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Für wen sich eine Wärmepumpe lohnt

Mit großzügiger Förderung vom Staat wurde die Wärmepumpen-Technologie vorangebracht. Doch sie ist nicht für alle Häuser das Richtige. Die wichtigsten Antworten.

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Wärmepumpen sind in privaten Neubauten der neue Heizungsstandard.
Wärmepumpen sind in privaten Neubauten der neue Heizungsstandard. © Daniel Maurer/dpa

Die Wärmepumpe gilt als die umweltfreundliche und zukunftssichere Alternative zur Öl- und Gasheizung. Im vergangenen Jahr wurden über 40 Prozent der Neubauten damit ausgestattet.

Erreicht die Wärmepumpe das politische Energieziel?

Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent Erneuerbarer Energien betrieben werden. Experten sind optimistisch, dass das bei Wärmepumpenheizungen gelingt – vorausgesetzt, sie sind richtig dimensioniert und korrekt installiert. „Wärmepumpen sind ohne Frage zukunftsfähig und sollen eine tragende Rolle bei der Energiewende spielen“, sagt Stefan Materne vom Team Energieberatung der Verbraucherzentrale.

Und Alexander Steinfeldt von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft Co2online sagt über Wärmepumpen im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen: „In vielen Fällen ist die Wärmepumpe die bessere Wahl – vor allem, wenn sehr effiziente Modelle eingesetzt werden, das Gebäude gut gedämmt und das Heizsystem mit Solarenergie kombiniert wird.“ Entscheidend ist für diese Frage aber im Einzelfall die Vorlauftemperatur der Heizung. „Je geringer sie ist, desto effizienter arbeitet die Wärmepumpe und umso weniger Strom wird verbraucht“, erklärt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. „Als Erfüllungsoption für das anvisierte Ziel, über 65 Prozent Erneuerbare Energien zu nutzen, ist sie aber auf jeden Fall geeignet.“

Wann arbeitet eine Wärmepumpe wirtschaftlich?

Die wichtige Kennzahl ist eine möglichst hohe Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe. Sie gibt Auskunft über die Effizienz des Heizsystems. Eine Jahresarbeitszahl von 4 bedeutet beispielsweise, dass aus 25 Prozent Strom 75 Prozent Umweltwärme gewonnen wird. „Je höher die Jahresarbeitszahl ist, je geringer die benötigte Vorlauftemperatur und je höher der Einsatz zusätzlicher Erneuerbarer Energien ist, desto wirtschaftlicher läuft die Wärmepumpe“, fasst Alexander Steinfeldt von Co2online zusammen. Konkret heißt das für Ihr Haus: „Eine optimal laufende Wärmepumpe erreicht Jahresarbeitszahlen von 3 bis 5“, sagt Stefan Materne. Und die Vorlauftemperatur liegt am besten unter 50 Grad Celsius. Ähnlich sieht es Hans-Jürgen Seifert aus Lößnitz bei Aue, Inhaber eines Ingenieurbüros, Wärmepumpengutachter und Fachbuchautor: „Bei allem, was über 45 Grad Celsius liegt, rate ich ab.“ Zu ähnlichen Ergebnissen kam 2020 ein Feldtest des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, bei dem die Wissenschaftler 56 Gebäude mit einem Alter von 15 bis 170 Jahren untersucht hatten.

Ist mein Haus für eine Wärmepumpe geeignet?

Die geringe Vorlauftemperatur lässt sich in energieeffizienten Gebäuden erreichen, die Flächenheizkörper oder ausreichend dimensionierte andere Heizkörper haben und eventuell mit Solarthermie unterstützt werden. „Im Neubau gehören diese Eigenschaften bereits zum Standard, im Gebäudebestand müssen sie eventuell erst durch Sanierungsmaßnahmen erreicht werden“, sagt Alexander Steinfeldt.

Wie umfangreich ist eine Sanierung?

