SZ + Löbau
Merken

Neiddebatte zwischen Bernstadt und Herrnhut

Zankapfel Kohlegeld: In Bernstadt fragt man sich, warum Herrnhut zwei Kitas über den Strukturwandel gefördert bekommt - und man selbst in die Röhre guckt.

Von Anja Beutler
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Bernstadts Bürgermeister Markus Weise (links) und Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke haben beide Investitionsbedarf bei den Kitas.
Bernstadts Bürgermeister Markus Weise (links) und Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke haben beide Investitionsbedarf bei den Kitas. © Matthias Weber/photoweber.de

Diese Frage lässt Stadträtin Barbara Heidrich keine Ruhe: "Wieso bekommt Herrnhut zwei Kitaprojekte über Kohlegelder gefördert und wir wissen noch nicht einmal, ob wir überhaupt Fördermittel für die dringend nötigen Arbeiten an der Kemnitzer Kita erhalten?", fragt sie Bürgermeister Markus Weise (Kemnitzer Liste) so ganz direkt. Dieser hatte gerade eben in der Haushaltsdiskussion gemeinsam mit Kämmerer Tommy Liebig erörtert, dass für die Kemnitzer Einrichtung dringend der Brandschutz aktualisiert werden müsse, weil sonst der Entzug der Betriebserlaubnis drohe. "Wir versuchen schon seit zwei Jahren, mit der Kita in ein Förderprogramm zu kommen", betont Weise.

Bernstadt hatte sich um Gelder verschiedener Programme beworben. Zuletzt sei man bei "Vitale Dorfkerne" abgelehnt worden, sollte die Unterlagen überarbeiten, berichtet Weise. Noch gebe es Hoffnung auf Erfolg. Aber, wenn es hart auf hart komme, müsse die Stadt vielleicht selbst das Nötigste finanzieren. Genau das hat Barbara Heidrich (FWG) vor Augen und fragt sich, wie es sein kann, dass es so wenige Kilometer weiter anders ist: "Wieso geht das bei uns nicht?", fragt sie und setzt hinzu: "Oder liegt das daran, dass Herrnhuts Bürgermeister im Begleitausschuss sitzt?", schiebt Heidrich als Frage nach. Denn auch das war ja in den Medien zu lesen.

Riecke: "Ich kann da gar nichts bestimmen."

Für Herrnhuts Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste) sind solche Diskussionen um seine Person nicht neu: "Ich kann da gar nichts bestimmen oder durchwinken und wenn es um Projekte aus Herrnhut geht, bin ich wegen Befangenheit ohnehin raus", wehrt er ab. Dem Begleitausschuss, in dem er Mitglied sei, komme es ohnehin nicht zu, grundlegend zu entscheiden, ob ein Projekt den Richtlinien entspreche und damit förderfähig sei. Das geschehe bereits beim Landkreis und bei der Strukturentwicklungsagentur Sachsen (SAS).

Demnach sind - bis jetzt noch immer - Kita-Projekte immer dann förderfähig, wenn es um einen Mehrwert und nicht nur um eine Sanierung geht, betont Riecke. In Herrnhut ist das für die Einrichtungen in Ruppersdorf und Berthelsdorf der Fall. Hier gibt es am Ende mehr Kita- und Arbeitsplätze. "Es gab mehrere Kita-Projekte, die bewilligt wurden", fügt Riecke hinzu und nennt Projekte in Demitz-Thumitz oder Cunewalde. Ob der Antrag zur Kita Kemnitz eine Chance gehabt hätte, vermag er nicht zu sagen, da er "keine Details kenne". Aber dass Herrnhut hier übervorteilt wäre, sei nicht der Fall.

Falsche Beratung?

Sein Bernstädter Amtskollege Markus Weise will diese Vermutung auch gar nicht kommentieren. Fakt ist, dass er sich selbst sehr darüber ärgert, wie alles gelaufen ist. Denn verschlafen habe Bernstadts Verwaltung nichts, betont er. Man sei möglicherweise nicht richtig beraten worden. Bernstadt hatte sich an die ENO, die landkreiseigene Entwicklungsgesellschaft Niederschlesien-Oberlausitz, gewandt. Dort können sich Kommunen beim Beantragen der Kohle-Strukturwandel-Gelder beraten lassen. "Dort haben wir unsere möglichen Projekte vorgestellt - auch die Kita", sagt Weise. Allerdings sei damals sofort das Signal gekommen, dass Kitas nicht förderfähig seien und man deshalb andere Projekte einreichen solle.

Bernstadt hat sich deshalb für zwei andere Projekte entschieden, bei denen man nun auf den Strukturfonds hofft: das Waldbad Bernstadt und die Mehrzweckhalle in Dittersbach. An den Anträgen dafür arbeite man noch. "Wir können es auch gern mit der Kita noch einmal versuchen", sagt Weise. Er sei aber skeptisch, ob nach der erheblichen Kritik an der bisherigen Auswahl der Projekte dies noch möglich sei. Laut Riecke gelten aktuell noch die Regeln wie zuvor.

Die Situation wird für Bernstadt aber noch dadurch verschärft, dass auch in anderen Fördertöpfen weniger Geld vorhanden ist. Der Freistaat versucht möglichst viele Antragsteller zu bedenken - allerdings mit einer geringeren Förderquote. Wie also kann man das Beste für die Stadt herausholen, fragt auch Stadträtin Daniela Brendler (FWG): "Brauchen wir vielleicht einen Mitarbeiter in der Stadt, der sich um solche Förderprogramme kümmert, um schneller zu sein?", fragt sie. Das könne man gern diskutieren, betont der Bürgermeister, aber: "Bisher war es nicht gewollt, eine zusätzliche Personalstelle zu schaffen, aber darüber können wir gern reden", sagt Weise.