Prag. Die erste Runde der tschechischen Präsidentschaftswahlen hat das allgemein erwartete knappe Ergebnis gebracht - und noch keinen endgültigen Sieger im Kampf um die Prager Burg.
Nach der Auszählung fast aller Stimmen gab es ein Zielfoto-Ergebnis und de facto zwei Sieger. Ganz knapper Erster wurde der frühere General Petr Pavel. Hinter ihm landete der frühere Regierungschef Andrej Babiš. Beide bekamen etwas mehr als 35 Prozent der Wählerstimmen.
Die in den Umfragen lange auf Augenhöhe liegende einzige Frau unter den acht Kandidaten, die frühere Universitätsrektorin Danuše Nerudová, schnitt schwächer als erwartet ab. Die Wahlbeteiligung lag mit 68 Prozent für tschechische Verhältnisse sehr hoch.
Der hohe Stimmenanteil von Babiš kommt nicht von ungefähr. Der derzeitige Oppositionsführer im Prager Abgeordnetenhaus hatte nur an einer einzigen der großen TV-Debatten teilgenommen und seinen Auftritt dort zu einer aggressiven Generalabrechnung mit der bürgerlichen Regierung genutzt, die ihrerseits im Wahlkampf sowohl Pavel als auch Nerudová unterstützt hatte.
Babiš warf der Regierung ein komplettes Versagen beim Schutz der Bürger vor hohen Preisen für Energie und Lebensmittel vor. Er sei der einzige Politiker, der sich für die Sorgen der Menschen interessiere und lösen könne. Das gelte auch in der Außenpolitik, wo er als einziger die tschechischen Interessen zu verteidigen wisse. Er sei international bestens vernetzt und so beispielsweise auch in der Lage, in Prag einen Friedensgipfel für die Ukraine zu organisieren.
Ein Freispruch und Macron helfen dem Ex-Premier
Babiš spielte in die Karten, dass er kurz vor den Wahlen überraschend von einem Prager Gericht vom Vorwurf der Erschleichung von EU-Subventionen für ein Kongress- und Erholungszentrum seines Großkonzerns Agrofert freigesprochen wurde. Die EU-Untersuchungsorgane hatten den Fall als klares Vergehen gegen die Vorgaben der Europäischen Union gewertet. Der Prager Richter sah dagegen keine ausreichenden Beweise für ein strafrechtliches Verhalten von Babiš.
Rückenwind besonderer Art erhielt Babiš zudem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der den früheren tschechischen Premier kurz vor den Wahlen in Paris empfing, obwohl gegen Babiš in Frankreich derzeit ein Verfahren wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung läuft.
Unterstützung bis zum letzten Tag bekam Babiš zudem vom amtierenden tschechischen Präsidenten Miloš Zeman. Der warb nachdrücklich dafür, mit Babiš den einzig erfahrenen Politiker unter allen Kandidaten zu wählen. Der Posten auf der Prager Burg sei „nichts für Anfänger“, sagte Zeman mit Blick auf die größten Widersacher von Babiš.
Pavel gibt sich optimistisch
Der Gegner von Babiš in der Stichwahl, Petr Pavel, zeigte sich optimistisch für die kommende Auseinandersetzung mit dem Ex-Premier. „Abgerechnet wird erst nach der zweiten Runde“, sagte er. „Ich werde mich auf einen harten Kampf einrichten, der aber von meiner Seite aus anständig geführt werden wird.“
Der Optimismus von Pavel ist nicht unbegründet. Die unterlegene Kandidatin Danuše Nerudová kündigte noch für den Abend ein Gespräch mit Pavel an, um ein gemeinsames Vorgehen für die Stichwahl zu besprechen. "Es muss alles getan werden, um Babiš auf der Burg zu verhindern", sagte Nerudová. Sollte sie ihren Wählern die Empfehlung geben, für Pavel zu stimmen, dürfte der Ex-General gute Chancen haben, Babiš in der Stichwahl zu schlagen. Auch zwei unterlegene Senatoren sprachen sich dafür aus, Pavel in der Stichwahl gegen Babiš zu unterstützen.
Babiš selbst dankte bislang nur per Twitter seinen Wählern, gab aber noch keinen Kommentar zum Ausgang der Wahlen ab. Der 1. Stellvertreter von Babiš in der Bewegung ANO, Karel Havlíček, sagte, es sei unabhängig vom genauen Ergebnis wichtig, dass Babiš in die Stichwahl gekommen sei. Für sie setze man auf die große politische Erfahrung des früheren Premiers, die der Ex-General Pavel nicht habe.