Gehörlosen-Schule wird Fall für Kretschmer

Seit Monaten kämpfen Dresdner Eltern dafür, dass ihre Kinder im Unterricht etwas verstehen. Sie sind gehörlos und lernen an der Johann-Friedrich-Jencke-Schule, ein Förderzentrum für Hörgeschädigte. Doch an der Einrichtung gibt es nicht einen Lehrer, der die Deutsche Gebärdensprache ausreichend beherrscht. Zwar gibt es inzwischen freie Dolmetscher, die übersetzen, allerdings erst nach Gerichtsverfahren und auch nicht in allen Fächern. Am Mittwoch haben die Eltern und Kinder nun Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) besucht. Und dieser stellte eine Lösung in Aussicht.
"Ich habe Angst um die Bildung meiner Tochter", sagte Sandra Fröhling zu Kretschmer. Ihre Tochter Mariella besucht die erste Klasse an der Jencke-Schule. Das Mädchen laufe Gefahr, als lernbehindert eingestuft zu werden, nur weil sie dem Unterricht nicht folgen könne.
Kretschmer machte deutlich, dass er gern Lehrer an die Schule schicken würde, die die Deutsche Gebärdensprache beherrschen. "Wir haben aber ein ganz praktisches Problem", sagte er. Es gebe zu wenige Pädagogen, die qualifiziert seien. "Selbst wenn wir sagen, wir wollen überall Lehrer, die Gebärdensprache sprechen, so kommen wir an Grenzen." Geld sei jedenfalls nicht das Problem.
Am Gespräch nahm auch Kultusminister Christian Piwarz (CDU) teil. "Wir müssen zusehen, dass wir mehr Menschen, vor allem Lehrkräfte, motivieren, die Deutsche Gebärdensprache zu lernen." Das werde aber Zeit brauchen und Überzeugungskraft. Von jetzt auf gleich das Problem zu lösen, wäre illusorisch. Er bat die Eltern und Kinder deshalb um Geduld. Dennoch sagte er zu, dass Dolmetscher nur eine Übergangslösung sein sollen.

Und wie geht es jetzt für die Kinder weiter? "Bis zum Sommer sehen wir uns wieder", versprach der Ministerpräsident. Bis dahin werde etwas passieren. Er wolle sich unter anderem anschauen, ob man an der Jencke-Schule auch für die verbleibenden Stunden Dolmetscher bezahle. Außerdem wolle er sich mit den Landräten treffen, um eine gemeinsame Linie zu finden, was die Bezahlung der Übersetzer angeht. Bislang lehnen es die kommunalen Sozialämter ab, für die Dolmetscher-Kosten aufzukommen. Teilweise haben Sozialgerichte sie inzwischen dazu verpflichtet, teilweise springt der Freistaat ein. Das sind jedoch keine dauerhaften Lösungen. Spätestens im neuen Schuljahr müsste neu entschieden werden, wer zahlt.
"Wir wünschen uns, dass Sachsen in Zukunft keine negativen Schlagzeilen mehr einstecken muss, wenn es um gehörlose Kinder geht", sagte Magdalena Stenzel vom Netzwerk Bilingual Erleben, das die Eltern und Kinder unterstützt. Sie übergab dem Ministerpräsidenten im Landtag auch eine Petition mit 19.240 Unterstützern. Diese fordern Bildung in Gebärdensprache und damit die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit mehreren Jahren auch in Deutschland gilt.