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Riesenzoff um CSD in Dresden - jetzt droht sogar eine Klage

Ist das Dresdner CSD-Straßenfest die "Zurschaustellung eines Lebensgefühls" oder eine politische Versammlung? Der Streit um diese Frage spitzt sich immer weiter zu. Inzwischen hat sich die Landesdirektion eingeschaltet.

Von Andreas Weller
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Vor dem CSD-Umzug gibt es ein Straßenfest, um dessen Status gibt es Streit in Dresden.
Vor dem CSD-Umzug gibt es ein Straßenfest, um dessen Status gibt es Streit in Dresden. © Sven Ellger

Dresden. Der Christopher Street Day (CSD) ist der Demonstrationstag für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, transgender Personen und Intersexuellen. In Dresden wird er vom CSD-Verein organisiert und beginnt mit einem Straßenfest, später gibt es einen großen Demonstrationszug durch die Stadt. Nun gibt es erneut Streit darum, ob das Straßenfest des CSD Dresden eine Versammlung mit politischem Charakter ist oder eine "Veranstaltung zur Zurschaustellung eines Lebensgefühls". Die Landesdirektion will nun Letzteres anordnen.

Landesdirektion fordert Aberkennung des Versammlungsstatus

Der Streit um den Status des Straßenfestes begann bereits im vergangenen Jahr: Die Versammlungsbehörde wollte - nach 30 Jahren - das Straßenfest zur Veranstaltung erklären. Die Begründung, ein als homophob eingestuftes Schreiben vom Amt, sorgte weithin für Unverständnis. Der Brief wurde als herabwürdigend gewertet. An der Einstufung hängt aber noch mehr: So müssen für Veranstaltungen auf Straßen und Plätzen Sondernutzungsgebühren gezahlt werden.

Eigentlich schien der Streit beigelegt worden zu sein. Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) hatte innerhalb ihres Geschäftsbereichs ein Machtwort gesprochen und klargestellt, dass auch das Straßenfest weiter eine Versammlung sei.

Doch jetzt hat sich nach Informationen von Sächsische.de die Landesdirektion Sachsen eingeschaltet. Diese ist die Rechtsaufsichtsbehörde der Stadt. Da das Versammlungsrecht eine Regelung des Landes ist, setzt die Versammlungsbehörde in Dresden dieses auf Weisung des Landes um. In einem Schreiben an Bürgermeisterin Jähnigen legt die Landesdirektion dar, dass das Straßenfest als Veranstaltung zu werten sei.

Bürgermeisterin will es darauf ankommen lassen

Jähnigen äußert sich auf Anfrage nicht dazu. Nach Informationen von Sächsische.de hat sie aber entschieden, den Versammlungsstatus für das Straßenfest beizubehalten. Sie begründet ihre Entscheidung damit, dass keine neuen Erkenntnisse von der Landesdirektion vorgetragen worden seien, nur die zurückliegenden Jahre betrachtet wurden und das Programm, insbesondere im Jahr mit Stadtrats- und Landtagswahlen, eindeutig als politische Versammlung zu werten sei.

Die Bürgermeisterin gehe intern davon aus, dass die Landesdirektion wohl anweisen wird, das Straßenfest als Veranstaltung einzustufen. Dagegen könnte die Stadt dann nichts mehr unternehmen, weil sie an solch eine Weisung gebunden wäre.

Der Vorstandssprecher des CSD-Vereins in Dresden, Ronald Zenker, rechnet jedenfalls mit diesem Szenario, sagt er auf Anfrage. "Wenn wir den Ablehnungsbescheid bekommen, gehen wir dagegen gerichtlich vor." In einem Eilverfahren soll dann bis zum Straßenfest geklärt werden, unter welcher Einstufung dieses stattfinden kann. Die Sache eilt, weil das Fest ab 30. Mai auf dem Altmarkt stattfinden soll. Am 1. Juni ist dann der Umzug. Parallel will Zenker auch ein Hauptsacheverfahren einleiten, um grundsätzlich zu klären, ob der gesamte CSD eine politische Versammlung ist.

SPD: "Rechtlich höchst fragwürdige Interenvtion"

"Die grüne Ordnungsbürgermeisterin hat dem Kampf für Gleichberechtigung, Toleranz und vielfältige Lebensentwürfe, den der CSD jedes Jahr sichtbar auf die Straße trägt, mit ihrem Hickhack des letzten Jahres einen Bärendienst erwiesen", kritisiert SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser. "Was mich aber noch mehr schockiert: Die Landesdirektion unter CDU-Verantwortung, die sonst jede Kritik an der Dresdner Stadtspitze lustlos vom Tisch wischt, entdeckt hier plötzlich eine - rechtlich höchst fragwürdige - Interventionsnotwendigkeit? Das trifft nur zufällig damit zusammen, dass die CDU in Dresden offen mit der AFD zusammenarbeitet? Nie wieder ist jetzt!"

Ausgerechnet der queeren Community nach ihrem jahrzehntelangem Engagement eine Versammlung abzusprechen und sie als "Partyvolk" zu diskreditieren, sei nur der Anfang, befürchtet Frohwieser. "Wir unterstützen den CSD Dresden in jeder notwendigen Form, damit das Straßenfest eine politische Versammlung bleibt."