Bautzen. Mit seinem Debüt „Mit der Faust in die Welt schlagen“ hat Lukas Rietzschel gleich einen Bestseller gelandet. Drei Jahre später legt der Wahl-Görlitzer nun seinen zweiten Roman vor. In „Raumfahrer“ erzählt er anhand einer Oberlausitzer Familiengeschichte, wie sich ein Schweigen und Verletzungen über mehrere Generationen ziehen können. In seinem neuen Buch spielen der Maler Georg Baselitz, sein Bruder Günter Kern und die Stadt Kamenz eine zentrale Rolle. Am 11. Oktober kommt Rietzschel in die Bautzener Stadtbibliothek, am 31. Oktober liest er beim „Lausitzer Literatur vorMittag“ im Theater.

Der Autor, Jahrgang 1994, ist selbst in Kamenz aufgewachsen, in seiner unbeschwerten Kindheit sind dort die Erfolgsgeschichten rar. Es verschwinden Betriebe, Arbeitsplätze, Schulen, ganze Biografien. Es fehlt der Halt. Sein Erstling thematisiert dieses Aufwachsen im Ungewissen und die Radikalisierung in Ostsachsen nach dem Mauerfall. „Mit der Faust in die Welt schlagen“ beschreibt fast wütend, wie sich Eltern und Großeltern mit der neuen Zeit arrangieren müssen und die Kinder dagegen allein gelassen sind mit ihren Fragen und der zu spürenden Ungewissheit. Diese Eindrücke, Geschichten und Erlebnisse geben den Anstoß für das Debüt.

Bogen von Nachkriegszeit in die Nachwende-Zeit

Der Erfolg des Debüts überrascht Lukas Rietzschel. Ein Jahr nach seiner Veröffentlichung feiert die dramatisierte Version seines Romans am Staatsschauspiel Dresden Uraufführung. Der Roman war für den aspekte-Literaturpreis nominiert und erhielt den Gellert-Preis. „Widerstand“, als Auftragswerk entstanden für das Schauspiel Leipzig, ist Rietzschels erster dramatischer Text und wird aufgrund der gegenwärtigen Pandemie-Situation als Theater-Film erarbeitet und im Stream gezeigt. Der Autor wird 2022 Stipendiat der Villa Aurora Los Angeles sein.

Für seine beiden Bautzener Lesungen hat Lukas Rietzschel nun seinen zweiten Roman im Gepäck, in dessen Mittelpunkt Jan steht. Er und seine Eltern sprechen nicht viel über das Heute und erst recht nicht über das Gestern. Erst als Herr Kern auftaucht, kommt das fragile Gleichgewicht der Familie ins Wanken: Welche Beziehung führte Jans Mutter mit dem Vater von Herrn Kern? Und was haben die Kerns mit der Kunst von Georg Baselitz zu tun? Immer weiter arbeitet sich Jan durch das Schweigen mehrerer Generationen, taucht ein in die Geschichte der Baselitz-Brüder, die Geschichte seiner Eltern und begreift, dass die Gegenwart nicht nur aus der eigenen Vergangenheit besteht.

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Behutsam und voller Empathie zeichnet Lukas Rietzschel in „Raumfahrer“ ein eindrückliches Bild von Menschen, die durch große gesellschaftliche und politische Veränderungen geprägt sind, und schlägt einen weiten Bogen aus der Nachkriegszeit in die Nachwende-Zeit. Schon jetzt feiert die Literaturkritik das Buch als ein „prägnantes Bild für das Lebensgefühl vieler Ostdeutscher“. Einen eigenen Eindruck kann sich jeder bei den beiden Lesungen im Oktober in Bautzen machen.

• Lesung am Montag, dem 11. Oktober, 19 Uhr, beim Literaturforum Bibliothek in der Hauptbibliothek in der Schloßstraße in Bautzen. Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltung ist mit reduzierter Platzzahl. Reservierung erforderlich unter 03591 534827. Es gelten die aktuellen Corona-Regeln. Mehr Informationen gibt es hier.
• „Lausitzer Literatur vorMittag“ am Sonntag, dem 31. Oktober, 11 Uhr, im großen Haus des Bautzener Theaters in der Seminarstraße. Karten zu sieben Euro sind an der Theaterkasse unter 03591 584 225 oder unter hier erhältlich.