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Seifhennersdorfer Bahnhofsretter machen Druck vor dem nahenden Winter

Gibt es keine Notsicherung, droht der Bahnhof in Seifhennersdorf einzustürzen. Der Eigentümer hat horrende Preisvorstellungen. Unterdessen hat die Polizei ihre Untersuchungen zum Brand abgeschlossen.

Von Frank-Uwe Michel
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Olaf Forker, Vorsitzender der Bürgerinitiative Bahnhof Seifhennersdorf, ist besorgt, dass die Schäden an dem Gebäude wegen der fehlenden Notsicherung im Laufe des Winters noch schlimmer werden könnten.
Olaf Forker, Vorsitzender der Bürgerinitiative Bahnhof Seifhennersdorf, ist besorgt, dass die Schäden an dem Gebäude wegen der fehlenden Notsicherung im Laufe des Winters noch schlimmer werden könnten. © Matthias Weber/photoweber.de

Olaf Forker schaut besorgt zu den verkohlten Resten des Dachstuhls hinüber. Von einem Gerüst um das Ende Mai in Brand geratene Bahnhofsgebäude oder gar Sicherungsarbeiten am einsturzgefährdeten Mittelteil ist nichts zu sehen. "Die Zeit drängt", meint der Vorsitzende der Bürgerinitiative Bahnhof Seifhennersdorf. Zwar ist das Betreten der Brandruine verboten. Forker weiß trotzdem, wie die Situation im Inneren des einst repräsentativen Hauses ist, nachdem das Feuer das Dach und große Teile der baulichen Struktur vernichtet hat. Denn seitdem hat die Witterung leichtes Spiel, dem angeschlagenen "Riesen" den Rest zu geben.

"Die Dachsparren sind zum größten Teil schon runtergekracht, der Bauschutt liegt dick auf der Kellerdecke. Die wird von einer Grundmauer getragen. Gibt sie nach, war's das. Dann brauchen wir uns über die Rettung des Gebäudes nicht mehr zu unterhalten", schätzt Forker ein, der regelmäßig vor Ort ist und die Verschlechterung des Zustandes seit Monaten miterlebt. "Die Last, die auf die Decke drückt, wird mit jedem Regenguss schwerer. Wenn noch Frost dazu kommt, entsteht daraus ein riesiger Eisklumpen." In einer der Seitenwände hat sich inzwischen ein mehrere Zentimeter breiter Riss gebildet. Kommt das Gebilde ins Rutschen, dürfte dieser Teil des Bahnhofes nicht mehr zu halten sein.

Obwohl der Winter naht und die Wahrscheinlichkeit schlechten Wetters immer größer wird, bleibt die dringend erforderliche Notsicherung also weiter aus. Denn die Lage ist verzwickt. Noch gehört die Immobilie zwei Eigentümern, mit denen die Bürgerinitiative zwar im Kontakt steht, aber noch keinen Durchbruch zur Übertragung an den Verein erzielen konnte. Je zur Hälfte gehört das Bahnhofsgrundstück Michael Renn und der Erbengemeinschaft Philipp, die sich als Nachfolgerin des inzwischen verstorbenen Miteigentümers Burkhardt Philipp gebildet hat.

"Mit einer Vertreterin der Erben sind wir im Gespräch. Sie wollen ihren Anteil abgeben - so schnell wie möglich", erläutert Olaf Forker. Sie seien weder logistisch noch finanziell in der Lage, eine Notsicherung zu stemmen, schätzt er ein. Der Abgabepreis solle nur symbolischer Natur sein. Anders verhält sich das mit den restlichen 50 Prozent. Michael Renn sei ein Phantom, das Adresse und Kontaktdaten nicht preisgeben will, so der Vereinschef. Trotzdem sei es ihm gelungen, ihn zu erreichen. Mit dem Ergebnis: "Herr Renn verlangt 650 Euro je Quadratmeter. Für die Hälfte des 3.800 Quadratmeter großen Grundstücks sind das rund 1,2 Millionen. Ein Unding - und nicht zu stemmen." Renns Beauftragter Robert Choinka, der inzwischen nicht mehr in Erscheinung tritt, hatte noch vor einigen Wochen eine niedrige fünfstellige Summe ins Gespräch gebracht. Und auch das sei noch viel zu hoch, meint Forker: Renn und Philipp hätten die Immobilie einst für 13.500 Euro ersteigert. "Der Zustand ist jetzt viel schlimmer als damals, also ist das Gebäude weniger wert."

In der Nacht zum 31. Mai brannte der Mittelteil des Bahnhofes in Seifhennersdorf. Seitdem hat sich der bauliche Zustand immer mehr verschlechtert.
In der Nacht zum 31. Mai brannte der Mittelteil des Bahnhofes in Seifhennersdorf. Seitdem hat sich der bauliche Zustand immer mehr verschlechtert. © Matthias Weber/photoweber.de

Weil also nicht absehbar ist, dass die Bürgerinitiative Eigentümer des Bahnhofes wird, müssen sich die aktuellen Eigentümer um die Notsicherung kümmern. Bereits im Juli hatte das die Untere Denkmalschutzbehörde angemahnt. Es habe eine "Abstimmung zu den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen gegeben", teilte damals Kreissprecher Kevin Schlei auf SZ-Anfrage mit. Doch was so hoffnungsvoll schien, ist nicht eingetreten. Zum aktuellen Stand will die Behörde aufgrund des "laufenden Verfahrens" nichts sagen. Nach SZ-Informationen soll es bis Anfang November eine Frist gegeben haben, die nach Ablauf angeblich um einen Monat verlängert worden sein soll.

Was aber passiert, wenn auch dann noch nichts geschehen ist? Weil die Stadt Seifhennersdorf aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht dazu in der Lage ist und der Bahnhof auf einer Denkmalliste des Kreises steht, könnte die Behörde mit einer Ersatzvornahme reagieren. Das heißt: Firmen beauftragen, Sicherungsarbeiten durchführen lassen und die Kosten dann den beiden Eigentümerseiten je zur Hälfte in Rechnung stellen. Die Erben von Burkhardt Philipp würden das angesichts ihrer Verkaufsbereitschaft gern vermeiden. Wie es um Michael Renn steht, ist nicht bekannt. Für die SZ war er nicht zu erreichen.

Unterdessen hat die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen und den Fall an die Staatsanwaltschaft Görlitz weitergereicht. Schon kurz nach Beginn der Untersuchungen zeigten die eingesetzten Brandursachenermittler an, dass hier Brandstiftung im Spiel war. Laut Staatsanwalt Christopher Gerhardi habe jedoch kein Tatverdächtiger ermittelt werden können. "Wie bei Brandsachen leider häufig der Fall", bedauert er. Das Verfahren sei deshalb inzwischen eingestellt worden.