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Café Kuchenglocke in Dresden-Neustadt: Was das neue Team vorhat

Ein Vierergespann übernimmt ab Januar das Café "Heller's Kuchenglocke" an der Martin-Luther-Kirche. Wie die jungen Betreiber den Spagat zwischen liebgewonnenen Werten und neuen Ideen schaffen wollen.

Von Juliane Just
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Natalie Brindle und Tino Götz sind zwei von vier neuen Inhabern des Cafés Kuchenglocke in der Neustadt. Dort soll das, was die Kunden über Jahre liebgewonnen haben, mit neuen Ideen gekoppelt werden.
Natalie Brindle und Tino Götz sind zwei von vier neuen Inhabern des Cafés Kuchenglocke in der Neustadt. Dort soll das, was die Kunden über Jahre liebgewonnen haben, mit neuen Ideen gekoppelt werden. © Sven Ellger

Dresden. Noch sieht in "Heller's Kuchenglocke" alles aus wie immer. Hier der runde Tresen mit der Vitrine, in der immer Bio-Leckereien um die Gunst der Kunden werben. Dahinter die große Kaffeemaschine, die genauso große Pötte füllen kann. Einzig die Gesichter, die hinter dem Tresen lachen, sind andere als bisher. Dort stehen Tino Götz und Natalie Brindle - zwei Mitglieder eines Viererteams, das das beliebte Café Kuchenglocke ab Januar übernimmt.

Die "Neuen" in der Kuchenglocke haben aber alle eins gemeinsam: Sie haben sich in die Stadt Dresden verliebt. Gebürtig stammen sie aus Berlin, Düsseldorf, Hildesheim und der englischen Stadt Cambridge. Über verschiedene Wege kamen sie nach Dresden, genauer in die Neustadt und sind fast alle seit zehn Jahren im Kiez heimisch. Der Dreh- und Angelpunkt des Vierergespanns ist der Kulturverein Palais Palett, in dem sie sich seit vielen Jahren engagieren.

"Als ich gelesen habe, dass das Café Kuchenglocke schließen soll, hatte ich einen Blitzgedanken: Wir machen das zu viert", erinnert sich Tino Götz. Die Kenntnisse und Fähigkeiten von ihm und seinen Mitstreitern würden sich ähneln, auch die Lebensläufe und Vorstellungen vom Leben. "Es wäre doch schade, wenn es das hier nicht mehr gibt", sagt Götz und zeigt auf die Räume der Kuchenglocke.

Quereinsteiger in der Gastronomie-Branche

Also packten sie es an. Beruflich kommen die vier Neuen aus den Bereichen Verkehrspsychologie, Buchhaltung, Bildung und Politik - eine sehr bunte Mischung. "Wir haben alle eine gewisse Leidenschaft zu Gastronomie, sind aber Quereinsteiger", so Götz. Doch die Gastronomie ziehe sich wie ein roter Faden durch ihre Leben - und soll nun in der Übernahme des beliebten Neustadt-Cafés gipfeln. "Es ist ein großer Schritt, aber wir wagen ihn lieber jetzt als später", beschreibt Götz. Alle vier neuen Chefs sind um die 30 Jahre alt.

Dass nun vier Personen das machen, was Martin Heller als Chef bislang allein gestemmt hat, ist kein Zufall. "Es ist ein geteiltes Risiko für uns und die Arbeit kann auf mehrere Schultern verteilt werden", sagt Tino Götz. Der jetzige Chef Martin Heller musste seine Kuchenglocke nach sieben Jahren aus persönlichen Gründen aufgeben. Familie und Privates seien zu lange auf der Strecke geblieben. "Ich konnte meiner Rolle als Konditor, Chef und Vater nicht gleichzeitig gerecht werden", sagte er im Juni im Interview mit Sächsische.de.

Vier junge Neustädter und Neustädterinnen und mittendrin der alte Chef: Martin Heller (Mitte) übergibt seine "Kuchenglocke" im neuen Jahr an Marvin Heinemann (v.l.), Natalie Brindle Tino Götz und Lisa Schaefer.
Vier junge Neustädter und Neustädterinnen und mittendrin der alte Chef: Martin Heller (Mitte) übergibt seine "Kuchenglocke" im neuen Jahr an Marvin Heinemann (v.l.), Natalie Brindle Tino Götz und Lisa Schaefer. © privat

Für die Kunden ändert sich vorerst nichts. Bei der Übernahme am 1. Januar 2023 bleibt es bei den bisherigen Öffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag in der Zeit von 8 bis 18 Uhr, in denen die Bio-Backwaren ausschließlich außer Haus verkauft werden. Die Leckereien kommen auch weiterhin aus der Bio-Bäckerei und Konditorei "Bucheckchen". Das ist Martin Hellers elterlicher Betrieb, in den er nun auch wieder einsteigt.

Preiserhöhungen im Bio-Segment unumgänglich

Um Preiserhöhungen kommen auch die Neu-Gastronomen nicht herum. Seit Monaten steigen die Lebensmittelpreise, so auch bei den Lieferanten der Kuchenglocke. "Die Preisexplosionen machen uns gerade im Bio-Bereich Sorgen", sagt Götz. Trotzdem ist er sich sicher, dass Kultur und Genuss für die Dresdner wichtig bleiben - auch bei dünnerem Geldbeutel.

Im März 2023 soll das Lokal dann auch wieder offiziell für Kundschaft öffnen. Dann gibt es einen Mittagstisch à la carte, der erweitert wird und "rustikaler" werden soll. "Wir werden aber kein McDonalds", verspricht Götz. Backwaren und Kaffee werden wie bisher angeboten. Außerdem soll es abends Snacks geben und die Möglichkeit für Gäste, in lauen Sommernächten bei einem Wein zusammenzusitzen.

"Wir müssen den Spagat schaffen zwischen dem, was die Kunden gern behalten wollen, und dem, was wir umsetzen wollen", sagt Natalie Brindle. Die gebürtige Engländerin hat einen Vollzeitjob als Büroleiterin im Bereich Politik und wird künftig die Strippen aus der Ferne mitziehen.

Gastraum des Cafés soll umgestaltet werden

"Wir wollen einen eigenen Stempel, aber trotzdem die Dinge behalten, die uns allen am Herzen liegen und die Werte verkörpern, für die die Kuchenglocke immer stand und stehen wird", so Götz. Das neue Team kann sich beispielsweise vorstellen, Lesungen und kleine Konzerte in dem Café zu etablieren.

Außerdem soll der Gastraum bis März umgestaltet werden. Ein bisschen schlichter soll es dann aussehen, so das Team. Auch einen neuen Namen soll das Café bekommen, der ebenfalls ausdrücken soll, dass sich in dem Lokal an der Ecke zur Pulsnitzer Straße Altbewährtes und Neues begegnet.

Dass das Team in große Fußstapfen tritt, ist allen Vieren bewusst - immerhin war das Café 2021 erst als eines der besten in Deutschland ausgezeichnet worden. "Das ist schon eine Messlatte", sagt Tino Götz. Doch er und seine Mitstreiter sind sich sicher, dass Gäste kleine Ruckeleien anfangs mit Verständnis begegnen - solange die Kuchenglocke bleibt.