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Ist in Zittau ein Wolf unterwegs?

Auf einem Grundstück an der Chopinstraße entdeckte ein Anwohner Spuren, die von einem Wolf stammen könnten. Möglich ist es - zumal es schon Hinweise gab.

Von Jan Lange
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Symbolbild © dpa-Zentralbild

Als Olaf Kommol die gut sieben bis acht Zentimeter großen Spuren auf seinem Grundstück an der Zittauer Chopinstraße entdeckte, dachte er sofort an einen Wolf. "Da die Spuren am Abend des Vortages noch nicht da waren und ein Hund auf Gassi völlig auszuschließen war, kam für mich nur ein Wolf infrage", meint der Zittauer.

Aber so richtig glauben konnte er es noch nicht. Um Gewissheit zu bekommen, wollte er sich mit einem Sachverständigen in Verbindung setzen. Mehr als die Abdrücke hatte er zunächst allerdings nicht, um seine Vermutung bestätigen oder ausschließen zu lassen. Erst eine Woche später fand er an der selben Stelle ein Büschel Fell.

Im Zittauer Tierpark, an den Olaf Kommol zuerst dachte, konnte man ihm nicht weiterhelfen. Aus Spaß habe er zu den dortigen Mitarbeitern gesagt, dass hier ein Löwe ausgebrochen ist. Die Spuren der beiden Raubtiere ähneln sich zwar, die des Löwen sind aber breiter.

Diese Spuren hat Olaf Kommol auf seinem Grundstück an der Chopinstraße entdeckt ...
Diese Spuren hat Olaf Kommol auf seinem Grundstück an der Chopinstraße entdeckt ... © privat
... und ist sich sicher, dass es sich dabei um Spuren eines Wolfes handelt.
... und ist sich sicher, dass es sich dabei um Spuren eines Wolfes handelt. © privat

Während ein Löwe also von vornherein ausgeschlossen werden konnte, war der Verdacht, dass ein Wolf in Zittau sein Unwesen treibt, nicht ausgeräumt. "Von der Größe und Form her können das natürlich Wolfsspuren sein", war die Auskunft, die Olaf Kommol von einem Sachbearbeiter der Fachstelle Wolf beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) erhielt, nachdem er ihm die Fotos von den entdeckten Spuren zugesandt hatte. Er wolle die Spuren in die Datenbank eingeben, teilte ihm der Mitarbeiter auch mit.

Die Pressestelle des Landesamtes will die so getätigte Aussage ihres Mitarbeiters nicht bestätigen. "Es ist nicht möglich, anhand einzelner Trittsiegel einen Wolf nachzuweisen. Dafür ähneln sich die Fährten von Hund und Wolf zu sehr. Dafür müsste man eine Spur über eine weitere Strecke nachverfolgen", erklärt Falk Hofer, Referent für Öffentlichkeitsarbeit.

Auch wenn sich Sachsens Landesamt mit offiziellen Bestätigungen zurückhält, ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Wolf durch Zittau streift. Zuletzt gab es laut anderen Medienberichten immer mehr Wolfssichtungen in Städten. So war im Frühjahr ein möglicherweise junger Wolf in Riesa über ein Betriebsgelände gelaufen. Und im niedersächsischen Lohne streifte ebenfalls im Frühjahr ein Wolf ohne große Scheu durch die Straßen. Vor allem die Suche nach neuen Territorien treibe die Tiere offenbar auch in urbane Gebiete, glauben Fachleute.

Dabei muss man für derartige Beobachtungen gar nicht mal so weit schauen: Ende 2019 wurde in Görlitz ein etwa einjähriger Wolfsrüde in einem Keller in der Blumenstraße in Görlitz entdeckt. Das Tier wurde anschließend wieder ausgewildert.

Die letzten gesicherten Hinweise aus dem Umland von Zittau stammen vom Dezember 2020 aus der Gemeinde Bertsdorf-Hörnitz, wie Falk Hofer mitteilt. Zuvor waren bereits Wölfe in Olbersdorf und Waltersdorf gesichtet worden. In der Wolfsbeobachtungs-Statistik werden sie allerdings nur als "unbestätigte Hinweise" geführt. Ein offiziell anerkanntes Rudel gibt es im Zittauer Gebirge aber nicht. Die nächstgelegenen Rudel haben ihre Territorien in Großhennersdorf und Cunewalde.

Ob der Zittauer Wolf aus einem dieser Rudel stammen könnte, bleibt ungeklärt. Das Landesamt will sich jedenfalls nicht an derartigen Spekulationen beteiligen, wie der Referent für Öffentlichkeitsarbeit erklärt.

Möglich wäre auch, dass der Wolf aus Tschechien oder Polen kam. Beide Länder sind nicht weit von der Chopinstraße entfernt. Und bestätigte Wolfsterritorien gibt es laut Landesamt auch in den zwei Nachbarländern. "Deshalb muss jederzeit mit durchziehenden Wölfen gerechnet werden", erklärt Falk Hofer.

Ob Wölfe in einer Region sesshaft werden, hängt von den naturräumlichen Voraussetzungen ab. Sind ausreichend Beutetiere und Rückzugsräume vorhanden, kann es zu einer Ansiedlung von Wölfen kommen. Dies sind dann häufig Wölfe in ihrem zweiten Lebensjahr, die sich mit Erreichen der Geschlechtsreife von ihrem Elternrudel trennen und versuchen, ein eigenes Territorium zu finden, um ein Rudel zu gründen.

Olaf Kommol ist trotz der weiter bestehenden Zweifel aber inzwischen überzeugt, dass es sich um einen Wolf gehandelt hat, der über sein Grundstück gestreift ist. Das würde seiner Meinung nach auch das Verschwinden der Rehe am und um das Zittauer Eisenbahnviadukt erklären. Mitte Juli hat er dort letztmalig Rehe gesehen.

Rehe gehören zwar eindeutig zu den Beutetieren des Wolfes. Aber ein solcher Beutezug hinterlässt in der Regel auch Spuren. Und rund ums Viadukt wurden bislang noch keine Spuren von getöteten Rehen entdeckt.