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Kosten, Alternativen, Ausnahmen: So gelingt die Wärmewende im Heizungskeller

Die Ampel-Koalition hat sich auf neue Vorgaben für Heizungen geeinigt. Wie der Umstieg klappt, wo der Bund hilft und was die richtige Technik kostet – die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus.
Die Lüftungsanlage einer Wärmepumpe steht vor einem Wohnhaus. © Silas Stein / dpa (Symbolbild)

Von Susanne Ehlerding und Ralf Schönball

Wenn eine Heizung ausgetauscht wird, soll dies zukünftig staatlich gefördert werden. Das sieht das geplante Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung vor. Was bedeutet das konkret für den Verbraucher?

In diesem Artikel:

Ich habe ein altes Haus und wenig Geld. Steht schon fest, welche Förderungen ich bekomme, um meine Heizung von Gas oder Öl auf klimafreundliche Energieträger umzurüsten?

Nein, aber das Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz gilt: „Niemand wird zurückgelassen“. Wie viel Geld der Bund auf welche Weise bereitstellt, verhandeln die beteiligten Ministerien noch. Steuervorteile für energetische Modernisierungen gib es bereits. Hiervon würden vor allem Haushalte mit höheren Einkommen oder Mieteinnahmen profitieren. Diskutiert werden auch Zuschüsse des Bundes, die der Bauherr nach der Umrüstung der Heizung auf sein Konto überwiesen bekommen würde.

Eine weitere Variante ist die Gewährung subventionierter Kredite: Statt die marktüblichen vier Prozent müsste der Bauherr dann nur ein oder zwei Prozent für den Kredit bezahlen, mit dem er beispielsweise eine Wärmepumpe anschafft. Schließlich haben Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wiederholt eine „Abwrackprämie“ ins Spiel gebracht, ähnlich wie es sie für alte Autos während der Finanzkrise gab. Dies wäre ein Extrazuschuss beim Kauf der neuen Heizungsanlage, der umso höher wäre, je älter die bestehende Technik ist.

Wann ist mit konkreten Details zu rechnen?

Zurzeit wird innerhalb der Bundesregierung noch verhandelt. „Die Feinjustierung läuft“, heißt es. Die Details werden dann in der Richtlinie zur Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) geregelt. Laut BEG wird der Einbau von Wärmepumpen schon heute mit bis zu 40 Prozent der Investition gefördert.

Diese Förderung soll nun angepasst werden. Bei der Steuerförderung kann man über drei Jahre verteilt 20 Prozent der Kosten der energetischen Maßnahme absetzen. Die Höchstsumme beträgt 40.000 Euro pro Wohnobjekt.

Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) hat außerdem zugesagt, dass es für die Wärmwende im Heizungskeller günstige Kredite geben soll. Die Abwrackprämie wird wahrscheinlich auch aus der BEG gefördert. Hilfen sind also da oder kommen. Dass die Höhe in vielen Fällen noch nicht bekannt ist, dürfte aber weiter für Unsicherheit sorgen und ist kommunikativ schlecht gelaufen.

Die Gaspreise sind schon wieder gefallen. Lohnt sich denn eine Umrüstung auf eine Heizung mit Wärmepumpe überhaupt?

Nach Modellrechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums ganz sicher. Aber es braucht Zeit. Nach 18 Jahren haben sich die Mehrkosten für eine Investition in eine Luft-Wärmepumpe gegenüber einer neuen Gasheizung ausgezahlt. Bei einem unsanierten Einfamilienhaus müsse der Bauherr zunächst 34.540 Euro mehr investieren. Dafür spare er nach 18 Jahren 40.446 Euro Heizkosten beim Betrieb der neuen Anlage, heißt es im Gesetzentwurf.

Bei gut gedämmten sogenannten „Effizienzhäusern“ ist der finanzielle Vorteil geringer und liegt bei weniger als 1000 Euro nach 18 Jahren. Bei unsanierten Mehrfamilienhäusern liegt der Vorteil bei rund 10.000 Euro. Fast zweimal den Preis einer neuen Anlage hereinholen durch die Einsparung von Betriebskosten lässt sich beim Einsatz von Holzpellets sowie Solarzellen zur Warmwassererzeugung.

