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Reno schließt alle Filialen im Landkreis Görlitz

Der Insolvenzverwalter der Schuhkette Reno hat für einige Standorte in Deutschland einen Investor gefunden. Nicht so in Zittau, Löbau und Weißwasser. Was das bedeutet.

Von Thomas Christmann
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Die Zittauer Filiale von Reno gehört zu den Standorten, die zugemacht haben - und auch geschlossen bleiben. Insolvenzverwalter Immo Hamer von Valtier konnte keinen Investor dafür finden.
Die Zittauer Filiale von Reno gehört zu den Standorten, die zugemacht haben - und auch geschlossen bleiben. Insolvenzverwalter Immo Hamer von Valtier konnte keinen Investor dafür finden. © Thomas Christmann/hvv/Fotomontage

Die Tür von Reno ist zu, der Verkaufsraum hinter den Scheiben leergeräumt. Auf den Werbewänden links und rechts vom Eingang kleben noch bunte Plakate mit dem Wort "Neu" darauf. Doch die einzige Neuigkeit steht auf einem Zettel hinter der Tür. Der weist auf den letzten Verkaufstag am 27. Mai in der Filiale an der Löbauer Straße in Zittau hin, wo schon im November vorigen Jahres von Schließung die Rede war - damals ein Marketing-Gag. Nun ist sie ernst gemeint. Auch die Standorte der Schuhkette in Löbau und Weißwasser sind vom Aus betroffen.

Der Grund: Reno ist pleite, schrieb schon seit Jahren Verluste. Der zweitgrößte Schuhhändler Deutschlands mit 180 Filialen und 1.100 Mitarbeitern beantragte die Insolvenz Ende März - und das nur sechs Monate nach einem Eigentümerwechsel. Seit 1. Juni läuft nun das Verfahren. "In dem Unternehmen funktionierte gar nichts mehr richtig", sagt Immo Hamer von Valtier. Der Rechtsanwalt von der Kanzlei InsoTreu aus Hannover ist als Insolvenzverwalter eingesetzt. Er musste feststellen, dass Reno weite Teile seiner Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen konnte: Schon im März verfügte nur noch knapp die Hälfte der Filialen über eine Energieversorgung, täglich kamen weitere hinzu. Lieferanten, Dienstleister und Vermieter warteten seit Monaten auf ihr Geld, bei einem Drittel der Standorte lag bereits die Kündigung vor. Der Warenbestand war auf 15 bis 20 Prozent des Solls gefallen.

Ein weiteres Problem: Wegen eines Dienstleistungsvertrages mit dem alten Mutterkonzern fehlte Reno die Hoheit über Daten, die der Insolvenzverwalter für den Betrieb benötigte - allein dafür flossen monatlich 600.000 Euro. "Ein sehr mühsamer Prozess", sagt er, der bis heute andauert. Immo Hamer von Valtier kümmerte sich mit seinem Team zunächst darum, dass die Filialen wieder mit Strom versorgt und im Rahmen der Möglichkeiten mit Neuware ausgestattet werden. Sein Ziel: Investoren zu finden und damit möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Aber aus logistischen und wirtschaftlichen Gründen war niemand bereit, alle Standorte zu übernehmen.

Bisher konnte Immo Hamer von Valtier mit Kienast einen Konkurrenten überzeugen, 22 Filialen samt Arbeitsplätzen fortführen zu wollen - neun davon unter der Marke Reno. Die befinden sich hauptsächlich in den ostdeutschen Bundesländern. "Dort, wo das Unternehmen noch nicht so stark vertreten ist", so der Insolvenzverwalter. Der Landkreis Görlitz ist nicht darunter. Der spielt auch keine Rolle bei den noch laufenden Gesprächen mit weiteren Investoren. Dennoch spricht der Insolvenzverwalter von einem großen Erfolg angesichts der vorgefundenen wirtschaftlich katastrophalen Situation.

Durchschnittlich sechs Mitarbeiter sind in jeder Filiale beschäftigt gewesen. Die meisten haben die Kündigung erhalten. Nur rund zehn Prozent der Belegschaft beendete den Arbeitsvertrag von sich aus. Immo Hamer von Valtier zeigt sich angesichts der derzeitigen Marktlage hoffnungsvoll, dass diese schnell eine neue Beschäftigung im Handel finden. Bis Ende Juni sind auch noch einzelne Filialen geöffnet, findet der Abverkauf statt.

Der Räumungsverkauf - nicht nur wegen der neuen Saison, sondern wegen der Reno-Pleite - läuft in Löbau dieser Tage noch.
Der Räumungsverkauf - nicht nur wegen der neuen Saison, sondern wegen der Reno-Pleite - läuft in Löbau dieser Tage noch. © SZ/Anja Beutler

Dass die Löbauer Filiale in der Sachsenstraße so lange noch geöffnet sein wird, ist zwar unwahrscheinlich - aber noch können die Kunden erwerben, was im Laden ist: von Badelatschen über Lederpflege bis zu einzelnen Winterschuhen und dem Ladenmobiliar. Dieser Weg ist mit dem Vermieter des Geschäftes so abgesprochen, denn auch hier sind nach dem Reno-Aus Schulden aus Miete und anderen Leistungen in mittlerem fünfstelligen Bereich übrig geblieben. Ein neuer Mieter sei zwar schon in Sicht, aber noch dränge die Zeit nicht, heißt es auf Nachfrage. Daher könne verkauft werden, solange es geht.

"Wir haben das Beste aus einer schwierigen Ausgangssituation herausgeholt", sagt der Insolvenzverwalter und zieht eine positive Zwischenbilanz. Im nächsten Schritt will er sich nun die Vergangenheit ansehen und sich hieraus ergebene Haftungs- und Anfechtungsansprüche prüfen. Immo Hamer von Valtier rechnet schon jetzt damit, dass die Abwicklung weder dieses noch nächstes Jahr abgeschlossen sein wird.

Die Pleite von Reno ist kein Einzelfall. Große Teile des Schuhhandels stecken durch die Folgen der Corona-Pandemie und die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Preisexplosion in der Krise. Mehr als jedes zehnte Schuhgeschäft hat im vergangenen Jahr seine Türen für immer geschlossen. Das berichtete vor einiger Zeit der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Textil Schuhe Lederwaren Rolf Pangels. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Schuhgeschäfte nach Berechnungen des Verbands binnen Jahresfrist um 1.500 oder 13 Prozent auf rund 10.000. (mit dpa und SZ/abl)