Auf der Leiter, im weißen Kittel, den Pinsel in der Hand - und im Hintergrund klassische Musik: Bei diesem Klischee winkt Restaurator Rayk Grieger ab. "In unserem Job geht es richtig zur Sache. Mit Farbe, Spezialmörtel und natürlich auch viel Geduld." Der Background al la Mozart oder Beethoven sei da eher "Kompott". Und wo gibt's das schon? "Wie im wahren Leben - eher selten." Auf Baustellen ist er trotzdem oft mit Kopfhörer anzutreffen. Dann gibt's ein Hörbuch auf die Ohren. "So kann ich mich am besten konzentrieren. Denn außer meiner Arbeit und der Geschichte, die da jemand vorliest, schalte ich alles aus um mich herum."
Grieger ist Restaurator aus Überzeugung. In seiner Ausbildung zum Maler und Lackierer erlebte er als Jugendlicher einen Schlüsselmoment. "Ich hatte eine Decke abgewaschen, entdeckte darunter Malerei und hätte sie natürlich gern erhalten. Das interessierte aber niemanden. Raufaser und nichts anderes war die Order." Heute lacht der 45-Jährige darüber und ist gleichzeitig froh, dass es so gekommen ist. "Mir hat das den entscheidenden Kick gegeben. Mir wurde klar, dass ich Restaurator werden will."
Der Zufall wollte es, dass der gebürtige Erzgebirgler dabei in die Oberlausitz fand. "Ich habe in Erfurt studiert und war auf der Suche nach einem Diplomobjekt, konnte aber nirgends etwas Passendes finden. Da erinnerte ich mich an Görlitz, wo ich mal zum Praktikum war." So kam Grieger zu einem Grufthaus auf dem Nikolaifriedhof. Und blieb auch als diplomierter Restaurator hier.
Das ist inzwischen fast 20 Jahre her. Seitdem hat der Experte zwischen Weißwasser und Zittau seine Spuren hinterlassen, an vielen wichtigen Projekten mitgewirkt. So war er zum Beispiel in der ehemaligen Görlitzer Synagoge mit für die Wiederherstellung der Kuppeldecke und des Tora-Schreins verantwortlich. Seit 2015 ist er an mehreren Objekten im Fürst-Pückler-Park Bad Muskau beteiligt. "Bei der Schlossbrauerei und im Kavalierhaus geht es um Grundlagenplanung", erklärt Grieger. "Um Bauarchäologie und Befundermittlung. Daraus entwickle ich Konzepte, was machbar und wie es umsetzbar ist."
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Aktuell ist Rayk Grieger in Seifhennersdorf aktiv. Hier lässt der Berliner Architekt Michael Bürger ein großes Umgebindehaus - die frühere Fischfabrik - wieder auf Vordermann bringen und stützt sich dabei auch auf die Kenntnisse des Görlitzer Restaurators. Denn der ist Spezialist für Wandmalerei und Architekturoberflächen. "Wir haben hier eine Fülle an Ausmalungen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie besitzen eine hohe Qualität und zeugen - auch auf dem Lande - von einem gutbürgerlichen Niveau", so Grieger.
Der Beruf, sagt er, sei sein Baby. "Ich mache das wirklich unheimlich gern." Ihn reize es, von den Vorfahren geschaffene Werte zu erhalten. Wege und Lösungen zu finden und dabei den jeweiligen Bauherren mit einzubeziehen - denn der muss es am Ende bezahlen. All das möchte der Restaurator am 15. Oktober auch allen Interessenten erklären. Denn dann findet der Europäische Tag der Restaurierung statt. Anlaufpunkt dafür ist im ganzen Landkreis Görlitz in diesem Jahr nur das historische Seifhennersdorfer Umgebindehaus in der Conradstraße 2.
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Rayk Grieger fühlt sich in der Oberlausitz wohl, schielt nicht nach Aufträgen im historisch sicherlich reizvollen Dresden. "Wir haben hier doch eine so reiche, vielgestaltige Regionalgeschichte. Jede Epoche ist für sich interessant und hat so viel zu bieten." Dabei fasst er das Gebiet noch weiter: "Von Bautzen bis Breslau und nach Böhmen - man sollte eine große Glaskugel darüber legen und Eintritt verlangen", schwärmt er. "Das ist wie ein Freiluftmuseum: kaum kriegszerstört, stattdessen fast zusammenhängend erhalten. Hier gibt es jede Menge Potenzial - nicht nur für einen Restaurator."
Er ist deshalb sicher, dass ihm spannende Arbeit hier nie ausgehen wird. "Einerseits bin ich ja ein Handwerker, der Vergangenes in die Zukunft holt." Andererseits verrichte er auch Detektivarbeit und erforsche die denkmalrelevante Substanz. "Ich erkenne Putze, Stile, Holzverkleidungen, verschaffe mir einen Überblick über die Baugeschichte des jeweiligen Objektes." Dies sei so kreativ, auch wenn er bedauert, dass der Großteil in diesen Fällen nicht mehr vor Ort, sondern am Rechner geschieht. "Ich kann mir nichts Besseres vorstellen."
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Am Sonntag, 15. Oktober, laden Bauherr Michael Bürger und Restaurator Rayk Grieger in das Umgebindehaus, Conradstraße 2, nach Seifhennersdorf ein. Dort gibt es zum Europäischen Tag der Restaurierung zwischen 11 und 16 Uhr Führungen, dazu Informationen zum Beruf und der Arbeit vor Ort.