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Anbieter in Sachsen erhöhen Gaspreise drastisch

Bei dieser Post müssen viele erst einmal schlucken: Für Tausende Kunden in Sachsen verteuert sich die Kilowattstunde Gas schon ab Oktober auf mehr als das Doppelte.

Von Annette Binninger & Sandro Pohl-Rahrisch & Michael Rothe
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Für viele Gas-Kunden in Sachsen wird es ab Oktober sehr viel teurer. Das Beispiel zeigt Vorauszahlungen an den Anbieter Eins Energie. Foto: privat
Für viele Gas-Kunden in Sachsen wird es ab Oktober sehr viel teurer. Das Beispiel zeigt Vorauszahlungen an den Anbieter Eins Energie. Foto: privat © privat

Chemnitz/Dresden. Schock für viele Gas-Kunden in Sachsen: Die ersten Anbieter erhöhen in den nächsten Wochen drastisch die Preise. Der Großversorger Eins Energie hat dies ab Oktober für Südwestsachsen angekündigt. Bei rund 14.000 Privathaushalten von Eins Energie (Chemnitz) führt dies zu mehr als einer Verdopplung für die Kilowattstunde Gas. Das heißt, eine Kilowattstunde Gas kostet dann nicht mehr wie bisher etwas mehr als sechs Cent, sondern fast 15 Cent. Zudem steigt auch der monatliche Grundpreis - beispielsweise für einen Einpersonenhaushalt um mehr als 20 Euro.

Zugleich teilt Eins Energie seinen Kunden derzeit auch per Post mit, dass die monatlichen Abschlagszahlungen ab Oktober ebenfalls erhöht werden. Im Fall eines Einpersonen-Rentner-Haushalts, dessen Kalkulation Sächsische.de vorliegt, soll demnach ab Mitte Oktober der monatliche Abschlag an den Energieversorger von 90 auf mehr als 250 Euro steigen - das entspricht einer Steigerung von rund 184%. Die Erhöhung gelte aber nur für Kunden des Tarifs "einserdgas Garant 2021", betonte eine Sprecherin des Unternehmens. Für alle weiteren Kunden bleibe der Preis "vorerst konstant", hieß es.

Auch Sachsen-Energie erhöht den Gaspreis

Begründet wird die Erhöhung im konkreten Fall mit einer Ende September „auslaufenden Preisgarantie sowie gestiegenen Anschaffungskosten“. Zugleich verspricht Eins Energie, die vertraglich vereinbarten Energiemengen für seine Kunden beschafft zu haben und die Lieferverpflichtungen zu erfüllen. Eins Energie versorgt rund 400.000 Haushalts- und Gewerbe-Kunden in Südwestsachsen mit Energie, vor allem in den Kreisen Mittelsachsen, Zwickau, Vogtland und im Erzgebirgskreis.

Preiserhöhungen hat auch Sachsen-Energie angekündigt. Das Unternehmen versorgt in Dresden und dem Umland Tausende Haushalte mit Gas, Strom und Fernwärme. Ab Oktober werden die ersten Kunden laut SZ-Informationen mehr für Gas zahlen müssen. Die Verbraucher sollen bis Mitte August fristgerecht informiert werden. Wie hoch genau die Steigerung ausfallen wird, ist aber noch unklar.

Gaspreise sind um 184 Prozent gestiegen

Unterdessen hat das Gaspreisniveau für Haushalte im August einen neuen Rekord erreicht. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox sind die durchschnittlichen Preise im Jahresvergleich um 184 Prozent angestiegen. Demnach haben sich die Gaskosten für private Kunden fast verdreifacht. Ein Ende der Preisexplosion sei nicht in Sicht, heißt es. Zahlreiche regionale Grundversorger hätten weitere Erhöhungen angekündigt.

Verivox weiß von vier Regionalversorgern, die ihre Tarife in der Grundversorgung für Sachsen im August oder September erhöhen. Zahlte eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh bei der Teag Thüringer Energie AG bislang 2.243 Euro, so sind es jetzt 3.073 Euro (plus 37 Prozent). Bei den Städtischen Werken Spremberg klettert der Preis um über 60 Prozent auf 3.477 Euro. Vergleichsweise glimpflich kommen Kunden der Stadtwerke Löbau davon, die – aber bereits auf hohem Niveau – mit 3.536 Euro jetzt gut 15 Prozent mehr zahlen müssen. Am teuersten wird es ab September für Verbraucher der Energieversorgung Schwarze Elster in der Oberlausitz. Sie zahlen dann 3.789 Euro, das sind 47 Prozent mehr.

Die geplante Gas-Umlage ist noch nicht inklusive

Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer spricht von einer „Momentaufnahme, der große Schwung kommt zum Jahreswechsel“. Schon im vergangenen Januar habe es flächendeckend Preiserhöhungen gegeben. Das sei „unterjährig eher unüblich, aber in diesem Jahr gibt es eine Sondersituation“. Das Vergleichsportal hat deutschlandweit 800 Grundversorger im Blick, die ihre Preiserhöhungen sechs Wochen vor Inkrafttreten ankündigen müssen. Demnach hätten „aktuell 136 Anbieter ihre Tarife um durchschnittlich 50 Prozent erhöht, was Mehrkosten von 946 Euro entspricht“, sagt Neubauer zur SZ.

Laut Verivox zahlte eine Familie im August 2021 noch 1.258 Euro im Jahr, derzeit sind es durchschnittlich 3.568 Euro. „Einen Gaspreis von fast 18 Cent pro Kilowattstunde für Haushalte gab es in Deutschland noch nie. Der Preis wird jedoch noch deutlich höher steigen, denn die Großhandelspreise für Gas liegen derzeit deutlich über diesem Niveau“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

Noch gar nicht berücksichtigt ist die von der Bundesregierung geplante Gas-Umlage, die ab Oktober fällig werden soll. Die Details dazu stehen noch nicht alle fest. Doch nach Berechnungen des Internetportals Check24 müsste ein Single-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 Kilowattstunden Gas nur für die Umlage mit einer Summe von 89 bis 298 Euro rechnen. Auf eine Familie mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden könnte der jährliche Beitrag auf 357 bis 1.190 Euro steigen.