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Edeka will wieder nach Zittau - und klagt gegen die Stadt

Weil ein Neubau in Zittau nicht möglich ist, hat Edeka einen Markt in Olbersdorf eröffnet. Geschlagen gibt sich die Handelskette deshalb noch nicht.

Von Thomas Christmann
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Zur Eröffnung des Edeka-Marktes in Olbersdorf am 3. November 2022 haben rund 120 Kunden vor dem Eingang gewartet.
Zur Eröffnung des Edeka-Marktes in Olbersdorf am 3. November 2022 haben rund 120 Kunden vor dem Eingang gewartet. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Der Edeka im Olbersdorfer Einkaufszentrum läuft. Zumindest hat Nicole Lubach den Schritt bislang nicht bereut, ihren ersten eigenen Markt zu leiten. "Die Kunden sind zufrieden und das Team findet sich gerade noch", sagt sie nach den ersten beiden Monaten. Von den 31 Mitarbeitern stammen 15 aus dem zuvor geschlossenen Edeka an der Dresdner Straße in Zittau, 16 sind neu angestellt. Den Kunden bieten sie mindestens 25.000 Produkte - bei Saisonware auch mehr - an, verteilt auf 1.500 Quadratmetern.

Zahlen, die am 1997 in Zittau eröffneten Standort nicht erreicht werden konnten. Weder in der Größe und dem Erscheinungsbild, noch in seiner Sortimentstiefe entsprach der von Mutter Angela Lubach betriebene Markt den Vorstellungen der Edeka-Unternehmensgruppe Nordbayern-Sachsen-Thüringen. Freiwillig hat sie die Stadt aber nicht verlassen. Nachdem eine Vergrößerung an der Dresdner Straße nicht möglich gewesen ist, wollte sie mit der Betreiberin in der Nähe neu bauen. Die Pläne sahen einen Lebensmittel-Laden mit einer Verkaufsfläche von 2.000 Quadratmetern an der Äußeren Weberstraße vor. Die lehnte die Stadt Zittau mit Verweis auf das 2008 beschlossene Einzelhandelskonzept ab, das den Handel mit Lebensmitteln auf das Zentrum und wenige Nebenstandorte beschränkt. Nur bestehende Märkte außerhalb dieser Bereiche genießen Bestandsschutz.

Edeka ist nicht die einzige Kette, die ihre Pläne nicht so umsetzen konnte wie gewollt. Aldi wollte von der Ecke Tongasse/Dresdner Straße auf die Äußere Weberstraße 28 ziehen. Die Stadt lehnte den größeren Markt ab, ebenfalls mit Verweis auf das Einzelhandelskonzept. So baute der Discounter die bestehende Filiale um. Lidl plante hingegen einen Markt an der Hochwaldstraße zwischen Hochschule und Mandaukaserne. Die Stadt machte nicht mit, das Unternehmen klagte und verlor. Ebenso erfolglos blieb das Vorhaben eines Investors, an der Ecke Rathenaustraße/Dresdner Straße einen Markt zu bauen.

Rechtliche Zweifel am Handelskonzept

Den Kampf um Zittau hat Edeka noch nicht aufgegeben. Im Oktober 2019 reichte die Unternehmensgruppe eine Klage gegen die Stadt ein. Ihr Ansatz: Sie sieht den Bebauungsplan - und damit das Einzelhandelskonzept - als zu unbestimmt und damit nichtig an, wie Robert Bendner vom zuständigen Verwaltungsgericht Dresden mitteilt. So sei recht pauschal nahezu das ganze Stadtgebiet überplant und darin ergänzt, dass mögliche Flächen im Außenbereich nicht umfasst sein sollen. "Zeichnerisch sind diese aber nicht kenntlich gemacht", so der Sprecher. Sachsens Oberverwaltungsgericht erklärte eine Vorgängerversion eines solchen Planes deshalb bereits als unwirksam.

Um rechtliche Zweifel auszuräumen, hat Zittau inzwischen reagiert. So beschloss der Stadtrat im Dezember 2022 ein sogenanntes Heilungsverfahren einzuleiten und eine Veränderungssperre zu verhängen, um das Vorhaben von Edeka nicht zulassen zu müssen. Das werde losgelöst von der Dauer des aktuellen Gerichtsprozesses geführt, teilt Rathaus-Sprecher Kai Grebasch mit. Alles Weitere bleibt der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2023 vorbehalten.

Ob Edeka also nach Zittau zurückkommt oder nicht, hängt von der Gerichts-Entscheidung ab. Eine Notwendigkeit dazu besteht aus Sicht der Verwaltung nicht. Die Stadt sei sehr gut mit Lebensmitteln versorgt, meint Kai Grebasch. Das Rathaus erreichen immer wieder Anfragen. Dabei handele es sich nicht um Neuansiedlungen, sondern um ansässige Unternehmen mit dem Ansinnen, die Verkaufsfläche zu vergrößern, die Lage zu verbessern und damit den bisherigen Standort aufzugeben, erklärt er. Das ist aufgrund des Bebauungsplanes aber nur noch in der Innenstadt möglich. "Daher werden mit Lebensmittlern zu diesem Standort Gespräche geführt", so der Sprecher.

Innenstadt-Markt ist "absurder Wunsch"

Die gab es auch mit Edeka. Doch die Unternehmensgruppe hat die Vorstellung als "absurden Wunsch" abgetan: Sie kann sich beispielsweise nicht vorstellen, dass Sattelschlepper mit 40 Tonnen Gewicht auf einer 3.000 Quadratmeter großen Fläche in der Innenstadt fünfmal am Tag anliefern und wenden sollen. Und das jemand einen Einkaufswagen über die Pflastersteine der Neustadt schiebt.

Die Stadt bedauert die Entscheidung, zumal auch die Pläne von Rossmann für das Fachmarktzentrum an der Albertstraße nach Auskunft von Kai Grebasch "derzeit auf Eis" liegen. Seit Mai 2019 besteht dafür die Baugenehmigung. Danach erfolgten umfängliche Ausschreibungen - und dabei blieb es. Das Problem: Durch die Baupreisentwicklungen ist für die Investition aktuell keine Wirtschaftlichkeit gegeben.

Und was wird aus dem alten Edeka-Standort an der Dresdner Straße? Das Gelände hat der Eigentümer mittlerweile abgesperrt, weil kein Winterdienst geleistet wird. Die Deutsche Post baut ihre Packstation darauf noch ab und sucht für sie einen neuen Platz. "Der Bedarf ist da, auch wenn Zittau schon gut abgedeckt ist", sagt deren Sprecher Mattias Persson. Für das Objekt läuft die Suche nach einem Nachfolger. "Wir gehen davon aus, dass es eine neue Nutzung bekommen wird", teilt Kai Grebasch mit. "Dabei wäre eine Fortführung als Nahversorger von größtem Interesse." Die Wirtschaftsförderung stehe im Kontakt mit dem Eigentümer sowie möglichen Interessenten und sei vermittelnd tätig.

Für Familie Lubach hat sich das Thema Zittau hingegen zunächst erledigt. Während Tochter Nicole mit Edeka in Olbersdorf durchgestartet ist, hat Mutter Angela noch den Markt in Oderwitz.

Die öffentliche, mündliche Verhandlung von Edeka gegen die Stadt Zittau ist am 13. Januar, 11 Uhr, im Fachgerichtszentrum Dresden, Hans-Oster-Straße 4, Saal 1.