SZ + Leben und Stil
Merken

Was bringt ein Corona-Schnelltest vor Weihnachten?

Wer sich vor dem Familientreffen ziemlich sicher sein will, nicht mit Corona infiziert zu sein, muss einige Hürden meistern. Das Geld ist nur eine davon.

Von Stephanie Wesely
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Weihnachtsstimmung in Testzentren? Fachleute rechnen mit einem Ansturm vor und nach dem Fest.
Weihnachtsstimmung in Testzentren? Fachleute rechnen mit einem Ansturm vor und nach dem Fest. © Britta Pedersen/dpa

Weihnachten soll ein Fest der Familie bleiben – trotz hoher Corona-Zahlen. Daran will die sächsische Staatsregierung nicht rütteln. Aber wie passt das mit dem Abstandsgebot zusammen, wenn viele – auch ältere – Menschen auf engem Raum zusammensitzen? Wird Weihnachten zum gesundheitlichen Risiko?

In dieser Situation überrascht es nicht, dass das Interesse an Antigen-Schnelltests sprunghaft gestiegen ist. Es klingt verlockend: Kurz vorm Fest schnell mal alle Besucher abstreichen, und schon fühlt man sich auf der sicheren Seite. Doch die Sicherheit ist trügerisch, meinen Fachleute.

Anders als die PCR-Tests weisen Antigen-Schnelltests nicht das Erbmaterial des Coronavirus nach, sondern lediglich Eiweißfragmente. Das sei nicht so genau, erklärt eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums. Als große Fehlerquelle erweise sich auch eine unkorrekte Entnahme des Untersuchungsmaterials. Denn wie beim PCR-Test brauche man einen Abstrich tief aus dem Rachen – und zudem auch mehr Virusmaterial.

Häufiger falsche Ergebnisse als bei PCR-Tests

„Das an der richtigen Stelle zu entnehmen, ist nicht leicht“, sagt Labormediziner Christian Scholz aus Dresden. „Aufgrund dieser Ungenauigkeiten kann ein negatives Antigen-Testergebnis die Möglichkeit einer Corona-Infektion nicht komplett ausschließen“, bestätigt das Bundesgesundheitsministerium. Ohnehin sei der Abstrich-Test nur eine Momentaufnahme. Vor allem bei Personen mit Symptomen, die auf eine Infektion schließen könnten, sollte ein negativer Antigen-Schnelltest sehr kritisch gesehen und mit einem zusätzlichen PCR-Test überprüft werden.

Nicht nur falsch-negative, auch falsch-positive Ergebnisse sind bei Schnelltests häufiger als bei der PCR. Falsch-positiv heißt, dass ein positives Ergebnis angezeigt wird, obwohl die Person gar nicht infiziert ist. „Das liegt unter anderem daran, dass sich die Coronaviren untereinander sehr ähnlich sind. So könne es gelegentlich vorkommen, dass ein Test nicht wegen Sars-CoV-2 positiv ist, sondern wegen eines anderen Virus aus der Coronafamilie, sagte Labormediziner Matthias Orth aus Stuttgart in einem Interview.

Ohnehin ist den Labormedizinern zufolge die Qualität mancher Antigen-Schnelltests zweifelhaft. Es seien viele Tests im Umlauf, die zwar auf der Liste des Bundesamtes für Arzneimittel- und Medizinprodukte stehen, jedoch in der Versorgung noch nicht erprobt seien. Sich allein auf Herstellerangaben zu verlassen, sei nicht ausreichend, denn: Die in den Zulassungsstudien vorhandenen idealen Bedingungen finden sich im Versorgungsalltag meist so nicht wieder, so die Labormediziner. Häufig basierten sie auf ausgesprochen kleinen Studien.

Apotheken als Alternative?

All diese Einwände, will Professor Alexander Kekulé, Direktor am Institut für Medizinische Mikrobiologie des Uniklinikums Halle, so nicht gelten lassen. „Die Schnelltests für jedermann könnten viel Freiheit und Sicherheit bringen“, äußerte er in einem Zeitungsinterview. „Apotheken sollten Schnelltests rezeptfrei verkaufen dürfen, wenn sichergestellt ist, dass ausreichend Tests für Pflegeheime verfügbar sind.“

Warnungen, bei Rachenabstrichen von Laien würden Tausende von Infizierten womöglich unentdeckt bleiben, bezeichnete Kekulé wörtlich als „Quatsch“. Ein Abstrich sei so einfach wie Zähneputzen. „Methodisch ist das Pipifax.“ Wer sich den Selbsttest nicht zutraue, „sollte sich in jeder Apotheke testen lassen können.“ Ihm zufolge hat das Bundesgesundheitsministerium die Bedeutung der Schnelltests zu spät erkannt. Bis Weihnachten hätte man das durchaus hinbekommen können. Doch momentan dürften sie rein rechtlich nur von medizinisch geschultem Personal durchgeführt und in Deutschland auch nicht an jedermann verkauft werden.

