltmeister meldet sich zurück. Francesco Friedrich und seine Anschieber gewinnen den WM-Titel im Viererbob – und feiern das mit den extra angereisten Fans aus Pirna ausgelassen wie selten.

Von Tino Meyer
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Die neuen Weltmeister sind die altbekannten. Zum fünften Mal in Folge hat der Pirnaer Francesco Friedrich mit seinen Anschiebern Thorsten Margis, Candy Bauer und Alexander Schüller (von rechts nach links) die WM-Trophäe gewonnen.
Die neuen Weltmeister sind die altbekannten. Zum fünften Mal in Folge hat der Pirnaer Francesco Friedrich mit seinen Anschiebern Thorsten Margis, Candy Bauer und Alexander Schüller (von rechts nach links) die WM-Trophäe gewonnen. © keystone

St. Moritz. Ende gut, alles gut. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich das Wochenende bei der Bob-WM in St. Moritz bringen, jedenfalls für Francesco Friedrich. Wenn der letzte Eindruck tatsächlich ein bleibender ist, wird man den Bobdominator aus Pirna und sein Team als ausgelassen jubelnde Sieger in Erinnerung behalten. Mit dem Zweierbob, als er von einer Verletzung gehandicapt immerhin Silber gewann, mag vor einer Woche die eine Siegesserie zu Ende gegangen sein, dafür hat Friedrich am Sonntag eine andere fortgesetzt.

Der Meister schlägt zurück – hat der Bahnsprecher im besten Schweizerdeutsch schon am Samstag gesagt und auch am Ende recht behalten. Der neue alte Weltmeister im Viererbob heißt Friedrich. Zum fünften Mal hintereinander hat er sich zum Weltmeister im großen Schlitten gekrönt, ist damit in der Königsklasse seiner Sportart seit 2017 bei WM sowie Olympia ungeschlagen. "Wir sind wirklich super happy, hier in St. Moritz zu gewinnen", sagt der 32-Jährige, dessen erfolgreiche Karriere vor zehn Jahren an gleicher Stelle begann.

Mit seinen Anschiebern Thorsten Margis, Candy Bauer und Alexander Schüller triumphiert Friedrich diesmal – und das nach den Eindrücken der Saison unerwartet deutlich mit 0,69 Sekunden Vorsprung vor den zeitgleichen Teams um Brad Hall aus Großbritannien und Emils Cipulis aus Lettland. Im Ziel brechen danach alle Dämme. Tränen fließen, Sekt spritzt – so losgelöst wie selten zuvor feiert Team Friedrich den insgesamt zwölften WM-Titel für den Bobdominator, lautstark bejubelt vom extra angereisten Fanclub aus Pirna. Gut zu erkennen in den markant-farbigen Team-Friedrich-Mützen.

Unterwegs zum WM-Gold: In der Bahn fährt Francesco Friedrich die beste Linie. Zwei Saisonbestzeiten bestätigen das.
Unterwegs zum WM-Gold: In der Bahn fährt Francesco Friedrich die beste Linie. Zwei Saisonbestzeiten bestätigen das. © Mayk Wendt/KEYSTONE/dpa (Archiv)

Vor einem halben Jahr haben sich die rund 60 Leute fürs Vierer-Wochenende in der Wiege des Bobsports entschieden – und alles richtig gemacht. Genau wie Friedrich. "Wir haben alles rausgeholt, was möglich war. Neue Kufen, Sitzposition, jedes Detail hat letztlich gestimmt", erzählt der Weltklasse-Pilot vom BSC Sachsen Oberbärenburg, dessen Frau Magdalena ihn am Samstag an der Bahn überrascht. "Ich habe nicht gewusst, dass sie kommt. Das ist eine gute Überraschung", sagt er.

Schon 2013, als Friedrich im Zweierbob den ersten WM-Titel überhaupt gewann, ist sie sozusagen als Überraschungsgast live in St. Moritz dabei gewesen. "Ich kann es nicht fassen. Wahrscheinlich wird er erst im Bett begreifen, was er hier geschafft hat", meinte sie damals – was wohl auch diesmal zutrifft.

