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„Das Sorbische muss selbstverständlich dazugehören“

Der Landkreis Bautzen versteht sich auch als sorbischer Landkreis. Vertreter der Domowina erklären, warum das Sorbische hier noch sichtbarer werden muss.

Von David Berndt
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Judit Šołćina ist Geschäftsführerin und Dawid Statnik ist Vorsitzender der Domowina - Bund Lausitzer Sorben.
Judit Šołćina ist Geschäftsführerin und Dawid Statnik ist Vorsitzender der Domowina - Bund Lausitzer Sorben. © Steffen Unger

Bautzen. Judit Šołćina und Dawid Statnik haben sich als Vertreter der Domowina vor Kurzem mit Landrat Udo Witschas (CDU) getroffen. Im Mittelpunkt standen die Aufgaben des Landkreises Bautzen, die sich aus dessen Satzung zur Förderung und Entwicklung der sorbischen Sprache und Kultur ergeben. Es war das erste Gespräch seit dem Amtsantritt von Witschas am 1. September 2022.

Im Interview mit Sächsische.de erklären beide, warum das Sorbische hier noch sichtbarer werden muss und wo sie dafür vor allem Bedarf sehen.

Wie zufrieden sind Sie mit der Arbeit von Landrat Udo Witschas für die Sorben?

Judit Šołćina: In dem Gespräch ist klargeworden, dass Udo Witschas ein großes Interesse an sorbischen Themen hat. Aber wir haben da noch viel Luft nach oben. Es ist nicht seine alleinige Aufgabe, sondern die Verantwortung aller im Landkreis. Aber in diesem ersten Gespräch haben wir Offenheit erfahren und hoffen, darauf aufbauen zu können.

Dawid Statnik: Wir hatten bereits ein Treffen, als Udo Witschas noch im Wahlkampf war, und die sorbische Thematik ist ihm nicht fremd. Im Gegenteil, er sieht es einmal aus seinem familiären Hintergrund durch die Erlebnisse mit seinen sorbischen Großeltern. Dadurch merken wir, dass er einen persönlichen Zugang hat. Und er sieht es als eine Aufgabe des Landkreises. Dass das Gespräch mit ihm als Landrat erst jetzt stattgefunden hat, passt dahingehend ganz gut, da der Bericht zur Umsetzung der Satzung nun vorliegt.

Wie gut setzt der Landkreis Bautzen die Satzung um?

Dawid Statnik: Eine unserer Forderungen ist, dass die deutsche und sorbische Beschriftung im öffentlichen Bereich gleichwertig, also gleich groß, sein soll. Und das nimmt zu. Aber wenn Sie durch die Lausitz fahren, sehen Sie viele unterschiedliche Varianten. Beim Ortseingangsschild von Hoyerswerda ist die deutsche Bezeichnung deutlich größer als die sorbische. Das missfällt uns. Bautzen geht da einen anderen Weg: Auf den neuen Ortseingangsschildern steht nur noch der Ortsname „Bautzen“ und „Budyšin“ und zwar in gleicher Schriftgröße. Aber das ist natürlich Aufgabe der Kommunen und nicht des Landkreises. Er ist aber Vorbild.

So sehen die Ortsschilder der Stadt Bautzen - Budyšin mittlerweile aus. Deutscher und sorbischer Name sind gleich groß. Auf alle weiteren Informationen wie etwa „Große Kreisstadt“ verzichtet die Stadt hier.
So sehen die Ortsschilder der Stadt Bautzen - Budyšin mittlerweile aus. Deutscher und sorbischer Name sind gleich groß. Auf alle weiteren Informationen wie etwa „Große Kreisstadt“ verzichtet die Stadt hier. © Steffen Unger

Was muss also aus Ihrer Sicht für die Sorben oder das Sorbische noch getan werden?

Judit Šołćina: Wenn man sich die Statuten des Landkreises ansieht, haben wir sehr gute Grundlagen. Wie so oft hapert es jedoch einfach an der Umsetzung. Der Landrat ist offen, aber wir müssen auf Arbeitsebene mit so vielen unterschiedlichen Personen in allen Bereichen die Verantwortung des Landkreises wieder thematisieren.

