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Dippoldiswalde: Vermieter nimmt Warmwasser-Rationierung zurück

Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Jetzt reagiert die Genossenschaft. Ein Fall wird nach Gerichtsentscheidung gesondert behandelt.

Von Maik Brückner
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In den Häusern der Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde wird es ab September wieder ohne Unterbrechung Warmwasser aus der Leitung geben.
In den Häusern der Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde wird es ab September wieder ohne Unterbrechung Warmwasser aus der Leitung geben. © Egbert Kamprath

Mit ihrer Regelung, bei einigen Mietern die Warmwasserversorgung zeitweise zu drosseln, schaffte es die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde in die Schlagzeilen. Nun hat das Unternehmen angekündigt, diese Regelung auslaufen zu lassen. Das bestätigte die Genossenschaft auf Nachfrage von Sächsische.de. Weitere Angaben wollte das Unternehmen mit Verweis auf Chef Falk Kühn-Meisegeier nicht machen. Dieser befindet sich derzeit im Urlaub.

Die Kehrtwende wurde zuerst in einer Gerichtsverhandlung bekannt gegeben. Wie das Amtsgericht Dippoldiswalde informiert, hatte ein Mieter gegen die Maßnahmen der Genossenschaft geklagt. Diese hatte Anfang Juli in 300 ihrer 600 Wohnungen begonnen, die Versorgung mit Warmwasser stundenweise zu unterbrechen. Davon betroffen sind jene Wohnungen, die an die zentrale Warmwasseraufbereitung über Gas-Brennwerttechnik angeschlossen sind.

Rückkehr zu Sachsen-Energie

Hier gibt es warmes Wasser täglich nur noch zwischen 4 und 8 Uhr sowie zwischen 11 und 13 Uhr, zudem von Montag bis Freitag von 17 bis 21 Uhr und am Wochenende von 16 bis 21 Uhr. In den anderen Stunden kommt das Warmwasser kühler aus dem Hahn. Ganz kalt wird das Wasser jedoch nicht, denn im Kessel bleibt es längere Zeit warm.

Dem Kläger reichten diese Zeiten nicht. Dessen Anwalt begründete Medienberichten zufolge seine Klage damit, dass er als Schichtarbeiter tätig sei und zu ungewöhnlichen Zeiten dusche. Zudem lebten in seiner Wohnung neben seiner Frau auch ein sechs Monate alter Säugling und ein älteres Kind.


Die Genossenschaft verteidigte ihre Maßnahmen. Man wolle signifikante Kostensteigerungen beim Gas abmildern, erklärt die Genossenschaft auf Nachfrage. Der Grund dürfte neben allgemein höheren Kosten auch die neuen Konditionen bei der eigenen Gasversorgung sein. Denn die Wohnungsgenossenschaft ist erst seit Anfang 2022 wieder Kunde des regionalen Versorgers Sachsen-Energie. "Die zu diesem Zeitpunkt zu uns gekommenen Kunden können nur zu unseren aktuellen Preisen versorgt werden", erklärt Sachsen-Energie-Sprecherin Nora Weinhold auf Nachfrage.

Gaspreis-Steigerung um 250 Prozent

Und die dürften weit über denen der Bestandskunden liegen. Nähere Angaben zu den vertraglichen Details wollte die Sprecherin aber nicht machen. Laut einem Schreiben der Wohnungsgenossenschaft, das an die Mitglieder ging, müssen diese bei gleichem Gasvorjahresverbrauch in diesem Jahr etwa 370.000 Euro bezahlen - 264.000 Euro mehr als 2021. Das ist eine Steigerung um 250 Prozent.

Mit solchen Aushängen hat die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde über die Einschränkungen in der Warmwasserversorgung informiert.
Mit solchen Aushängen hat die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde über die Einschränkungen in der Warmwasserversorgung informiert. © Egbert Kamprath

Wie der Direktor des Amtsgerichts Dippoldiswalde, Rainer Aradei-Odenkirchen, auf Nachfrage erklärte, wird die Genossenschaft ihre Sparmaßnahmen ab September zurücknehmen. Das erklärte die Vertreterin des Unternehmens in der Verhandlung. Dann soll in allen Häusern wieder zu jeder Zeit warmes Wasser fließen. Sollten später andere Sparmaßnahmen notwendig werden, werde man diese mit den Genossenschaftern besprechen. Einseitige Schritte der Geschäftsführung solle es nicht mehr geben.

Die Maßnahmen der Genossenschaft waren ein Aufreger - sogar das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, die Süddeutsche, der Deutschlandfunk und mehrere Fernsehsender berichteten darüber. Es gab zwar auch Zustimmung, aber vor allem Kritik, die von Politikern und Verbraucherschützern kam. "Eine Wohnung muss 24 Stunden am Tag mit Warmwasser versorgt sein", sagte beispielsweise Florian Bau, vom Landesverband Sachsen des Deutschen Mieterbundes. Sei das nicht gegeben, handelt es sich um einen Mangel der Mietsache. Für den Fall könne der Mieter die Beseitigung des Mangels fordern und die Miete kürzen, ergänzte er.

Außergerichtliche Einigung gescheitert

Der Mieter, der gegen die Regelung geklagt hatte, konnte immerhin einen Teilsieg für sich verbuchen, nachdem es am Tag vor der Verhandlung nicht gelungen war, außergerichtlich eine Lösung zu finden. Auf Vorschlag des Richters einigten sich beide Seiten in der Verhandlung auf einen Kompromiss. In dem Haus, in dem der Kläger wohnt, wird das warme Wasser nun bis Ende August nur in der Zeit von 22 bis 3 Uhr abgedreht.

Aus Sicht des Gerichtes war absehbar, dass das Unternehmen den Mietern entgegenkommen müsse. "Ein Anspruch auf warmes Wasser ist ohne Zweifel gegeben", so Aradei-Odenkirchen. Er persönlich könne die Abschaltung der Warmwasserversorgung nicht nachvollziehen. Denn diese Kosten legen Vermieter - und in diesem Fall die Genossenschaft - auf die Mieter um. Und jedem Mieter - auch diejenigen, die nicht regelmäßig Zeitung lesen - dürfte bekannt sein, dass die Kosten gestiegen sind und noch weiter steigen.