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Autoversicherung wird deutlich teurer - so können Sie sparen

Mehr Schäden, höhere Kosten für Reparaturen: Die Stiftung Warentest hat 158 Tarife verglichen – und rät bei Preiserhöhungen zum Wechsel.

Von Andreas Rentsch
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Schlechte Nachrichten für Autofahrer: Wegen der sogenannten Schadeninflation wird die  Autoversicherung erheblich teurer.
Schlechte Nachrichten für Autofahrer: Wegen der sogenannten Schadeninflation wird die Autoversicherung erheblich teurer. © Arnulf Stoffel/dpa

Autoreparaturen werden immer teurer. Das lässt auch die Kosten für Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherungen steigen. „Die meisten Kunden müssen damit rechnen, dass die Preise steigen“, sagt Beate-Kathrin Bextermöller von der Stiftung Warentest. Wie sehr, zeigt eine Beispielrechnung in der aktuellen Finanztest-Ausgabe für einen jungen Mann mit einem mittelalten Gebrauchtwagen und einem Fahrpensum von 12.000 Kilometern im Jahr. Bliebe dieser Modellkunde bei der vor zwölf Monaten günstigsten Kombination aus Haftpflicht und Teilkasko, würden seine Kosten von 483 Euro auf mehr als das Doppelte steigen. Bei einem rechtzeitigen Wechsel in den aktuell günstigsten Tarif läge sein Mehrpreis dagegen „nur“ bei 105 Euro.

Auch ein am Mittwoch veröffentlichter Index des Vergleichsportals Verivox gibt Ausblicke auf die beginnende Wechselsaison. Demnach wird der Beitrag für Vollkasko-Policen im günstigen Preissegment um durchschnittlichen 16 Prozent steigen. In der Haftpflicht-Sparte beträgt das Plus gegenüber Oktober 2022 rund zwölf Prozent, in der Teilkasko elf Prozent. „Wir erleben Preissteigerungen in historischem Ausmaß“, sagt Verivox-Manager Wolfgang Schütz. Wie teuer die individuelle Prämie für jeden Einzelnen wird, geht aus den Beitragsrechnungen für 2024 hervor, die viele Versicherer in den nächsten Wochen verschicken. Einige, darunter die Huk-Coburg-Gruppe, haben bereits mit dem Versand begonnen. Bis alle ihr Schreiben erhalten haben, dauere es aber noch bis November, sagt eine Unternehmenssprecherin.

Was hat die Analyse der Finanztest noch ergeben?

Grundsätzlich seien verschiedene Versicherungsvarianten betrachtet und das allgemeine Beitragsniveau von 158 Tarifen ermittelt worden, sagt Bextermöller. Eine Auswahl davon füllt vier Tabellen, in denen empfehlenswerte Anbieter mit überdurchschnittlichen Konditionen alphabetisch aufgelistet sind. Interessenten können also – je nachdem, ob sie nur Haftpflicht- oder zusätzlichen Kaskoschutz wollen, die für sie passende Tabelle auswählen und dort ausgewählte Leistungen der Verträge vergleichen. Eine weitere Tabelle listet leistungsstarke Vollkaskotarife speziell für E-Auto-Fahrer. Noten vergibt Finanztest nicht, auch Preise werden nicht aufgeführt. Die Prämien für die Modellkunden seien nicht mit dem Preis vergleichbar, den eine andere Person zahlen müsse, heißt es zur Erklärung.

Wie begründen Versicherer den Anstieg der Preise?

Mit der sogenannten Schadeninflation. Damit sind die eingangs erwähnten höheren Ersatzteil- und Arbeitskosten in den Kfz-Werkstätten gemeint. 2022 habe ein durchschnittlicher Sachschaden in der Kfz-Haftpflichtsparte mit rund 3.700 Euro zu Buche geschlagen, sagt Jörg Asmussen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „2013 waren es noch 2.400 Euro.“ Zusätzlich seien die Unfallzahlen nach dem Ende der Coronabeschränkungen wieder gestiegen.

Damit hat es auch mehr Schäden gegeben. Was das für die Branche als Ganzes und damit auch für die Versicherten bedeutet, hat der GDV schon im Sommer verkündet: Hiesige Kfz-Versicherer würden 2023 voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro Verlust machen. Um wieder aus den tiefroten Zahlen zu kommen, müssten die Unternehmen ihre Prämien „anpassen“, so der Verband.

