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Größter Erfolg für einen sächsischen Biathleten seit 14 Jahren

Beim Biathlon-Weltcup in Östersund läuft Justus Strelow auf Platz zwei. Für den Schmiedeberger ist es der größte Erfolg seiner Karriere - und der kommt völlig unerwartet. Selbst für ihn.

Von Daniel Klein
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Justus Strelow im Ziel beim Weltcup in Östersund: Mit der frühen Startnummer 17 wusste der Schmiedeberger noch nicht, was seine Zeit wert war.
Justus Strelow im Ziel beim Weltcup in Östersund: Mit der frühen Startnummer 17 wusste der Schmiedeberger noch nicht, was seine Zeit wert war. © dpa/Anders Wiklund

Östersund. Es ist ein Erfolg, mit dem er wohl selbst nicht gerechnet hatte. Vor wenigen Tagen noch musste sich Justus Strelow bei einer internen Qualifikation erst einen Startplatz für den Auftakt der Weltcup-Saison erkämpfen, am Sonntag feierte Sachsens bester Biathlet in Östersund beim Einzel über 20 Kilometer den größten Erfolg seiner Karriere: Hinter Teamkollegen Roman Rees wurde der 26-Jährige, der in gut einem Monat Geburtstag hat, Zweiter.

"Es fühlt sich surreal an, ich kann es noch gar nicht glauben. Ich hätte nie gedacht, dass ich so weit vorne lande", erklärte er unmittelbar nach dem Rennen. "Wo ich im Klassement lag, habe ich gar nicht so richtig mitbekommen. Als mir in den Umkleideräumen einige gratuliert hatten, war ich ein wenig überrascht. Roman ist dann noch an mir vorbeigezogen. Aber wenn einer aus dem eigenen Team den Sieg wegschnappt, kann man das am besten verkraften."

Für den Hermsdorfer, der für die SG Stahl Schmiedeberg startet, war es das beste Ergebnis seiner Karriere. Bisher stand er lediglich mit der Staffel bei einem Weltcup auf dem Podium, sein bisher bestes Einzelergebnis war ein achter Platz im Massenstart in Ruhpolding im Januar dieses Jahres. Einen Monat später bei der Heim-WM in Oberhof deutete er ebenfalls sein Potenzial, war der konstanteste deutsche Biathlet, ein elfter Platz in der Verfolgung sein bestes Resultat. Für Spitzenergebnisse reichte es bisher jedoch nicht, weil einer der sichersten Schützen bei den Laufzeiten mit der Weltspitze nicht mithalten konnte. Da scheint er nun aber weiter aufgeholt zu haben. Zu Beginn der Saisonvorbereitung hatte der Deutsche Skiverband (DSV) den ehemaligen Weltklasse-Langläufer Jens Filbrich als Disziplin-Trainer verpflichtet. Dies scheint sich offenbar auszuzahlen.

Einen Fokus hatte das Trainerteam zudem auf die Schießzeiten gelegt, auch da wurde Strelow schneller. Am Stützpunkt in Oberhof arbeitet er in diesem Bereich seit diesem Jahr mit Ex-Weltmeister Erik Lesser zusammen. In Östersund hielt er sich nicht lange am Schießstand auf und verfehlte von den 20 Scheiben nur eine. Überraschend konnte das deutsche Duo auch die dominanten Norweger bezwingen, der Superstar und Gesamtweltcupsieger des vorigen Winters, Johannes Thingnes Bö, kam mit zwei Schießfehlern auf Platz drei. In der Vorsaison hatte er - inklusive WM - 19 Saisonrennen gewonnen. Und bei den Test- und Qualirennen vor wenigen Wochen waren die Norweger nach dem Fluorverbot bei den Skiwachsen, so schien es, meilenweit enteilt. In Östersund ist davon nichts mehr zu sehen - im Gegenteil. "Wir hatten richtig gute Ski. Und mit diesem Wissen konnten die Jungs dann entspannt ins Rennen gegen", erklärte Bundestrainer Uros Velepec. Auch Sportdirektor Felix Bitterling verteilte "ein Riesenlob an unsere Wachser. Die mussten ja in den letzten Tagen einiges über sich lesen, was ihnen sicher nicht so gefallen hat."

Bei den Laufzeiten hat sich Justus Strelow stark verbessert, am Schießstand leistete er sich nur einen Fehler und war gewohnt stark.
Bei den Laufzeiten hat sich Justus Strelow stark verbessert, am Schießstand leistete er sich nur einen Fehler und war gewohnt stark. © dpa/Anders Wiklund

Seine gute Form hatte Strelow bereits am Samstag angedeutet, als er infolge der Erkrankung von Benedikt Doll kurzfristig in der Single-Mixed-Staffel einsprang und überzeugte. Eine Podestplatzierung verhinderte Partnerin Hanna Kebinger, die insgesamt sieben Scheiben verfehlte. Am Ende kam das Duo auf Platz sieben.

Mit dem zweiten Platz in der ältesten aller Biathlon-Disziplinen erfüllte Strelow bereits bei der ersten Einzelentscheidung des Winters die DSV-Norm für die WM in Nove Mesto - und sicherte zugleich seinen Platz im Weltcup-Team. Sein Debüt in der obersten Liga der Skijäger hatte er im März 2021 gefeiert, ebenfalls in Östersund. "Hier fühle ich mich fast schon wie ein Routinier und richtig wohl. Nirgendwo sonst habe ich so viele Rennen bestritten", hatte Strelow kurz vor dem Saisonauftakt in seiner Kolumne für Sächsische.de geschrieben.

Seine Karriere gestartet hatte er am Bundesstützpunkt in Altenberg. Nach dem Abitur am dortigen Sportgymnasium wechselte er nach Oberhof. Seit knapp zwei Jahren wohnt Strelow mit seiner Freundin Elli im Zentrum von Erfurt, das Paar ist seit kurzem verlobt.

Der zweite Platz ist nicht nur für Strelow selbst ein großartiger Erfolg, es ist auch das beste Ergebnis eines sächsischen Biathleten seit 14 Jahren. Bei der WM 2009 in Pyeongchang (Südkorea) hatte Michael Rösch mit der Staffel Bronze gewonnen. Bei einem Einzelrennen hatte der 2019 zurückgetretene Altenberger das letzte Mal im Januar 2009 beim Weltcup in Oberhof auf dem Podium gestanden - mit einem zweiten Platz im Sprint.

Rees hat mit dem ersten Weltcupsieg seiner Karriere als erster Deutscher seit fast 15 Jahren das Gelbe Trikot des Führenden im Gesamtweltcup geholt. Der 30-Jährige feierte zusammen mit Strelow den ersten Doppelerfolg für deutsche Biathleten seit mehr als sechseinhalb Jahren - zuletzt hatten Simon Schempp und Lesser am 20. Januar 2017 beim Massenstart in Oberhof auf dem Podium gestanden. "Ich hoffe, dass wir die super Stimmung mitnehmen können zu den nächsten Rennen", erklärte Strelow und verschwand zu einer kleinen Teamfeier. In der nächsten Woche geht es in Östersund weiter.