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Bautzen: Neues Geschäft an der Goschwitzstraße

Wo sich einst das Nähcafé Lotte an der Goschwitzstraße in Bautzen befand, hat nun ein Geschäft eröffnet, in dem es Hörgeräte gibt. Die Chefin hat eine besondere Spezialisierung.

Von Katja Schlenker
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Filialleiterin Nadin Kießetz und Mitarbeiter Clemens Hentschel sind beide Hörakustikmeister. An der Goschwitzstraße in Bautzen haben sie ein Geschäft mit dem Namen „mein.akustiker – die Hörexperten“ eröffnet.
Filialleiterin Nadin Kießetz und Mitarbeiter Clemens Hentschel sind beide Hörakustikmeister. An der Goschwitzstraße in Bautzen haben sie ein Geschäft mit dem Namen „mein.akustiker – die Hörexperten“ eröffnet. © Steffen Unger

Bautzen. Aufmerksamen Fußgängern ist es sicher schon aufgefallen: An der Goschwitzstraße in Bautzen gibt es ein neues Geschäft. „mein.akustiker – die Hörexperten“ heißt es und befasst sich mit allem rund ums Thema Hören. Die beiden Hörakustikmeister Nadin Kießetz und Clemens Hentschel kümmern sich dort um Kunden.

Seit 2006 ist Nadin Kießetz bereits im Bereich Akustik tätig und hat sich dabei auch auf den Bereich der Pädakustik spezialisiert. Das heißt, sie hilft Kindern dabei, besser oder überhaupt zu hören. „Das ist unwahrscheinlich viel Verantwortung“, sagt die 34-Jährige. „Ich bin selbst Mutter von zwei kleinen Mädels und vertraue meine Kinder auch nicht gleich jedem an.“

An der Goschwitzstraße, wo das Nähcafé Lotte war

Ihre Arbeit bringt ihr aber auch viel Erfüllung. Das jüngste Kind, welches sie jemals betreut hat, ist gerade einmal sechs Monate alt gewesen, erzählt die Bautzenerin. Ein unbeschreibliches Gefühl, wenn die Kinder zum ersten Mal richtig hören und die Welt ganz anders wahrnehmen können.

Nach zwei Elternzeiten hat Nadin Kießetz nun nach einer neuen Herausforderung gesucht und diese in der eigenen Filiale an der Goschwitzstraße gefunden. Dort hat sich zuvor das Nähcafé Lotte befunden, das schließlich an die Äußere Lauenstraße umgezogen ist. Seitdem hat die Fläche leer gestanden.

„Es war ein großer leerer Raum“, erklärt Nadin Kießetz, „aber für uns gut, um ein Geschäft einzurichten.“ So sind mehrere kleine Räume entstanden. Zwei davon werden nach dem Start der Filiale am 22. Februar 2024 als Hörkabinen genutzt. Eine dritte ist vorhanden, aber derzeit noch nicht ausgestattet. „Die Hörkabinen sind schallisoliert, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.“

Dort werden auch Hörtests durchgeführt, um zu prüfen, wie gut oder schlecht jemand noch hört. „Wir haben uns für die Goschwitzstraße entschieden, weil es hier belebt ist. Die Filiale der AOK ist direkt gegenüber, nebenan sind Arztpraxen.“ Durch eine Rampe wird das Geschäft barrierefrei. Doch nicht nur alte Leute brauchen mittlerweile Hörgeräte, sondern oft auch schon jüngere Menschen.

Hörgeräte sind heutzutage Hochleistungscomputer

Was die Akzeptanz der kleinen Helfer im Ohr angeht, habe sich in den vergangenen Jahren vieles getan, erklärt Clemens Hentschel. „Die Geräte sind nicht mehr so wie früher in beige oder grau“, sagt er, „sondern mittlerweile mehr so ein richtiges Modeaccessoire.“ In bunten Farben und sogar mit Glitzer oder anderen Effekten gibt es heutzutage Hörgeräte.

Außerdem sind Hörgeräte mittlerweile wie kleine Hochleistungscomputer, die man im Ohr trägt, erklärt der Görlitzer. „Es wird immer leichter, so ein Hörgerät zu bedienen“, sagt er. „Heutzutage haben sie zum Beispiel eine automatische Steuerung.“ Eine App auf dem Smartphone hilft ebenfalls dabei.

Vielen ist gar nicht bewusst, dass sie schlecht hören

Nadin Kießetz und Clemens Hentschel kennen sich bereits seit 2009, haben im selben Betrieb gearbeitet und sich als Kollegen schätzen gelernt, wie sie sagen. „Es ist ein schöner Beruf, der die Arbeit am Menschen, den technischen Aspekt und auch das Handwerkliche abdeckt“, sagt die Filialleiterin.

„Und es ist abwechslungsreich, weil auch nicht jede Person gleich ist“, fügt Clemens Hentschel hinzu. Er selbst ist durch die Musik dazu gekommen, spielt hobbymäßig in einem Orchester und wollte in die Akustikrichtung gehen, wie der 30-Jährige erläutert: „Es hat mir gefallen, dass man hier verschiedene Komponenten miteinander verbinden sowie mit Menschen arbeiten kann und eine direkte Reaktion erhält.“

Kaum größer als eine Fingerspitze sind Hörgeräte heutzutage. Um den Beruf des Hörakustikers zu erlernen, gibt es übrigens nur einen Weg: die Bundesoffene Landesberufsschule in Lübeck.
Kaum größer als eine Fingerspitze sind Hörgeräte heutzutage. Um den Beruf des Hörakustikers zu erlernen, gibt es übrigens nur einen Weg: die Bundesoffene Landesberufsschule in Lübeck. © Symbolbild: Boris Roessler/dpa

Vielen Leuten sei gar nicht bewusst, dass sie schlecht hören. Oft falle dies erst auf, wenn andere auf das Problem aufmerksam machen. Doch einfach ins Geschäft gehen und ein Hörgerät mitnehmen wie etwa bei einer Lesebrille, funktioniert hier nicht. Die kleinen Helfer müssen individuell an die Anatomie der jeweiligen Person angepasst werden.

Hörgeräte müssen individuell angepasst werden

Wie diese anschließend eingestellt werden, hängt dann auch von der Lebenssituation ab. Steht jemand noch voll im Berufsleben? Hat jemand eher Probleme mit dem Hören, wenn durcheinander gesprochen wird? Woher kommen die Geräusche, welche die Person hören will – frontal vom Fernseher oder aus einer anderen Richtung?

Oft begleiten die beiden Hörakustikmeister ihre Kunden über Jahre hinweg. Oft entsteht durch den intensiven Austausch eine enge Bindung. Oft müssen die Hörgeräte auch nachjustiert werden, wenn sich zum Beispiel das Hörvermögen oder die Lebenssituation ändern.

Studie belegt: Hörgeräte senken Risiko von Demenz

„Man sollte zeitig genug anfangen, Hörgeräte zu nutzen“, rät Clemens Hentschel, „schon bei den ersten Anzeichen, wenn man zum Beispiel den Fernseher lauter stellen muss.“ Umso schlimmer man das Problem mit dem Hören werden lasse, desto schwieriger werde es, sich an ein Hörgerät zu gewöhnen.

Außerdem verweist er auf eine aktuelle Studie, wonach Hörgeräte das Risiko von Demenz beeinflussen. Die Gefahr, daran zu erkranken, ist demnach bei schwerhörigen Personen, die keine Hörgeräte tragen, größer als bei denen, die Hörgeräte nutzen. Fazit: Hörgeräte können das Auftreten und Fortschreiten einer Demenz durchaus verhindern oder zumindest verlangsamen.