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Ist Brennholz jetzt die Alternative zu Öl und Gas?

Brennholz-Händler erleben momentan einen Ansturm der Kunden. Bei den Waldeigentümern fallen die Anfragen geringer aus. Doch das hat Gründe.

Von Frank-Uwe Michel
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In den vergangenen beiden Jahren waren Borkenkäferstämme - hier Martin Schimanz 2020 in den Königshainer Bergen - kaum loszukriegen. Jetzt sind sie als Brennholz begehrt.
In den vergangenen beiden Jahren waren Borkenkäferstämme - hier Martin Schimanz 2020 in den Königshainer Bergen - kaum loszukriegen. Jetzt sind sie als Brennholz begehrt. © Archiv/André Schulze

Noch vor nicht allzu langer Zeit wussten viele Waldbesitzer zwischen Niesky und Görlitz nicht wohin mit ihrem vielen Holz. Trockenheit, Borkenkäfer in den Fichten und andere Schädlinge in den Kiefern hatten für massenhaft Schadholz gesorgt. Die Sägewerke waren gut bedient. Brennholz ging zwar weg, aber insgesamt nur in überschaubaren Mengen im Vergleich zum riesigen Gesamtaufkommen.

Die unklare Situation bei Öl und Gas sowie der langfristige Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen haben nun für eine plötzliche Wende gesorgt. Holz gilt als nachwachsender Rohstoff und ist deshalb so begehrt wie nie - auch wenn die Nachfrage bei den verschiedenen Anbietern unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Jonas Pursche kann Brennholz momentan gar nicht so schnell heranschaffen, wie es ihm aus den Händen gerissen wird. Der Inhaber der Firma Logistik und Brennstoffhandel im Görlitzer Ortsteil Kunnerwitz registriert seit dem Beginn des Ukraine-Krieges eine "verstärkte Nachfrage". Und das ist noch milde ausgedrückt. "Manche Leute sind regelrecht in Panik geraten, dass ihnen das Gas abgedreht wird und sie in der kalten Wohnung hocken müssen."

Das Problem sei allerdings die Verfügbarkeit: "Wir verkaufen ja Brennholz, das sofort in den Ofen geschoben werden kann. Es ist also auf Länge geschnitten, portioniert und vor allem getrocknet." Nachschub zu beschaffen, dauere aktuell zuweilen länger. Aber: "Die Heizperiode geht ja nun allmählich zu Ende. Und ich denke, dass sich die Situation bis zum Herbst wieder entspannt."

Nicht ganz so stark ist Brennholz bei den Waldbesitzern nachgefragt. Dietgard Eichhorst von der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Niederschlesische Heide: "Unsere Mitglieder hat bisher noch niemand überrannt." Eigentlich habe man in der aktuellen Situation mit einer stärkeren Nachfrage gerechnet. "Aber es sind hauptsächlich unsere Stammkunden, bei denen das Holz zur Neige geht und die jetzt ihre Vorräte wieder auffüllen." In der FBG haben sich nördlich von Niesky 35 Eigentümer zusammengeschlossen, die über rund 3.800 Hektar Wald verfügen.

Noch jede Menge Borkenkäferholz vorhanden

Beim Waldbauverein Deutsch-Paulsdorf mit seinen rund 140 Mitgliedern und mehr als 1.000 Hektar Wald gehen zwar regelmäßig Anfragen ein. Allerdings habe der Run aufs Brennholz nur geringfügig zugenommen, erklärt Geschäftsführer Erwin Noack. Natürlich werde Borkenkäferholz, also Fichte, aus dem Wald geholt. "Beliebt ist aber vor allem Laubholz, weil es einen höheren Heizwert hat." Von Kollegen aus Bayern hat Noack erfahren, dass die Situation dort eine ganz andere ist. Da sei der Brennholzmarkt inzwischen fast leergefegt.

