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Nur in Zittau: Gartensparte schafft Platz für Tiny-Häuser

Vorstand Jens Schöntube von der Sparte Sonnenhain ebnet den Weg für den neuen Wohn-Trend - sachsenweit einmalig. Und er hat noch weitere Ideen, die Anlage neu zu beleben.

Von Markus van Appeldorn
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Jens Schöntube zeigt einen der freien Plätze in der Kleingartenanlage, wo ein Tiny-Haus aufgestellt werden kann.
Jens Schöntube zeigt einen der freien Plätze in der Kleingartenanlage, wo ein Tiny-Haus aufgestellt werden kann. © Markus van Appeldorn

Tiny-Häuser liegen voll im Trend. Die Mini-Häuser vereinen den Wunsch ihrer Besitzer nach Individualität, minimalistischem Lebensstil, Mobilität und Freiheit - viel mehr noch als ein Camping-Anhänger sind sie ein Zuhause auf Rädern. Doch mitunter stoßen die romantischen Vorstellungen der Besitzer an Grenzen. Wenn sie nämlich feststellen müssen, dass sie für ihr mobiles Heim dennoch ein Grundstück besitzen müssen - zumindest wenn sie sich länger als nur ein paar Tage irgendwo mit ihrem Tiny-Haus niederlassen möchten. Für dieses Problem hat nun Jens Schöntube in seiner Funktion als Vorstand der Zittauer Kleingartenanlage Sonnenhain eine Lösung gefunden - in Zittau-Süd mit schönstem Blick auf das Zittauer Gebirge.

Jens Schöntube ist ein Mensch, der sich engagiert, wo er kann und wo er gefragt wird. Vor Jahren wurde er überregional gewissermaßen prominent - denn er war der Mann der jahrelang unter dem Löbauer Stadtmaskottchen "Friedrich" steckte - einer Plüsch-Version des Gusseisernen Turms. Außerdem ist er aktiv bei den Ostsächsischen Eisenbahnfreunden in Löbau und eben auch noch Hobby-Gärtner. "Seit 47 Jahren hat meine Familie hier in der Kleingartenanlage Sonnenhain einen Garten", sagt er. Aktuell beackert er die 800 Quadratmeter große Doppel-Parzelle, baut alle möglichen Sorten Gemüse für sich und seine Familie an. Er arbeitet nur wenige hundert Meter entfernt bei Phänomen Maschinenbau. "Ein großes Glück. So bin ich nach Feierabend schnell in meinem Garten. Bei schönem Wetter bin ich immer hier", sagt er.

"Hier fängt Nachhaltigkeit an"

Seit einigen Monaten ist Schöntube auch im Vorstand des Kleingartenvereins. Und weil er so ein Amt nicht bloß wahrnehmen will, weil ein deutscher Verein eben auch einen Vorstand braucht, will er auch etwas bewegen, sich engagieren. Schöntube will neues Leben in die Gartenanlage bringen, junge Menschen gewinnen, neue Familien. "Hier steckt für mich Kindheitsgeschichte drin. Und ich will, dass die Gartenanlage wieder zu genau so einem Treff- und Erholungspunkt für Familien wird wie in meiner Kindheit", sagt er. 194 Parzellen zählt die rund 53.000 Quadratmeter große Anlage - und ist damit eine der größten Gartensparten in Zittau. Rund 80 Prozent der Gärten sind belegt - Tendenz sinkend. "Wir müssen mittlerweile darum kämpfen, Mitglieder zu gewinnen", sagt Schöntube.

Während in manchen Gegenden Deutschlands zunehmend junge Menschen, auch Studenten, die Kleingärtnerei für sich entdecken, scheint dieser Trend in Zittau noch nicht angekommen zu sein. Jens Schöntube wünscht sich, dass es anders wäre. "Die Jugend schreit nach Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die sollen doch erst mal hier anfangen - hier fängt Nachhaltigkeit nämlich an", sagt er. Die Ernte aus so einem Garten mag den Obst- und Gemüse-Einkauf im Supermarkt nicht völlig ersetzen können - aber jedes geerntete Kilo erspart lange Transportwege.

