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Hochwasser-Fördermittel: "Damit wirft man Geld aus dem Fenster"

Steinigtwolmsdorfs Bürgermeisterin kritisiert, dass Fördergeld nur für Reparaturen, aber nicht für Hochwasserschutz verwendet werden darf. Damit ist sie nicht allein.

Von Bettina Spiekert
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Die Steinigtwolmsdorfer Bürgermeisterin Kathrin Gessel (CDU) moniert, dass die Fördermittel zur Hochwasserschadensbeseitigung keinerlei präventive Maßnahmen abdecken.
Die Steinigtwolmsdorfer Bürgermeisterin Kathrin Gessel (CDU) moniert, dass die Fördermittel zur Hochwasserschadensbeseitigung keinerlei präventive Maßnahmen abdecken. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Steinigtwolmsdorf. Zweimal innerhalb einer Woche herrschte in Steinigtwolmsdorf Ausnahmezustand: Am 15. August prasselten innerhalb einer Stunde 60 Liter Wasser pro Quadratmeter in den Ort, an dem darauffolgenden Sonnabend waren es immerhin noch 47 Liter. „Da waren wir aber schon durch die Vorhersagen vorbereitet“, sagt Steinigtwolmsdorfs Bürgermeisterin Kathrin Gessel (CDU). Der Marktplatz und Straßen an Dorfbach und Wesenitz standen unter Wasser, die drei Feuerwehren waren im Dauereinsatz. Ein Szenario, das sich laut Gessel bei Starkregen regelmäßig wiederholt.

Nur wenige Wochen vorher hatte die Gemeinde vom Freistaat nach einem Jahr endlich die Zusage für Fördermittel für die Beseitigung der Flutschäden bekommen, die beim Hochwasser im Juli 2021 entstanden waren. Damals waren vor allem Ringenhain und Steinigtwolmsdorf betroffen, auch jetzt im August stand in diesen beiden Ortsteilen das Wasser wieder knietief.

Vor einem Jahr waren vor allem Ringenhain und Steinigtwolmsdorf vom Hochwasser betroffen, auch jetzt im August waren es diese beiden Ortsteile, in denen das Wasser wieder knietief stand.
Vor einem Jahr waren vor allem Ringenhain und Steinigtwolmsdorf vom Hochwasser betroffen, auch jetzt im August waren es diese beiden Ortsteile, in denen das Wasser wieder knietief stand. © privat

Nun darf Steinigtwolmsdorf also knapp zwei Millionen Euro für die Beseitigung der Schäden von 2021 ausgeben. Das ist ein Viertel jener Summe, die die Gemeinde ursprünglich aufgelistet hatte. Nach mehrmaliger Überarbeitung hoffte sie dann noch auf 2,9 Millionen Euro.

„Laut der Förderrichtlinie dürfen wir die Schäden nur instand setzen, aber keinerlei präventive Maßnahmen umsetzen“, erklärt Kathrin Gessel. Das bedeute etwa, dass in eine Straße, die nicht über eine Entwässerung verfügt, auch bei der Sanierung keine solche eingebaut werden kann. „Das ist doch überhaupt nicht nachhaltig und macht mich unzufrieden. Damit wirft man das Geld geradezu aus dem Fenster“, moniert die Bürgermeisterin.

Lieber Prävention statt teurer Rettungseinsätze

Seit Monaten sei sie deshalb mit der Landesdirektion, mit dem Landratsamt sowie den sächsischen Ministerien für Inneres und Wirtschaft im Gespräch, um die Fördermittel möglichst zweckorientiert einsetzen zu können. Bestes Beispiel sei der Hohwaldweg hinter der Schule. Bei jedem Starkregen schieße das Wasser herunter, spüle den Weg massiv aus und hinterlasse Löcher. „Jedes Mal müssen wir also die Massen, die der Regen ins Tal gespült hat, wieder nach oben schaffen, den Weg ebnen, verfestigen und die Löcher ausbessern. Und dann kommt der nächste Regen und alles beginnt von vorn. Das ist doch wie in Schildau“, ärgert sich Gessel.

Außerdem fordert die Bürgermeisterin von den zuständigen Ministerien den Blick über den Tellerrand und eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Behörden. „Bei jedem Hochwassereinsatz sind unsere Feuerwehren und auch andere Rettungsdienste gefordert. Dabei entstehen nicht unerhebliche Kosten“, sagt Gessel. Das Geld könne besser eingesetzt werden. Es sei aus ihrer Sicht zielführender, in den präventiven Hochwasserschutz zu investieren, statt ständig die Hochwassereinsätze der Retter zu finanzieren.

Für ein nachhaltiges Hochwasserrisikomanagement, das dann auch präventive Maßnahmen auflistet, benötige die Kommune nicht nur die Hilfe von Experten. „Als kleine Gemeinde können wir ein solches Konzept auch finanziell nicht alleine stemmen“, sagt Gessel. Ob und in welcher Höhe dafür Fördermittel fließen könnten, dazu warte sie derzeit auf Antwort aus dem Innenministerium.

Jetzt jedoch wolle die Kommune erst einmal eine Prioritätenliste aufstellen und die Planungen für die 32 bestätigten Projekte anschieben. „Wir werden die Maßnahmen auf mehrere Jahre verteilen“, so die Bürgermeisterin.

Auch andere Kommunen wollen vorbeugenden Schutz

Ganz oben auf der Liste werde das Freibad in Steinigtwolmsdorf stehen. „In der Wasserwelt muss die Liegewiese, die komplett überschwemmt wurde, trockengelegt werden. Vor allem aber ist das Pflaster im Bereich der Rutsche grundhaft zu sanieren“, sagt Gessel. Weiterhin stehen ein Dutzend Straßen sowie Brücken, Stützmauern und Teiche im Wiederaufbauplan.

Mit ihrer Kritik daran, dass die Fördermittel nur für die reine Instandsetzung ausgereicht werden, steht die Steinigtwolmsdorfer Bürgermeisterin nicht alleine da. Auch Wilthens Rathauschef Michael Herfort (CDU) und Neukirchs Bürgermeister Jens Zeiler (CDU) würden gerne mehr tun, als nur den vorherigen Zustand wiederherzustellen.

Um präventiven und nachhaltigen Hochwasserschutz zu gewährleisten, müsse vieles neu gedacht werden, sagte Herfort im Juli. Im vorigen Jahr hat die Stadt ein Planungsbüro beauftragt, Wilthens Hochwasserschutzkonzept von 2008 zu überarbeiten und fortzuschreiben. Für dessen Umsetzung rechnet die Kommune mit einem Millionenbetrag.