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Das Duell bei der Bob-WM in Winterberg: Deutschland gegen den Rest der Welt

Die einmalige Olympia-Bilanz in Peking hatte für das deutsche Bob-Team Konsequenzen. Es folgten Regeländerungen vom Weltverband. Der Vorteil scheint vor der WM fast weg zu sein.

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In Winterberg wird ab dem Wochenende wieder um WM-Titel gefahren.
In Winterberg wird ab dem Wochenende wieder um WM-Titel gefahren. © Archivfoto: dpa/Caroline Seidel

Von Frank Kastner

Winterberg. Nach den Erfolgen im Eiskanal bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking und der starken WM im Vorjahr in St. Moritz möchte das deutsche Bob-Team bei den Heim-Weltmeisterschaften in Winterberg daran anknüpfen. Angesichts der Überlegenheit haben die anderen Nationen aber auf Regeländerungen gedrängt. "Der Rest der Welt gegen Deutschland, das kann ich ganz klar sagen, da stehe ich auch zu", sagte Bob-Cheftrainer René Spies vor den WM-Entscheidungen.

So holten die Schweizer, die Letten und die Briten materialtechnisch auf. Doch reicht das im Zusammenspiel von Technik, Startleistungen und Fahrkünsten auch für den WM-Titel?

Wie läuft die WM in Winterberg?

Vor den Bob-Titelkämpfen gibt es die Skeleton-Weltmeisterschaften. An diesem Donnerstag und Freitag ermitteln Frauen und Männer in je vier Läufen ihre Weltmeister – unter anderem mit der Titelverteidigerin Susanne Kreher sowie Axel Jungk vom BSC Sachsen Oberbärenburg.

Spätestens nach ihren Siegen in Altenberg ist Laura Nolte (re.), hier mit Top-Anschieberin Deborah Levi, die große Favoritin bei der Bob-WM auf ihrer Heimbahn.
Spätestens nach ihren Siegen in Altenberg ist Laura Nolte (re.), hier mit Top-Anschieberin Deborah Levi, die große Favoritin bei der Bob-WM auf ihrer Heimbahn. ©  dpa/Sebastian Kahnert

Am Samstag und Sonntag folgen die Entscheidungen im Monobob der Frauen und im Zweierbob der Männer. Nach einer Pause geht es am Wochenende danach weiter mit den Entscheidungen im Zweierbob der Frauen und im Viererbob der Männer.

Die Bahn in Winterberg wird auch Starter-Bahn genannt. Aber warum?

Mit einer Wettkampflänge von 1.330 Metern ist das 15 Kurven umfassende Eislabyrinth an der Kappe im Hochsauerland eine sogenannte Starter-Bahn, da die Topsprinter am Start einen leichten Vorteil haben. Aufgrund der relativ kurzen und einfachen Strecke sind Fahrfehler schlechter aufzuholen als etwa im 1.722 Meter langen Natureiskanal in St. Moritz mit 19 Kurven.

In der Vorsaison lagen die ersten drei Viererbobs nur zwei Zehntelsekunden auseinander. Auch diesmal ist mit engen Entscheidungen zu rechnen.

Ist die Sturzgefahr in Winterberg so hoch wie zuletzt in Altenberg?

Stürze gibt es in allen Eiskanälen der Welt, sie sind auch nicht zu verhindern. Sie passieren durch Fahrfehler, durch fehlende Ausbildung bei unerfahrenen Piloten oder aufgrund von neuen, mutmaßlich schnelleren Linien, die Piloten oder Pilotinnen wählen, um wertvolle Hundertstelsekunden herauszuholen.

Winterberg gehört indes zu den leichteren Bahnen im Weltcup-Zirkus, doch gerade in der Kurven-Passage 11/12 sowie in der Zielkurve besteht Kippgefahr. "Eine hundertprozentige Sicherheit gab es nie und wird es nie geben", sagte Altenbergs Bahnchef Jens Morgenstern und ergänzte: "Wir betreiben Rennsport, wo es in der Vergangenheit Stürze mit schwerem oder tödlichem Ausgang gegeben hat. Das wissen alle, die den Sport betreiben." Sein Kollege in Winterberg bestätigt das.

Wie groß ist der Heim-Vorteil für die deutsche Mannschaft?

Erheblich, wie in Königssee oder eben Altenberg lässt sich das nicht wegdiskutieren. Die Deutschen haben mehr Trainingsläufe und vor allem auch mehr Möglichkeiten, um Material zu testen und zu entwickeln. Zu Saisonbeginn im November wurden ganz bewusst auch die deutschen Meisterschaften in Winterberg ausgetragen.

Welche technischen Änderungen gibt es seit dieser Saison?

Der Bob bestehe - vereinfacht gesagt - aus Stahl, an dem die Kufen dran sind, sowie einer Haube, meist aus Carbon, erklärt der deutsche Cheftrainer Spies. Entscheidend sind die Verbindungspunkte von Haube und Rahmen. "Da geht es um Fahrdynamik, um Dämpfung, damit man viel Eiskontakt mit der Kufe hat. Und da gab es Regeleinschränkungen, wo wir sehr viel getüftelt haben in den letzten Jahren."

Daher müsse man nun zusammen mit den Technikern vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) neue Lösungen finden, um die Erfolgsserie bei Olympia 2026 fortzusetzen. Denn die Schweizer und auch die dann gastgebenden Italiener mit dem deutschen Trainer Manuel Machata investieren mit Blick auf die Winterspiele enorm ins Material.

Wer sind bei der WM die Favoriten, was wird das spannendste Rennen?

Die Königsklasse Viererbob ist und bleibt der Höhepunkt. Der Brite Brad Hall ist nach einer Pause zurück, nachdem er im vergangenen Winter Francesco Friedrich auf dessen Heimbahn schlug und in Winterberg nur knapp Zweiter wurde. Zudem hat der Lette Emils Cipulis mit seinem Wallner-Bob die WM-Generalprobe zuletzt in Altenberg zeitgleich mit WM-Titelverteidiger Friedrich gewonnen.

Herausforderer und Favorit – offen ist momentan aber, wer welche Rolle innehat? Francesco Friedrich (links) und Johannes Lochner.
Herausforderer und Favorit – offen ist momentan aber, wer welche Rolle innehat? Francesco Friedrich (links) und Johannes Lochner. © dpa/Robert Michael

Im Zweierbob wird der schwer gestürzte Schweizer Mitfavorit Michael Vogt fehlen. Titelverteidiger Lochner geht nach seinem Sturz in Altenberg an den Start. Die beiden deutschen Dauerrivalen werden vor allem auch Überraschungs-Europameister Adam Ammour beachten müssen.

Der ehemalige Turner ist stark am Start und bezwang zuletzt Friedrich auf dessen Heimbahn und in Sigulda. "Franz ist nicht ratlos, sondern ein lösungsorientierter Typ, der weiß genau, an welche Baustellen er arbeiten muss", sagt Spies, der die Situation super findet: "Es ist doch klasse, wenn sich alle auf Spitzenniveau auscatchen." (dpa)