Wie wichtig eine erhöhte Nachfrage nicht nur nach komplett fertigem Brennholz beim Händler, sondern vor allem nach ganzen Stämmen aus dem Forst wäre, hatte Peter Wilde vom Kreisforstamt erst kürzlich auf SZ-Nachfrage erklärt. Demnach hat das Borkenkäferjahr 2021/22 im Landkreis Görlitz 264.000 Festmeter Schadholz gebracht. Das sei gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 40.000 Festmeter. Etwa 90.000 Festmeter müssten noch aufgearbeitet werden, sagte der Experte. Wobei der Brennholzverkauf hier nur ein Nebengeschäft ist. Der Hauptteil des Holzes aus den hiesigen Wäldern geht zur Weiterverarbeitung an Sägewerke, Pellettfabriken und Spanplattenhersteller.

Torsten Winkler von der Holzvermarktungsgemeinschaft Lausitz, in der sich 35 Waldbesitzer mit einer Fläche von etwa 4.500 Hektar zusammengeschlossen haben, sieht den Brennholzbedarf auf jeden Fall steigen. Mit der drohenden Gas- und Ölknappheit aufgrund des Ukraine-Krieges hat das seiner Meinung nach aber nichts zu tun. "Die Leute decken sich turnusmäßig ein." Denn, wer jetzt infolge der unsicheren Versorgungslage bei den Energieträgern aus der Pipeline unbedingt reagieren wolle, könne das gar nicht. "Da muss die Brenntechnik für Holz schon vorhanden sein. Sonst bleibt der Umstieg erstmal ein frommer Wunsch." Überdies könne ein für Scheitholz üblicher Kaminofen kein ganzes Haus beheizen. "Ich glaube, an Gas und Öl führt auch weiterhin kein Weg vorbei."

Ein interessantes Phänomen hat Tilo Freier festgestellt. "Wer früher einen viertel vollen Lkw genommen hat, der holt jetzt zwei oder drei Ladungen aus dem Forst." Holz werde in der Lausitz insgesamt knapper, meint der Geschäftsführer der FBG Oberlausitzer Bergland. Peter Wilde vom Kreisforstamt rechnet bei fortschreitender Trockenheit und der Borkenkäferplage damit, dass die Fichtenbestände im Süden des Landkreises spätestens in zehn Jahren Geschichte sind.

Billig beim Waldbesitzer, teuer beim Händler

"Manchen mag diese düstere Aussicht dazu bringen, jetzt noch einmal richtig zuzugreifen", vermutet Freier und schiebt gleichzeitig nach, dass augenblicklich kein Mangel besteht. Die gegenüber Brennstoffhändlern geringere Nachfrage bei den Waldbesitzern sieht er in der Bequemlichkeit der Menschen begründet. "Es ist doch viel einfacher, sich das Holz trocken und passgenau liefern zu lassen, als ganze Stämme aus dem Wald zu holen, die noch zerlegt werden und eine ganze Weile liegenbleiben müssen."

Die veränderte Nachfrage hat binnen kürzester Zeit auch den Preis verändert. Dietgard Eichhorst gibt für den Raummeter Kiefer für Selbstholer aktuell zehn Euro an. In schlechten Zeiten habe er schon mal bei sieben Euro gelegen. Das beliebtere Laubholz geht bei den Waldbesitzern in der Niederschlesischen Heide momentan für 15 Euro je Raummeter weg. Doch je nach Holzart ist das im Forst des Landkreises unterschiedlich. So werden für den Raummeter Fichte etwa 20 und für Buche 40 Euro verlangt.

Das sind Preise, von denen Kunden beim Brennstoffhändler nur träumen können. Allerdings bekommen sie es dort - wenn verfügbar - auch ofengerecht "serviert". Jonas Pursche rechnet vor, dass es seit Dezember rund 30 bis 40 Prozent Aufschlag gegeben hat. Der gestapelte Raummeter, technisch getrocknet, liegt momentan bei etwa 160 Euro. "Ich denke aber, dass wir bis zum Herbst wieder bei 110 Euro sind."