Könnte der Landrat das nicht tun?

Judit Šołćina: Wir können nicht vom Landrat erwarten, dass er es allein umsetzt. Er kann es als höchster Vertreter aussprechen und politisch sagen, dass der Landkreis dahintersteht.

Zum Beispiel?

Judit Šołćina: Das Sorbische Museum ist in Trägerschaft des Landkreises, aber es ist unser Museum mit Nationalverantwortung. Es wird ins Wissensforum am Lauenareal umziehen, und für uns ist klar, dass im Museum kein Personal gekürzt werden darf. Wir brauchen ganz klar die politische Aussage des Landrats, dass das Sorbische Museum eine wichtige Rolle hier in Bautzen spielt.

Dawid Statnik: Wenn der Landkreis sich „Sorbischer Landkreis“ nennt, erwarten wir, dass sich das Sorbische auch im ÖPNV wiederfindet. An den Bushaltestellen im Siedlungsgebiet ist die neue Beschriftung nun zweisprachig, und zwar gleich groß. Wir sehen jedoch noch Bedarf bei den Beschilderungen von Bussen und Bahnen. Auch die akustischen Ansagen sind noch nicht alle zweisprachig.

Warum ist das so wichtig?

Dawid Statnik: Das sorbische Volk ist laut Verfassung Teil der sächsischen Bevölkerung. Da steht nicht, dass es das kleinere Staatsvolk ist, sondern wir sind faktisch gleichwertig, und dementsprechend sehen wir auch die Sprache als gleichwertig. Jede Minimierung ist immer ein Signal von Minderwertigkeit und damit auch eine gewisse, gewollte oder ungewollte, Stigmatisierung, teilweise auch eine Diskriminierung, wenn man es kleiner schreibt. Im Großteil der europäischen Länder, etwa in Italien, Wales oder Polen, ist die gleich große Schreibweise Usus. Hierzulande ist es manchmal sehr müßig. Zum Vergleich: In Brandenburg gibt es eine gesetzliche Grundlage. Dort sind die Namen immer gleich groß.

Sie haben mit dem Landrat einen regelmäßigen Austausch vereinbart. Welche konkreten Ziele gibt es dafür?

Dawid Statnik: Für uns geht es darum, dass man sich auf gewisse Normen verständigt und dementsprechend handelt. Und der Landkreis ist ja bereits aktiv. Gemeinsam mit dem Landkreis Görlitz reicht er Landesmittel für das Servicebüro für kommunale Zweisprachigkeit in Hoyerswerda weiter, das wir betreiben. Dieses steht den Kommunen für kostenfreie Übersetzungen zur Verfügung. Der Landrat sagte neulich bei einer Veranstaltung, an der sich viele Bürgermeister aus der Region beteiligt haben, dass das Sorbische selbstverständlich dazugehören muss. Und das ist auch unser Ansatz. In diese Richtung wollen wir mit dem Landkreis weitergehen.

Eine konkrete Forderung war, den sorbischen Arbeitskreis enger mit dem Kreistag zu verbinden. Wie kann das klappen?

Judit Šołćina: Erstmal wünschen wir uns, dass der Arbeitskreis überhaupt tagt. Da sind wir überaus kritisch. Es geht nicht, dass der sorbische Arbeitskreis nicht arbeitet. Laut Statuten soll er mindestens viermal jährlich berufen werden. Die weitere Entwicklung ist dann der nächste Schritt.

Dawid Statnik: An sich ist der Arbeitskreis ausreichend besetzt, aber von den Fraktionen im Kreistag nehmen nur zwei daran teil: die CDU und die Linke. Wir haben beim Landrat auch angesprochen, dass wir dort mehr erwarten. Es gibt aktuell keine strukturelle Verbindung zum Kreistag. Das habe ich auch in meiner Funktion als Kreisrat vorgebracht. Es ist erstmal wichtig, diesen Arbeitskreis so zu aktivieren, dass er auch eine Leistung bringt. Dann kann man darüber reden, ob man noch mehr braucht.