Bleibt es bei der Pflicht zur Erneuerung der Heizung, wenn sie unreparierbar kaputt ist. Welche Ausnahmen gibt es?

Es bleibt bei der Pflicht zur Umrüstung auf einen Anteil von 65 Prozent erneuerbaren Energien. Ausgenommen sind nur Hauseigentümer, die mehr als 80 Jahre alt sind. Verkauft die Person ihr Haus, dann muss der Käufer allerdings die Anlage erneuern, und zwar innerhalb von zwei Jahren. Dies gilt auch für Erben. Die absolute Deadline für den Betrieb von Anlagen, die mit fossilen Brennstoffen heizen, ist das Jahr 2045. Dann müssen alle Heizungen vom Netz sein.

Empfänger von staatlichen Transferleistungen wie Arbeitslosengeld können sich auf Antrag von der Pflicht zum Heizungstausch befreien lassen. Weiter gilt folgende Härtefallregelung: Die notwendigen Investitionen müssen „entweder in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen“.

Und noch eine Gruppe von Hauseigentümern bleibt verschont: Wer vor dem 1. Februar 2002 in sein Eigenheim eingezogen ist, darf die alte Heizung weiter betreiben, auch wenn sie älter ist als 30 Jahre.

Gibt es Erkenntnisse dazu, wie viele Hausbesitzer durch die Umrüstung finanziell überfordert wären?

Dazu haben Paritätischer Gesamtverband und BUND Daten aus dem Jahr 2017 ausgewertet, über Eigentümer von selbst genutzten Immobilien. Demnach besaß fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland eine oder mehrere Immobilien. Drei Viertel dieser Grundeigentümer wohnte selbst in ihren Häusern und besaßen auch nur ein Objekt.

Doch die Hauseigentümer verfügten im Median über ein Finanzpolster von nur 30.000 Euro. Und das sind allerdings nicht mal alles liquide Mittel auf Sparkonten, sondern auch Bausparguthaben, Lebens- und Rentenversicherungen, die teils erst gekündigt werden müssen.

Kurzum, ein Achtel der deutschen Erwachsenen lebt demnach im eigenen Haus und könnten sich die Umrüstung nicht ohne Hilfen leisten. Das deckt sich in etwa mit Zahlen, die das Öko-Institut ermittelt hat: Elf Prozent der Immobilienbesitzer, die zu den 30 Prozent mit den niedrigsten Einkommen zählen, müssten wohl vom Staat unterstützt werden.

Diese 1,5 Millionen selbst nutzende Hausbesitzer:innen würden von einer energetischen Sanierung aber auch besonders profitieren. Denn sie leben oft in Häusern, die mit Heizöl beheizt werden und deutlich mehr Energie verbrauchen, als Häuser von Haushalten der oberen Einkommensgruppen.

Müssen auch Mieter befürchten, zur Kasse gebeten zu werden durch Sanierungsumlagen und hohe Stromrechnungen wegen falsch gesteuerter Wärmepumpen?

Auch Mieter werden ihren Teil zur Energiewende im Gebäudebereich beitragen müssen. So werden die Hauseigentümer den Austausch der Heizungen anteilig auf die Mieten aufschlagen, da dies als „Modernisierung“ gilt. Acht Prozent der Kosten dürfen dauerhaft auf die Miete umgelegt werden.

Nur bei einer „Havarie“ bleibt der Hausbesitzer auf den Kosten des Austauschs sitzen, da dies als „Erhaltungsaufwendung“ nicht umlagefähig ist. Im neuen Gesetz schützt die 2,5-Regelung Mieter vor zu hohen Betriebskosten. Die Wärmepumpe muss mindestens 2,5 Mal mehr Energie erzeugen, als sie Strom verbraucht.

Wie hoch ist der zeitliche Druck zur Umrüstung, wenn meine Gasheizung ausfällt und nicht reparierbar ist?

