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Corona: Kliniken sehen mit Sorge auf die Bettenbelegung

Volle Kliniken und Krematorien: Sachsen hat in der Pandemie 2020 leidvolle Erfahrungen gemacht. Jetzt sorgen sich Krankenhäuser um den Winter.

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Zwei Mitarbeiterinnen der Intensivstation im Krankenhaus Bautzen betreuen einen Corona- Patienten.
Zwei Mitarbeiterinnen der Intensivstation im Krankenhaus Bautzen betreuen einen Corona- Patienten. © Archivfoto/SZ/Uwe Soeder

Leipzig. Die sächsischen Krankenhäuser sehen angesichts steigender Corona-Zahlen mit immer mehr stationären Patienten sorgenvoll in die Zukunft. "Das ist eine Besorgnis erregende Entwicklung", sagte Friedrich München, stellvertretender Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Allein in den vergangenen fünf Tagen sei die Zahl der stationären Covid-19-Patienten von 328 auf 461 gewachsen. "Innerhalb dieser Gruppe stieg die Zahl der Patienten auf der Intensivstation von 117 auf 134."

Nach Angaben des sächsischen Gesundheitsministeriums werden mit Stand Dienstag (12.30 Uhr) 528 Covid-19-Patienten auf Normal- und 149 auf Intensivstationen in Sachsen behandelt. Diese sind damit zu 72,1 Prozent und 74,9 Prozent ausgelastet. Die Hospitalisierungsrate liegt bei 3,65. Sie gibt an, wie viele Menschen pro 100 000 Einwohner nach einer Corona-Infektion innerhalb von einer Woche ins Krankenhaus eingeliefert wurden.

Vorwarnstufe in Sachsen könnte bald greifen

In Sachsen gilt eine Vorwarnstufe, wenn an fünf aufeinanderfolgenden Tagen mindestens 650 Normalbetten oder 180 Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt sind. Sie gilt auch, wenn die Hospitalisierungsrate den Wert 7 überschreitet und mindestens einer der Belastungswerte für Betten erreicht ist. Die Überlastungsstufe greift unter gleichen Bedingungen bei Überschreiten der Werte von 1300 (Normalbetten) oder 420 (Intensivbetten) beziehungsweise einem Hospitalisierungswert von 12. Dann kommen verschärfende Maßnahmen zum Zuge.

"Wir sind nicht mehr weit von dem Punkt entfernt, wo bei 180 belegten Intensivbetten die Vorwarnstufe greift. Wenn die Zahlen stagnieren würden, wäre das noch beherrschbar. Doch wenn sie weiter steigen wie zuletzt, könnten wir Kapazitätsprobleme haben. Leider schauen wir da momentan in den Nebel", sagte München. Es gebe in diesem Geschehen viele Unbekannte. Man wisse nicht, wie viele Menschen tatsächlich infiziert sind. Geimpfte ließen sich nicht mehr testen. "Es gibt eine Infektiosität in der Gesellschaft, über die wir nur wenig Erkenntnisse haben. Wir gehen deshalb in eine ungewisse Entwicklung."

München zufolge werden die Krankenhäuser beim Erreichen ihrer Kapazitätsgrenzen mit verschiedenen Maßnahmen reagieren. Dann würden die beiden Universitätskliniken in Dresden und Leipzig genau wie das Städtische Klinikum in Chemnitz reaktiviert und die Koordination übernehmen. "Wenn das so weitergeht, müsste man planbare Operationen wieder aufschieben und Leistungen in bestimmten Bereichen herunterfahren, um Kapazitäten freizumachen." Der neuralgische Punkt seien aber weniger die Betten als vielmehr das Personal.

Noch immer fehlt Personal in den Kliniken

"Man braucht einen bestimmten Personalschlüssel für die Fachkräfte der Intensivpflege. Der ist gesetzlich vorgegeben. Da kann man keine anderen Pflegekräfte einsetzten. Unsere Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Und auf dem Arbeitsmarkt gibt es keine Reserven", sagte München. Bis jetzt gebe es aber noch keine Warnmeldung aus Krankenhäusern.

Der Krankenhausgesellschaft lägen auch keine Daten vor, wie viele Pflegekräfte ihren Beruf aufgrund der hohen Belastungen inzwischen aufgegeben haben, betonte München. Bestimmt hätten manche das Handtuch geworfen. Schließlich hätten viele Mitarbeiter auf dem Höhepunkt der Pandemie Ende 2020 am Limit gearbeitet. "Das war auch für das Pflegepersonal sehr belastend."

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach einem Ende der epidemischen Lage hält München für kontraproduktiv. "Das Zeichen für einen Freedom Day ist falsch. Auch wenn ich als Jurist ein gewisses Verständnis dafür habe, dass ein Minister Ausnahmeregelungen irgendwann auslaufen lassen will." Der Bund müsse dann aber im Infektionsschutzgesetz die Voraussetzungen schaffen, dass die Länder weiter mit ihren Corona-Schutzverordnungen einen Ermächtigungsgrundlage für ihr Handeln haben. "Es darf keine Gesetzeslücke entstehen. Die Länder brauchen Instrumente im Kampf gegen die Corona-Pandemie." (dpa)