Wie groß ist das Sparpotenzial durch einen Wechsel?

Laut Finanztest würde ein 20-jähriger Beispielkunde mit einem Opel Adam, der als Fahranfänger 8.000 Kilometer pro Jahr zurücklegt, rund 840 Euro weniger Beitrag zahlen, wenn er aus einem sehr teuren in einen günstigen Tarif wechselt. Auch Vergleichsportale stellen hohe dreistellige Einsparungen pro Jahr in Aussicht. Oft dürften diese Summen aber deutlich niedriger ausfallen. Er erwarte jedenfalls „eine spannende Wechselsaison, von der Versicherungswechsler profitieren werden“, sagt Wolfgang Schütz von Verivox.

Sollte ich bei einer kleinen Preiserhöhung im Vertrag bleiben?

Wer mit seinem Anbieter zufrieden ist, könne die Post mit der Beitragsrechnung abwarten, empfiehlt die Stiftung Warentest. „Steigt die Prämie, haben Sie ein Sonderkündigungsrecht – zusätzlich zur üblichen Frist bis 30. November.“ Der Stichtag Ende des nächsten Monats kommt dadurch zustande, dass das Versicherungsjahr der meisten Verträge am 31. Dezember endet und die Frist für eine ordentliche Kündigung bei einem Monat liegt.

Der ADAC, selber im Versicherungsgeschäft aktiv, hat im September nach den Wechselgewohnheiten der Autofahrer in Deutschland gefragt.
Der ADAC, selber im Versicherungsgeschäft aktiv, hat im September nach den Wechselgewohnheiten der Autofahrer in Deutschland gefragt. © ADAC SE

Grundsätzlich wichtig ist, den neuen Jahresbeitrag richtig zu interpretieren. So kann ein vermeintlich moderates Prämienplus auch dadurch zustande kommen, dass ein Versicherter durch unfallfreies Fahren in eine niedrigere Schadenfreiheitsklasse gerutscht ist. Ohne diese günstigere Einstufung sähe die Gesamtrechnung anders aus.

Gibt es regionale Unterschiede bei den Versicherungskosten?

Ja, die unterschiedlichen Schadensbilanzen in den Zulassungsbezirken wirken sich auch auf den Beitrag aus. Eine hohe Regionalklassen-Einstufung führt zu einer höheren Prämie. Die gute Nachricht für Sachsen: Schlechtere Regionalklassen gibt es 2024 nur im Bezirk Leipzig-Land und im Vogtlandkreis, und auch nur in der Kfz-Haftpflicht. Für Kaskoversicherte verbessert sich die Einstufung, oder sie bleibt zumindest gleich.

Worauf sollten Versicherte achten, die wechseln wollen?

Laut Finanztest sollte die obligatorische Kfz-Haftplicht mindestens 100 Millionen Euro Deckungssumme und mindestens 15 Millionen Euro als Maximaldeckung pro geschädigte Person bieten. Bei der Teilkasko, die beispielsweise bei einem Diebstahl des Wagens oder für eine gerissene Frontscheibe zahlt, kommt es auf die gewünschten Leistungen an. Hier rät das Ratgeberportal Finanztip unter anderem zu einer ausreichend hohen Versicherung von Tierbissen und deren Folgeschäden sowie eine auf alle Tiere erweiterte Wildschadendeckung.

Als dringend empfohlener Vertragsbestandteil der Kaskoversicherung gilt der „Verzicht auf die Einrede grober Fahrlässigkeit“. Das bedeutet, dass eine Assekuranz auch dann die vollen Kosten eines Schadens trägt, wenn ihr Versicherter ihn grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Wie viel lässt sich durch einen Telematik-Tarif sparen?

Wer seine Fahrweise per GPS-Blackbox oder Smartphone-App überwachen lässt, wird mit bis zu 30 Prozent Prämienersparnis gelockt. Auch hier gilt, dass die realen Quoten häufig niedriger ausfallen. Unter den empfehlenswerten Teil- und Vollkaskotarifen, die es in die Finanztest-Tabellen geschafft haben, sind sieben Unternehmen mit Telematik-Angeboten: der ADAC und die Allianz, die Huk-Coburg und ihre Onlinetochter Huk24, LVM, Verti und VHV.

Ausführliche Ergebnisse in Finanztest 11/2023, S. 76ff.