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Weil die Energiepreise steigen: Ansturm auf Holz und Kohle

Immer mehr Menschen in der Oberlausitz suchen nach Alternativen zu Öl und Gas. Doch wer sich jetzt einen Ofen zulegen will, braucht Geduld.

Von Lucy Krille
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Sandro Mächling im Bautzener Ofenstudio Hark hat derzeit alle Hände voll zu tun. Das Interesse an Heizöfen ist seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs groß.
Sandro Mächling im Bautzener Ofenstudio Hark hat derzeit alle Hände voll zu tun. Das Interesse an Heizöfen ist seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs groß. © Steffen Unger

Bautzen. Sandro Mächling hat den Ofen heute nicht angeschmissen. Schließlich ist es dank der sommerlichen Temperaturen ohnehin warm genug im Kamin- und Ofenstudio Hark. Seine Kunden denken trotzdem schon an den kommenden Winter – und das mit Sorge. Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs erreichen Studioleiter Mächling deutlich mehr Anfragen nach Kaminen oder Kachelöfen, der Umsatz hat sich verdoppelt.

Angesichts der stark gestiegenen Gas- und Ölpreise wird sich das so schnell auch nicht ändern. Die Bundesnetzagentur hat vergangene Woche die Alarmstufe für Gas in Deutschland ausgerufen. Viele Menschen wollen sich deshalb nicht mehr allein auf Gas oder Öl verlassen und suchen nach Alternativen zum Heizen.

So wie Ingo Frommelt, der im Ofenstudio auf der Suche nach einem Kaminofen ist. Seine Wohnung wird bisher über eine Gastherme beheizt, aber er rechnet damit, dass weniger Gas ankommen könnte oder es noch teurer wird. „Die Situation ist gerade unberechenbar, deswegen ist ein Ofen eine Chance für mich“, sagt er. Frommelt könnte Glück haben und seinen Ofen noch vor Beginn des Winters bekommen. Doch garantieren kann ihm das gerade keiner.

Ofenbauer: „Die Bevölkerung ist verunsichert“

Mittlerweile ist die Nachfrage nach Kachelöfen so groß, dass drei Monate Wartezeit das Minimum sind. Auf fertig angeschlossene Kamine müssten Kunden dagegen ein halbes, bei manchen Modellen gar ein ganzes Jahr warten, sagt Thomas Hauptmann. Der Ofenbauer aus Sohland erlebt ebenfalls einen riesigen Andrang. Manchmal hat er fünf Anfragen am Tag.

Freuen kann er sich darüber nicht so wirklich. Denn der Ofenbauer kann nicht alle Kunden gleichzeitig bedienen. Er erlebt immer wieder Interessenten, die kaum Verständnis für die langen Wartezeiten haben. „Dabei kann ich nachvollziehen, dass sie Angst haben, in zwei Monaten nicht heizen zu können“, sagt Hauptmann. Er sieht dabei auch die Verantwortung bei der Politik, die die Bevölkerung verunsichere.

Neben der großen Nachfrage sind auch Lieferengpässe ein Grund für die langen Wartezeiten. Stahl fehlt, Ofenkacheln werden mit Gas gebrannt. „Wie lange das noch gut geht, weiß keiner“, sagt Hauptmann.

Auch das Heizen mit dem Ofen wird teurer

Im Ofenstudio Hark steht auf einigen Öfen eine kleine Tafel. „Ich bin leider erst wieder lieferbar ab 2023“, steht darauf geschrieben. Das Ofenstudio hat einzelne Öfen vorerst aus dem Sortiment genommen, damit sich die Hersteller auf die beliebtesten Öfen konzentrieren können. Die Öfen sind außerdem teurer als letztes Jahr. „Die Kunden müssen jetzt bis zu 25 Prozent mehr zahlen, die Tendenz ist steigend“, sagt Sandro Mächling. Die teuersten Kaminöfen kosten mittlerweile um die 5.000 Euro, die günstigsten starten bei 2.600 Euro.

Die Kunden haben derzeit die Auswahl aus knapp 30 Kaminöfen. Darin können Holz oder Kohle verfeuert werden. Die meisten Haushalte feuern mit Holz, doch auch das ist teurer geworden und kaum verfügbar. „Man braucht ja nur durch die umliegenden Dörfer fahren, dort stehen überall Holzmeiler auf den Grundstücken. Na klar bunkern die Leute jetzt Holz“, sagt Sandro Mächling. Schon vor der Eskalation des Ukraine-Krieges war Holz Mangelware, weil viel exportiert wurde, zum Beispiel nach Kanada.

Zurück zur Kohle, weil die Alternativen fehlen

Mächlings Kunde Ingo Frommelt will es deswegen womöglich auch mit Lausitzer Kohlebriketts versuchen. „Im Großen und Ganzen ist das ein riesiger Rückschritt“, sagt Frommelt nachdenklich. Während Holz immerhin nachwächst, habe Kohle-Vebrennung wahrlich keine gute Ökobilanz. Deswegen soll das Heizen mit Kohle auch nur eine Notlösung werden, sagt Frommelt. Doch diese „Notlösung“ ist für manche zur einzigen wirklichen Alternative geworden.

Gerd Balla vom Brennstoffhandel in Bautzen findet es nur nachvollziehbar, dass die Leute ihre Öfen wieder reaktivieren. „So viel Kohle, wie wir dieses Jahr verkaufen, haben wir in den ganzen letzten Jahren nicht verkauft“, sagt Balla. Der Spediteur hat seit April fast 50 Prozent mehr Kohle ausgefahren als in den Vorjahresmonaten. Bis zu 30 Tonnen gebündelte und lose Kohle liefert er jeden Monat aus. Immer wieder seien auch Kunden dabei, die normalerweise Öl kaufen. Ende Mai beschloss die EU, Seelieferungen aus Russland zu unterbinden. Nach Angaben der Sächsischen Verbraucherzentrale ist der Preis für Heizöl seitdem nochmal um zehn Prozent gestiegen.

Brennstoff-Lieferant Gerd Balla in Großpostwitz beim Kohlen schippen. Auch sein Speditionsbetrieb hat derzeit viel zu tun, denn die Nachfrage nach Kohle ist groß.
Brennstoff-Lieferant Gerd Balla in Großpostwitz beim Kohlen schippen. Auch sein Speditionsbetrieb hat derzeit viel zu tun, denn die Nachfrage nach Kohle ist groß. © Steffen Unger

Das dürfte manche dazu gebracht haben, sich nun einen Vorrat an Kohle zuzulegen. „Die Nachfrage ist wirklich sehr hoch“, bestätigt auch der Brennstoffhandel Probst in Bischofswerda. Mittlerweile müssten Kunden mit Wartezeiten von etwa vier Wochen rechnen. Die Händler rechnen außerdem damit, dass auch die Preise für Kohle weiter steigen werden. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg der Preis für Kohle in Sachsen um reichlich 29 Prozent.