Nach einer Heizungshavarie kann die Anlage erstmal repariert oder durch eine „gute Gebrauchte“ oder eine neue konventionelle Anlage ersetzt werden. Drei Jahre lang darf sich der Hauseigentümer mit Notbehelfen durchhangeln. Danach muss moderne Technik her, die zu 65 Prozent mit regenerativen Quellen betrieben wird.

Eine Schonfrist gibt es auch, wenn der Anschluss des Hauses an das Fernwärmenetz in Aussicht steht: Bis zu zehn Jahre, aber maximal bis Anfang 2035 darf dann die klimaschädliche Technik in Betrieb bleiben. Den Anschluss an das Fernwärmenetz muss die Kommune allerdings „garantieren“.

Alle sprechen von „technologieoffenen“ Lösungen als Ersatz für Gas- oder Ölheizungen. Welche Alternativen gibt es?

Da wäre der Anschluss an die Fernwärme, die von bestehenden Kraftwerken als Abfallprodukt der Stromproduktion entsteht. Dazu muss eine „Hausübergabestation“ eingerichtet werden. Das kostet mehr als eine neue Gastherme, aber weniger als eine Wärmepumpe.

Die „elektrisch angetriebene Wärmepumpe“ ist die bevorzugte Lösung von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Wer ein gut gedämmtes Haus besitzt, das ganz wenig Wärme braucht, kann den Einsatz einer „Stromdirektheizung“ prüfen. In ländlichen Gebieten ist die Nutzung von Biomasse denkbar. Zulässig ist auch eine Heizung mit grünem oder blauem Wasserstoff. Dieser Wasserstoff kann von den Gasversorgern durch die alten Gasleitungen ins Haus kommen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck wünscht sich die „elektrisch angetriebene Wärmepumpe“ als neuen Standard.
Wirtschaftsminister Robert Habeck wünscht sich die „elektrisch angetriebene Wärmepumpe“ als neuen Standard. © Kay Nietfeld/dpa (Archiv)

Die dort stehende Heizung muss das Siegel „H2ready“ haben. Auch eine schrittweise Umrüstung ist hier möglich, wobei der Versorger zunächst einen Anteil von Wasserstoff dem Gas beimischt und später ganz auf Wasserstoff umstellt. Voraussetzung ist aber ein Transformations- und Investitionsplan für die Umrüstung des Netzes auf Wasserstoff. Die Erprobung von H2ready-Anlagen läuft.

Eine bereits übliche Lösung sind „hybride“ Anlagen. Hier wird eine elektrisch angetriebenen Wärmepumpe kombiniert mit einer „Feuerung“ von Gas, Biomasse oder Flüssigbrennstoffen. So kann eine bestehende ältere Gasheizung weiterbetrieben werden, um die Wärmepumpe zu unterstützen, die an besonders kalten Wintertagen viel Strom verbraucht und deshalb unwirtschaftlich arbeitet.

Sollte ich möglichst lange warten mit der Umrüstung, damit die Preise von Wärmepumpen kräftig fallen?

Das ist zu empfehlen, denn es sind große neue Wärmepumpenwerke in Osteuropa im Bau, die Hunderttausende Anlagen pro Jahr herstellen können. Warten kann man auch deshalb noch etwas, weil die CO₂-Preise auf Erdgas und Heizöl in den kommenden Jahren nur moderat steigen werden.

Ist es überhaupt sicher, dass Gas teurer wird, wenn jetzt alle auf Wärmepumpen umsteigen?

Ja. Grundlage für die Preissteigerungen ist das deutsche Brennstoffemissionshandelsgesetz. Hier liegt der CO₂-Preis aktuell bei 30 Euro pro Tonne. Ab 2027 soll dieses deutsche System in einem europäischen Emissionshandel für CO₂-Verschmutzung aufgehen. Experten rechnen bis 2030 mit CO₂-Preisen von mindestens 100 Euro pro Tonne. Laut Prognosen wird Gas deshalb dauerhaft zehn bis zwölf Cent pro Kilowattstunde kosten, rund das Doppelte als vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der darauf folgenden Energiekrise.