Während örtliche Apotheken genau auf die Einhaltung dieser Vorgabe achten, ist der Bezug über Versandapotheken mitunter einfacher. Bei einer Stichprobe der SZ gelang es problemlos, solche Tests zu bestellen. Nachweise über eine etwaige fachliche Qualifizierung wurden nicht gefordert. Einige Anbieter vermerkten es jedoch zumindest neben den Abbildungen ihrer Produkte.

An den Hausarzt wenden

„Dieser Widerspruch ist bekannt. Im Impressum der Seiten der Versandapotheken werden die zuständige Apothekerkammer oder die Aufsichtsbehörde genannt“, sagt Carsten Splett von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. So sei ersichtlich, ob es sich zum Beispiel um ausländische Anbieter handele, bei denen die Beschränkung auf medizinisches Fachpersonal möglicherweise nicht gelte. Deutsche Versandhändler könnten aber ebenso Genehmigungen ihrer Landesregierungen zur Abgabe der Tests besitzen, räumt Splett ein. Die Tests selbst kosten pro Stück zwischen acht und zwölf Euro, sind aber oft nur als Packung mit größeren Stückzahlen für mehr als 100 Euro erhältlich.

Die sicherste Variante ist es, sich an seinen Hausarzt zu wenden. „Vor allem für asymptomatische Personen, die sich nur vorsorglich testen lassen wollen“, sagt Katharina Bachmann-Bux, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS). Neben den Hausärzten kämen auch Covid-19-Schwerpunkt- oder Testpraxen in Betracht. Die KVS listet auf ihrer Webseite im Raum Chemnitz und Leipzig jeweils zehn Schwerpunktpraxen auf. In Dresden muss man die Praxen über den hausärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117 erfragen. Hinzu kommen sieben spezielle Testzentren. Sie befinden sich auf den Flughäfen Leipzig und Dresden, im Uniklinikum Dresden, im Vogtlandklinikum Plauen, im Heinrich-Braun-Klinikum Zwickau, im Helios Klinikum Aue sowie im Corona-Testzentrum im Gewerbepark am Chemnitzer Südring. Alle sind auch an den Feiertagen geöffnet.

Wunschtestung ist Privatleistung

Bachmann-Bux rät allerdings davon ab, einfach dorthin zu gehen, insbesondere wenn man weder Symptome noch Kontakte zu Corona-Infizierten hat. „Rufen Sie zuvor dort an“, empfiehlt sie, um nicht umsonst zu warten oder gar abgewiesen zu werden. Denn der Arzt habe die Befugnis zu entscheiden, bei wem ein Test angezeigt ist und bei wem nicht. Mit den Testkapazitäten sollte in der Pandemie sorgsam umgegangen werden.

Wunschtestungen sind Privatleistungen und meist selbst zu bezahlen. Schnelltests kosteten rund 50 Euro, PCR-Tests rund 150 Euro. Die Kasse übernimmt den Betrag bei Praxispersonal, Pflegepersonal, Lehrern mit entsprechendem Berechtigungsschein, Patienten vor Aufnahme in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, Kontaktpersonen zu positiv Getesteten und Personen mit Kontaktanzeige durch die Corona-Warn-App. Einreisende aus Risikogebieten werden nur noch bis heute auf Kassenkosten getestet.

Und wem das alles zu aufwendig, zu unsicher oder zu teuer ist – und trotzdem nicht auf die Familienfeier verzichten möchte? Die Landesärztekammer Sachsen empfiehlt eine freiwillige Quarantäne. Das heißt: Sieben Tage vor dem Treffen sollten die Familienmitglieder alle sozialen Kontakte meiden. Ist das nicht möglich – im Job beispielsweise –, sollte man dort zumindest eine FFP2-Maske tragen, 1,5 Meter Abstand halten und auf kurze Kontakte in möglichst nicht geschlossenen Räumen achten, rät Kammersprecher Knut Köhler. Und ganz wichtig: „Selbst mit kleinsten Anzeichen einer Infektion sollte niemand an Familienfeiern teilnehmen.“

Die Corona-Tests:

  • Der klassische PCR-Test gilt als sicherstes Verfahren, weil er Erbmaterial des Virus nachweist. Es wird per Abstrich entnommen und im Labor untersucht. Das Ergebnis liegt nach etwa 24 Stunden vor.
    Kosten: etwa 150 Euro.

  • Der Antigen-Schnelltest weist Eiweißfragmente des Virus nach. Das Untersuchungsmaterial wird wie beim Schwangerschaftstest aufgebracht. Ein Ergebnis ist innerhalb von 30 Minuten ablesbar. Er ist nicht so sicher wie die PCR.
    Kosten: etwa 50 Euro.

  • Der Antikörpertest erfasst nicht das Virus selbst, sondern die Reaktion des Immunsystems darauf. Antikörper sind im Blut nachweisbar, jedoch meist erst zwei Wochen nach einer Infektion. Es gibt sie als Labor- und Schnelltest.
    Kosten: zwischen 25 und 50 Euro.