Wirtschaft
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Kommentar zum Bauernprotest: Bleiben wir fair miteinander!

Der Angriff auf Robert Habeck ist ein Warnsignal. Die Bauernverbände müssen eine klare Linie zu rechten Krawallmachern ziehen. Doch es gibt auch keinen Grund, jetzt alle Bauern unter Generalverdacht zu stellen. Ein Kommentar von Ulli Schönbach.

Von Ulli Schönbach
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Ab diesem Montag stellen Deutschlands Bauern das Land eine Woche lang auf die Probe.
Ab diesem Montag stellen Deutschlands Bauern das Land eine Woche lang auf die Probe. © dpa/SZ

Straßenblockaden, Fahrzeugkorsos, Großdemonstrationen: Ab diesem Montag stellen Deutschlands Bauern das Land eine Woche lang auf die Probe. Es wird eine Geduldsprobe für viele Autofahrer, es wird eine Machtprobe zwischen der Bundesregierung und der gut organisierten Landwirtschaftslobby. Und spätestens seit der Bedrohung von Wirtschaftsminister Robert Habeck an der Fähre von Schlüttsiel wird es auch eine Belastungsprobe für die Gesellschaft.

Denn wir stehen vor der Frage: Schaffen wir es trotz der aufgeheizten Atmosphäre fair und anständig miteinander umzugehen? Oder zeigt sich hier tatsächlich eine neue Stufe der Verrohung in der politischen Auseinandersetzung?

An erster Stelle gilt deshalb: Protest darf laut sein und soll stören, doch es gibt klar definierte Grenzen. Es ist das eine, ein Schild mit einer radikalen Forderung mitzuführen oder „denen da oben“ bei einer Kundgebung lautstark die Meinung zu geigen. Es ist etwas ganz anderes in die Privatsphäre eines Ministers einzudringen und seine Sicherheit zu bedrohen. Diesen Unterschied kennt jeder, und sei der Unmut über politische Entscheidungen noch so berechtigt.

Die Bauernverbände sind daher gefordert, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen. Es genügt nicht, sich verbal von Krawallmachern und rechten Umsturzfantasten zu distanzieren. Die Landwirte müssen sicherstellen, dass diese Gruppierungen tatsächlich keinen Einfluss auf Inhalt und Verlauf der Aktionswoche erlangen. Wer zum Protest aufruft, der ist auch verantwortlich für das Bild, das er öffentlich abgibt.

Im Gegenzug haben die Bauern einen fairen Umgang mit ihren Forderungen verdient. Dass es unter den Protestierenden rechte Trittbrettfahrer gibt, rechtfertigt nicht, Deutschlands Landwirte unter Generalverdacht zu stellen. Hier machen es sich die Kritiker zum Teil viel zu leicht. Wer sich um die politische Kultur des Landes sorgt, sollte selbst die Tugend der Differenzierung nicht vergessen.

Und nicht zuletzt: Jeder, ob Vertreter der Landwirte oder politischer Unterstützer in Bund und Land, darf sich selbstkritisch fragen, welche Wortwahl und Bildsprache gerade jetzt angemessen ist. Das Signal der Landwirte ist deutlich und wird gehört. Es gibt keinen Grund, die Stimmung weiter anzuheizen. Die eigenen Anhänger zur Mäßigung aufzurufen, wie es seit dem Wochenende zum Teil schon geschieht, ist kein Zeichen von Schwäche – im Gegenteil.