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Der "Platzhirsch" verteidigt sein Revier in Dresden

20 Jahre lang hatte Heiko Meyer den "Altmarktkeller" unter seiner Fuchtel, nun fängt er 100 Meter weiter neu an. Dort ist der Hirsch das Tier schlechthin.

Von Juliane Just
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Der Hirsch ist sein Maskottchen: Heiko Meyer eröffnet das Restaurant "Platzhirsch am Schlosseck". Dort wird sächsische Küche gepaart mit internationalen Einflüssen.
Der Hirsch ist sein Maskottchen: Heiko Meyer eröffnet das Restaurant "Platzhirsch am Schlosseck". Dort wird sächsische Küche gepaart mit internationalen Einflüssen. © Christian Juppe

Dresden. Es ist wie eine Art Wimmelbild. Überall verstecken sich Geweihe und Hirsche - sei es bei der Deko, beim Geschirr oder auf der Speisekarte. Inzwischen weiß Heiko Meyer selbst nicht mehr, wie viele Hirsche er in seinem neuen Restaurant integriert hat. Im "Platzhirsch am Schlosseck" ist der Name eben Programm.

"Eigentlich war 'Platzhirsch' lediglich der Arbeitstitel", sagt der 58-Jährige und schmunzelt. Seine erste Striezelmarkthütte trug diesen Namen und sollte ein Seitenhieb für alle Mitbewerber um die Glühwein-Schlürfenden sein. "Aber den Namen muss man sich auch verdienen", sagt er. Der Eigentümer des Hauses war anfangs nicht so begeistert von dem Namen, stellte sich eine düstere Kneipe im Jägerhütten-Stil vor. Doch Meyer, ganz Geschäftsmann, konnte überzeugen.

Nach verruchter Altherren-Kneipe sieht das neue Restaurant ganz und gar nicht aus. Warme Holzelemente sind hier gepaart mit modernen Accessoires und - nicht zu vergessen - den zahlreichen Hirschen. Ganz anders mutet es an als das, was Heiko Meyer bisher in seinen Fittichen wusste. 20 Jahre lang war er Chef des "Altmarktkellers - Dresdner Bierhaus". Der Mietvertrag dort lief aus und Meyer war nicht bereit, zu den vorgelegten Konditionen zu verlängern. Außerdem schwebte ihm seit einiger Zeit diese Hirsch-Idee im Kopf herum.

Sächsische Hausmannskost mal verspielt

"Für den Ruhestand bin ich wohl noch zehn Jahre zu jung. Also war es Zeit, etwas Neues zu beginnen", sagt der 58-Jährige, den Schelm immer im Nacken. "Wir sind nur 100 Meter entfernt, haben aber ein komplett neues Konzept." Das lässt sich nicht nur optisch, sondern auch kulinarisch feststellen. Der Gastronom möchte bei der sächsischen Hausmannskost bleiben, sie aber mit neuen, internationalen Ideen paaren. Mit Gourmetkoch Jean-Luc Renaud, früherer Küchenchef im Pillnitzer Schlosshotel, hat er sich einen kreativen Kopf ins Haus geholt.

Der Gartenzwerg ist die einzige Figur im Restaurant, die kein Hirsch ist. Den hat Schauspieler Wolfgang Stumph dem Platzhirsch-Inhaber zur Eröffnung geschenkt. Er ist einer von mehreren Zwerg-Requisiten aus dem Film "Go Trabi Go 2".
Der Gartenzwerg ist die einzige Figur im Restaurant, die kein Hirsch ist. Den hat Schauspieler Wolfgang Stumph dem Platzhirsch-Inhaber zur Eröffnung geschenkt. Er ist einer von mehreren Zwerg-Requisiten aus dem Film "Go Trabi Go 2". © Christian Juppe

Nun gibt es beispielsweise "Ragout von der Hirschkeule in sächsischem Rotwein geköchelt, dazu Pilz-Semmelknödel und Preiselbeer-Schmand" anstatt Rindergulasch mit Böhmischen Knödeln. Etepetete statt sächsischem Hau-rein also? "Nein, man soll bei uns jetzt keine Gourmetküche erwarten, wir wollen gern für jeden Bürger etwas auf der Karte haben", sagt der Chef. Man wollte von der klassischen Schweinshaxe abrücken und etwas "Verspieltes" hinzufügen.

Dafür sorgen im täglichen Betrieb insgesamt 22 Personen, die Meyer allesamt vom Altmarktkeller in die Schlossstraße umgezogen hat. "Wir haben dem Personal die Wahl gelassen, ob sie mitkommen oder bleiben wollen. Es sind fast alle mit ins neue Domizil gekommen", sagt er. So weiß der erfahrene Gastronom ein eingespieltes Team im Rücken. Und sie danken es ihm, denn nach vielen Jahren "unter Tage" sehen die Mitarbeiter während des Servierens nun Tageslicht.

Doch wie kommt man auf die Idee, ausgerechnet in diesen Krisenzeiten ein neues Restaurant zu eröffnen? "Ich habe den Mietvertrag im Februar 2020 unterschrieben. Kurz danach kam der Lockdown", sagt Heiko Meyer. "Wäre das vorher passiert, hätte ich es mir bestimmt nochmal überlegt." Doch die Pläne waren fertig, die Einrichtung geplant - also los! Die Laufkundschaft dankt es ihm jetzt, auch wenn die Kontrolle der 2G-Regelung einen höheren Aufwand für das Personal bedeutet. "Die Leute sehen uns, wir fallen hier auf", sagt Heiko Meyer sichtlich zufrieden. Wie zum Beweis schwingt hinter ihm die Tür auf und sechs Gäste strecken neugierig ihre Hälse herein.