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Kaum noch Platz für Flüchtlinge im Landkreis Bautzen

Laut dem Landrat kann der Kreis Bautzen bald keine Asylbewerber mehr aufnehmen. Deshalb bittet er beim Innenminister um einen Aufnahmestopp. So ist die Situation.

Von David Berndt
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Asylbewerber im Sachsen müssen von Erstaufnahmeeinrichtungen auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. Der Kreis Bautzen hat jetzt erklärt, bald keinen Platz mehr für die Aufnahme zu haben.
Asylbewerber im Sachsen müssen von Erstaufnahmeeinrichtungen auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt werden. Der Kreis Bautzen hat jetzt erklärt, bald keinen Platz mehr für die Aufnahme zu haben. © Claudia Hübschmann (Symbolfoto)

Bautzen. Der Landkreis Bautzen hat den Freistaat Sachsen um einen Stopp der Aufnahme von Asylbewerbern gebeten. Das teilte Landrat Udo Witschas (CDU) in der Kreistagssitzung am Montagabend mit. Diese Bitte habe er Innenminister Armin Schuster (CDU) bereits am 25. Oktober in einem Brief übermittelt, um die Aufnahme für den Landkreis Bautzen zurückzufahren, "da wir nicht wissen, wo wir die Menschen unterbringen sollen“, erklärte Witschas.

Ob und wie der Freistaat dieser Bitte nachkommt, ist noch unklar. Eine Anfrage von Sächsische.de an das Innenministerium blieb bisher unbeantwortet.

Warum bittet der Landrat um einen Aufnahmestopp?

Das Landratsamt geht davon aus, dass die Kapazitäten zur Flüchtltingsunterbringung bereits zum Jahresende, spätestens aber im Frühjahr 2023 nicht mehr ausreichen werden. Durch den Brandanschlag auf das Spreehotel in Bautzen am 28. Oktober habe sich die Lage noch verschärft.

Noch Anfang Oktober hatte Udo Witschas einen AfD-Antrag zu einem Asyl-Aufnahmestopp zurückgewiesen, da der Kreistag das nicht entscheiden könne. Schließlich habe der Landkreis die Verpflichtung, Asylbewerber unterzubringen.

Genau wegen diesem Argument kam am Dienstagnachmittag Kritik vom Bautzener SPD-Ortsverein: „Die Aufnahme der Asylbewerber ist eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte. Da kann sich auch ein CDU-Landrat nicht rausmogeln“, teilte Vorsitzender Eckart Riechmann mit. Es gebe noch ein ungenutztes Gebäude in Döberkitz, das zur Unterbringung geeignet seit. Zudem komme „das Modell der Gemeinschaftsunterkunft an sein Ende. Dezentrale und fantasievolle Lösungen müssen gefunden werden“, heißt es von der SPD.

Wie viele Asylbewerber leben derzeit im Kreis Bautzen?

Derzeit leben laut Angaben des Landratsamtes rund 1.650 Asylbewerber im Kreis Bautzen, etwa 1.200 davon in Gemeinschaftsunterkünften. 522 habe der Kreis Bautzen im Jahr 2022 aufgenommen. „Unter den 1.650 Asylbewerbern befinden sich rund 700 abgelehnte Flüchtlinge mit einer Duldung sowie etwa 100 anerkannte Asylbewerber, die keine eigene Wohnung finden“, fügt das Landratsamt hinzu.

Wie viel weitere Asylbewerber bis Ende 2022 auf den Landkreis Bautzen verteilt werden, steht nicht genau fest. Anfang Oktober ging das Landratsamt von 600 Menschen aus. In der Kreistagssitzung am Montagabend war von 400 die Rede.

Wie Landkreis-Sprecherin Frances Lein auf Anfrage erklärt, müsse der Kreis Bautzen „7,35 Prozent aller im Freistaat Sachsen zu verteilenden Personen aufnehmen". An Kapazitätsgrenzen stoße er bei insgesamt 2.000 Flüchtlingen. Die derzeit 3.200 dezentral untergebrachten ukrainischen Kriegsflüchtlinge sowie die 110 afghanischen Ortskräfte zählen nicht dazu.

Werden Flüchtlinge ins Bautzener Spreehotel einziehen?

Ursprünglich sollten im Spreehotel am Bautzener Stausee am 3. November 2022 die ersten 30 von 200 möglichen Asylbewerbern einziehen. Durch den Brandanschlag und die dabei entstandenen Schäden verzögert sich die Belegung aber. Diese vorgesehenen Flüchtlinge wurden auf andere Unterkünfte in Sachsen verteilt. Dabei handelte es sich um Familien, wie Landrat Udo Witschas am Montagabend sagte.

Der Landkreis halte aber am Spreehotel als Asylunterkunft fest. Ab dem 29. November könnten laut Witschas nun die ersten Asylbewerber einziehen, selbst wenn dann noch nicht alle Schäden im Erdgeschoss und im Keller behoben seien. Dies werde laut einem vom Eigentümer beauftragten Gutachter sechs Wochen dauern. Der Betrieb sei aber parallel möglich. Wer ab Ende November einziehen wird, sei aber noch unklar.

Wo und wie kann der Kreis noch Flüchtlinge aufnehmen?

Mit der Öffnung des Spreehotels sollte die Gemeinschaftsunterkunft in der Liselotte-Herrmann-Straße in Hoyerswerda wegen baulicher Mängel geschlossen werden. Bislang lebten dort 160 Asylbewerber. Sie bleibt nun aber als Notunterkunft in Betrieb, womit laut Landratsamt dort nun Platz für maximal 200 Menschen sei. Das undichte Dach und die kaputten Fenster sollen so abgedichtet werden, dass kein Wasser mehr durchkomme, sagte der Landrat in der Kreistagssitzung.

In einer weiteren Unterkunft in der Hoyerswerdaer Thomas-Müntzer-Straße leben momentan 400 Asylbewerber. Hier gibt es jetzt weitere 50 Plätze, die bald belegt sein werden. Zudem prüft der Landkreis, Plätze in einem neuen Objekt in Hoyerswerda anzubieten.

In der Gemeinschaftsunterkunft in der Macherstraße in Kamenz könnten bislang ungenutzte Räume als Notunterkunft hergerichtet werden. So ließen sich laut dem Landratsamt weitere 60 Menschen unterbringen.

Udo Witschas versicherte, dass der Landkreis seiner Pflicht zur Unterbringung nachkommen wolle, aber keine weiteren Möglichkeiten sehe. Auch wenn der Landkreis prüfe, beheizbare Zelte anzuschaffen, halte er diese Option gerade im Winter für ungeeignet, auch wegen er Frostgefahr für die sanitären Anlagen in Containern und der möglichen Schneelast auf den Zelten.