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Streit um CSD in Dresden: Stadt äußert sich zur Zukunft des Straßenfestes

Die Dresdner Stadtverwaltung wollte dem Christopher Street Day den Status als Versammlung absprechen. Ein Schreiben mit homophoben Äußerungen sorgte für Ärger. Nun gibt es eine Entscheidung.

Von Andreas Weller
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Der Streit um den Christopher Street Day  in Dresden scheint beendet zu sein. Die Stadtverwaltung hat eine Entscheidung getroffen.
Der Streit um den Christopher Street Day in Dresden scheint beendet zu sein. Die Stadtverwaltung hat eine Entscheidung getroffen. © Sven Ellger

Dresden. Einmal im Jahr wird der Christopher Street Day (CSD) begangen - der Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und Intersexuellen, die für ihre Rechte und gegen Diskriminierung und Ausgrenzung demonstrieren. In Dresden geht das mehrere Tage und wird vom CSD-Verein organisiert.

30 Jahre galt es als selbstverständlich, dass es sich bei der Demonstration und auch beim Straßenfest davor um eine Versammlung handelt, weil es um die Verteidigung von Menschenrechten geht. Bis die Dresdner Versammlungsbehörde im September 2023 diesen Status für das Straßenfest plötzlich streichen wollte. Inzwischen haben zwischen der Stadt und dem CSD-Verein Gespräche stattgefunden - mit einem Ergebnis.

Wie ist es zu dem Streit zwischen dem CSD und der Stadt gekommen?

Allein die Frage, ob das CSD-Straßenfest überhaupt eine Versammlung ist, sorgte für Wirbel. Die Begründung der Versammlungsbehörde wurde zu einem weiteren Politikum. Denn darin hieß es zusammengefasst, das Straßenfest sei keine politische Veranstaltung und habe somit keinen Versammlungscharakter. Vielmehr ginge es um die "Zurschaustellung eines szenetypischen Lebensgefühls". Damit sei das Straßenfest eine reine Freizeitveranstaltung.

Das Schreiben wurde schließlich öffentlich als "Pamphlet, das vor Unwahrheiten und Queerfeindlichkeit trieft" kritisiert. Teilnehmende und Organisatoren stellten klar, dass der CSD in Dresden, inklusive Straßenfest, eine politische Veranstaltung sei.

Für den CSD-Verein würde eine Aberkennung des Versammlungsstatus bedeuten, dass für die Sperrung des Terrassenufers entweder viel Geld gezahlt werden müsste oder das Fest gar nicht mehr stattfindet.

Die zuständige Ordnungsbürgermeisterin, Eva Jähnigen (Grüne), hatte bereits im vergangenen Jahr erklärt, das Schreiben entspreche nicht ihrer Tonalität und dem Anspruch der Behörde. Inhaltlich distanzierte sich die Stadt aber nicht.

Wird das CSD-Straßenfest 2024 stattfinden?

Mittlerweile haben mehrere Gespräche zwischen Jähnigen und den CSD-Verantwortlichen um Vorstandssprecher Ronald Zenker stattgefunden und eine Entscheidung ist gefallen. Das Straßenfest vom 30. Mai bis zum 1. Juni und der CSD insgesamt werden wie vor einigen Jahren auf dem Altmarkt stattfinden - der Umzug beziehungsweise die Demo startet und endet dort am 1. Juni.

Wie begründet die Stadt ihre Entscheidung?

Auf Anfrage von Sächsische.de sagt die Stadtverwaltung, die Versammlungsanzeige für den Altmarkt sei noch nicht abschließend bearbeitet. "Wir gehen davon aus, dass das Straßenfest des CSD auch weiterhin als Versammlung stattfindet. Insbesondere in diesem Jahr mit mehreren Wahlen wird es nach der uns bekannten Planung des CSD besonders viele Bezüge und Veranstaltungsteile auch auf dem Straßenfest auf politische Entscheidungen und Entwicklungen geben - was den Versammlungscharakter besonders deutlich macht."

Was sagt die Bürgermeisterin dazu?

Die Einschätzung als Versammlung hänge nicht vom Standort ab, sondern von den Inhalten. Daher gebe es hier keine Unterschiede zwischen dem Terrassenufer und dem Altmarkt, so die Stadt.

"Dresden soll eine Stadt sein, in der alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und geschlechtlichen Orientierung frei und in guter Nachbarschaft miteinander leben können", so Bürgermeisterin Jähnigen. "Dazu kann und will der CSD mit den angedachten vielfältigen Veranstaltungen, politischen Diskussionen und Gesprächsmöglichkeiten für alle Interessenten wichtige Beiträge im politischen Diskurs leisten. Da dieses schwerpunktbezogen auf dem Straßenfest stattfinden sollen, muss es auch Versammlungscharakter haben."

Was sagt der CSD-Vorstandssprecher?

Zenker begründet den Wechsel des Standortes so: "Wir haben im Vorstand intern entschieden, den CSD 2024 für den Altmarkt anzumelden." Das habe vor allem mit der Logistik der Bühne(n) zu tun. "Für das Terrassenufer benötigen wir eine spezielle Bühne, die sehr teuer ist. Auf dem Altmarkt können wir mehrere Bühnen aufstellen."

Jähnigen habe sich bei ihm für die Wortwahl in dem Schreiben entschuldigt. "Für mich hat sich die Angelegenheit erledigt, wenn das, was dort drin steht, tatsächlich keine Diskussionsgrundlage mehr ist" sagt er. "Aber ich gehe davon aus, dass wir auch künftig als Versammlung betrachtet werden."

Droht trotzdem neuer Ärger?

Das Thema könnte in einigen Jahren tatsächlich erneut hochkochen. Denn Zenker will im Fünf-Jahres-Rhythmus wieder auf das Terrassenufer - 2028 zum 35. CSD und dann wieder zum 40. und so weiter.

Die Stadt sagt dazu: "Das Terrassenufer war Ausweichstandort während der Bauarbeiten auf dem Altmarkt." Dieser biete mehrere Vorteile gegenüber dem Terrassenufer. "Hier sind die Verkehrseinschränkungen nicht so einschränkend und der Sperraufwand ist geringer. Nach der Modernisierung ist der Altmark zudem mit hochmoderner Infrastruktur für Veranstaltungen ausgestattet."

Allerdings will Zenker, dass der CSD und seine Anliegen auffallen, und dafür erhalte dieser mit der Sperrung des Terrassenufers mehr Aufmerksamkeit.