Schließlich ist es vor einem Monat nicht mal sicher, dass er nach seiner Verletzung im Adduktorenbereich überhaupt bei der WM starten kann. Und wenn, ob er dann in der Verfassung ist, um den Sieg mitzufahren. "Wenn mir das vor fünf Wochen einer gesagt hätte, dass wir Vierer-Weltmeister werden, hätte ich das so mitgenommen – und gehofft und gedacht, dass es klappen könnte. Dass es so eine heiße Kiste wird, war nicht klar", gesteht Friedrich.

Zwei andere deutsche Piloten bleiben indes ein Stück weit hinter den Erwartungen zurück. Das Team um Johannes Lochner belegt mit großem Rückstand den vierten Platz, Team Christoph Hafer wird Sechster. Der Junioren-Weltmeister Nico Semmler und seine Mannschaft erreichen dagegen mit Platz acht ein respektables Ergebnis bei ihrem ersten großen internationalen Rennen.

"Der vierte Platz nervt mich, aber es war nicht mehr drin. Ich habe zu viele Fehler in der Bahn gemacht", analysiert Lochner, der in der vergangenen Woche den Zweierbob für sich entschieden und damit Friedrichs seit 2013 anhaltende Siegesserie im kleinen Schlitten beendet hat. Im Viererbob ist der Pilot vom Königssee chancenlos. Er wählt die falschen Kufen, außerdem muss Lochner im Laufe des Wettbewerbs zwei Anschieber verletzungs- bzw. krankheitsbedingt austauschen.

Am Start die Besten: In allen vier Läufen ist Team Friedrich auf den ersten Metern mit Abstand am schnellsten.
Am Start die Besten: In allen vier Läufen ist Team Friedrich auf den ersten Metern mit Abstand am schnellsten. © keystone

Nach den ersten zwei Läufen am Samstagnachmittag scheint ohnehin eine kleine Vorentscheidung gefallen zu sein, zumindest was die Teams auf den drei Podestplätzen betrifft. Und auch dass Friedrich und seine Anschieber am Ende ganz oben stehen könnten, deutet sich an. Aus 0,01 Sekunden Vorsprung nach dem ersten Lauf machen sie 0,20 Sekunden- doch Friedrich hält sich zurück.

Ein leichtes Grinsen in seinem Gesicht ist zu erkennen, viel mehr nicht. Stattdessen verweist er auf den zweiten Tag. Zwei Zehntel seien in der mit 1.722 Metern längsten Bahn nicht die Masse, meint er und erklärt: "Im dritten Lauf sind wir als erster Bob in der Bahn, und vorher gab es kein anderes Rennen. Das Eis ist also noch nicht glattgezogen", sagt Friedrich, der erstmals nach seinem Muskelbündelriss vor fünf Wochen ohne Verband gefahren ist.

Statt zum Kufenschleifen führt ihn der Weg von der Bahn deshalb wieder direkt zu Physiotherapeutin Brigitte Schmailzl – für zweimal jeweils eine knappe Stunde. "Das Bein muckert, das muss gleich rausgearbeitet werden", sagt Friedrich und sieht sich am Sonntag dann in seiner Prognose bestätigt.

Im dritten Lauf startet sein Team erneut am besten, in der Bahn leistet sich Friedrich aber einige Patzer. Vom Vorsprung auf Hall, der nicht zuletzt nach seinen zwei Weltcup-Siegen mit dem Vierer in Altenberg als größter Goldkandidat gilt, bleiben 0,08 Sekunden. Die Entscheidung fällt im letzten Lauf, als Hall reichlich Nerven zeigt und fast noch den zweiten Platz verspielt. Friedrich dagegen zeigt die beste Fahrt des gesamten Wochenendes, unterbietet die von ihm am Vortag aufgestellte Saisonbestzeit noch einmal um 0,02 Sekunden – und strahlt dann wie lange nicht.

Und mit ihm René Spies: "Franz schafft es mit seiner Klasse und seiner Erfahrung zum Schluss noch mal einen Zauberlauf auszupacken", sagt der Bundestrainer - und erinnert zugleich an Friedrichs missglückten dritten Lauf. "Zwischendurch hing es am seidenen Faden. Wir brauchten außergewöhnlich gute Leistungen - und die hat nur Franz gezeigt."