Weg für Tiny-Häuser geebnet

Jens Schöntube spekuliert nun auf eine ganz neue Mitglieder-Klientel: Tiny-Haus-Besitzer. Ein bisschen aus Zufall. "An uns ist ein Ehepaar herangetreten, das ein paar Jahre mit seinem Tiny-Haus in ganz Europa unterwegs war. Nun sind die beiden in Zittau gelandet, weil ihre Tochter hier arbeitet", sagt er. Das Ehepaar will hier also länger mit seinem Tiny-Haus sesshaft werden - hält die kleine Tiny-Haus-Siedlung an der Chopinstraße als derzeitigen Standort aber nicht für ausreichend attraktiv. Ein kleines Gartengrundstück soll's sein.

Das Problem: Das Bundeskleingartengesetz erlaubt keine Aufstellung von Fahrzeugen in den Parzellen. Und ein Tiny-Haus hat nun mal Räder unten dran - und ist auch etwas anders aufgebaut als eine Gartenlaube. Daran aber wollte Schöntube den Wunsch der potenziellen Neumitglieder nicht scheitern lassen. "Ich habe mich mit dem Landesverband in Dresden in Verbindung gesetzt, um die rechtlichen Grundlagen auszuloten", sagt er. Von dort kam die Antwort: Wenn das Tiny-Haus aufgebockt wird und die Räder entfernt werden, kann man es in einer Parzelle aufstellen und einer Gartenlaube gleichstellen. Der Verein hat daraufhin seinen Pachtvertrag um einen Tiny-Haus-Passus mit den entsprechenden Bedingungen ergänzt.

Noch nicht abschließend geklärt ist die Rechtslage mit dem Bauamt. "Für die Behörde ist das Neuland", sagt Schöntube. Problematisch könnte auch sein, dass Kleingartenanlagen dem Gesetz nach zur Erholung dienen - und eben nicht dauerhaften Wohnzwecken. "Das Ehepaar braucht auf jeden Fall eine Wohnadresse. Das könnte etwa auch die der Tochter sein", sagt er. Er ist guter Dinge, das Ehepaar schon bald auf einer Parzelle einquartieren zu können. "Wir sind dann Sachsens erste Kleingartenanlage, in der Tiny-Häuser aufgestellt werden dürfen", sagt Schöntube. Denn bei einem soll es nicht bleiben. "Wir haben an den befahrbaren Hauptwegen fünf Parzellen, die dafür geeignet sind", sagt er.

Geldspritze für Sanierungsvorhaben

Jens Schöntube hat aber noch ein weiteres Projekt zur Belebung der Anlage und Mitgliedergewinnung auf den Weg gebracht: die Sanierung der Gartengaststätte. "Die Gaststätte ist das Herzstück der Sparte und im Sommer immer sehr gut besucht", sagt er - und dabei sind die meisten Besucher nicht einmal Mitglieder. Die derzeitige Pächterin wird in den nächsten Jahren aus Altersgründen aufhören. "Wir wollen die Gaststätte sanieren, damit wir auch einen Nachpächter finden", sagt Schöntube.

Dafür hat der Verein auch 5.000 Euro aus dem "simul+ Mitmachfonds" erhalten. "Damit wollen wir auch den Weg zur Gaststätte sanieren, damit der etwa auch mit einem Rollstuhl problemlos befahrbar ist", sagt Schöntube. Für das Projekt sucht der Verein noch Firmen, die die Sanierung unterstützen. "Wir brauchen kein Geld, sondern Baumaterial", sagt er. Schöntubes Arbeitgeber Phänomen ist schon mit an Bord. "Die sind eben phänomenal", freut er sich. Als Dankeschön verspricht der Verein auf jeden Fall eine Einladung zum Sommerfest.

Korrekturhinweis 4. Januar, 11 Uhr: In der ursprünglichen Fassung des Artikels hieß es, die Gartenanlage Sonnenhain befinde sich in Hartau. Sie ist aber in Zittau-Süd. Außerdem weist die Stadt Zittau darauf hin, dass die Rechtslage nicht wie Jens Schöntube erklärt vom ‚Bauamt‘ bewertet wird, sondern von der Bauaufsichtsbehörde, die in Zittau zum ‚Amt für Recht, Bauaufsicht und Stadtentwicklung‘ gehört. Über die Frage des Wohnsitzes entscheidet die Einwohnermeldebehörde (Bürgeramt) nach den Vorgeben des Bundesmeldegesetzes.