Das kommt natürlich auf den energetischen Zustand des Gebäudes an. „Viele Dinge müssen zusammenpassen“, sagt Steinfeldt. „Das Haus muss gut gedämmt sein und möglichst eine Fußbodenheizung haben. Schön wäre es auch, wenn ein Pufferspeicher vorhanden wäre.“ Seiner Ansicht nach ist es schwierig und aufwendig, aber nicht unmöglich, in einem Altbau vernünftige Vorlauftemperaturen zu erreichen. „Wenn das nicht ganz gelingt, kann man zur Wärmepumpe zusätzlich eine Gasheizung kombinieren. Aber das wäre nur die zweite Wahl“, so der Experte Steinfeldt.

Wie verhindere ich störende Geräusche?

„Schall ist durchaus ein Thema, an das Hauseigentümer schon bei der Planung denken sollten“, rät Martin Sabel. „Luft-Wasser-Wärmepumpen, die ihre Energie aus der Luft ziehen, erzeugen beispielsweise große Volumenströme, die Geräusche im Ventilator verursachen. Deshalb ist es wichtig, das System fachgerecht zu installieren und die notwendigen Abstände zu den Nachbargrundstücken einzuhalten.“ Der Online-Schallrechner des Bundesverbands Wärmepumpe hilft bei der Einschätzung von Modellen und geeigneten Standorten für diese. Darüber lassen sich die Lärm-Immissionen von Luft-Wasser-Wärmepumpen im Tagbetrieb zu Zeiten erhöhter Empfindlichkeit und während der Nacht ermitteln.

Mit gezielten Maßnahmen lässt sich der Schall deutlich reduzieren: „Nach Möglichkeit sollte eine Installation auf oder vor harten Flächen und Wänden vermieden werden“, rät Alexander Steinfeldt. „An diesen Flächen wird der Schall reflektiert und damit die Lautstärke der Betriebsgeräusche verstärkt.“ Wer die Anlage im Raum aufstellt, könne mit Gummifüßen und einer umlaufenden Nut am Aufstellort sowie Schlauchleitungen statt Rohren die Lärmbelastung reduzieren.

Wie werden Wärmepumpen vom Staat gefördert?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) vergibt einen Zuschuss von 35 Prozent der förderfähigen Kosten einer Wärmepumpe. Tauscht man im Bestand eine Ölheizung gegen eine Wärmepumpe aus, steigt die Quote sogar auf 45 Prozent der förderfähigen Kosten. Darüber hinaus gibt es verschiedene regionale Zuschusstöpfe. Der Bundesverband Wärmepumpe bietet auf seiner Internetseite einen Förderrechner an, auch CO2online hat einen Fördermittel-Check.

Wie viele Wärmepumpenanlagen sind bereits in Betrieb?

Laut Bundesverband Wärmepumpe ist 2020 die millionste Anlage in Betrieb genommen worden. 2025 sollen es drei Millionen und 2030 sechs Millionen sein, sagt eine Verbandssprecherin. Hans-Jürgen Seifert hält solche Prognosen für zu hoch gegriffen und weist darauf hin, zuletzt seien etwa 80.000 neue Anlagen pro Jahr hinzugekommen. Das Bafa teilt auf Nachfrage mit, 2021 reichlich 50.000 Förderanträge für Bauprojekte bewilligt zu haben, in denen jeweils mindestens eine Wärmepumpe enthalten war. Dabei seien rund 572 Millionen Euro verteilt worden.

Bekommt man derzeit überhaupt Handwerker für ein solches Projekt?

Als limitierender Faktor wirkt die Tatsache, dass viele Firmen am Limit arbeiten. Das gilt auch für die Spezialfirmen, die die tiefen Erdlöcher für die Sonden bohren. „Die Unternehmen sind für 2022 alle zu“, sagt Gutachter Hans-Jürgen Seifert. Tatsächlich bestehe der Hauptnachteil beim Projekt Wärmepumpe momentan darin, geeignete Handwerker zu finden. Manche Firmen geben regelrechte Abwehrangebote ab. Das heißt, sie veranschlagen eine hohe Summe, die Interessenten im Normalfall abschreckt. Wird der Zuschlag nicht erteilt, ist das verschmerzbar, kommt er dennoch zustande, winkt überdurchschnittlicher Gewinn. (dpa mit rnw)