Dresden. Das ging richtig schnell: An der Stelle, wo einst das Selbstbedienungsrestaurant "Picknick" auf der Grunaer Straße stand, ist innerhalb weniger Monate ein Rohbau bereits auf vier Stockwerke hochgewachsen. Sieben Etagen soll der Neubau insgesamt bekommen. Die Firma Immvest Wolf errichtet das Wohn- und Geschäftshaus, das große Mietergärten und einen Spielplatz auf dem Dach erhalten soll. Vorausgegangen war ein architektonisches Werkstattverfahren, um eine gute Lösung für diese sensible Stelle nahe dem Straßburger Platz zu finden. Gewonnen haben Leinert Lorenz Architekten aus Dresden, die eine Fassade aus grünen Blechplatten vorsehen.
"In zwei Monaten soll der Rohbau fertig sein, dafür wird auch samstags gearbeitet", sagt Steffen Funk, der Dresdner Niederlassungsleiter von Immvest Wolf, die zur Quarterback AG gehört. Mitte März sollen in den unteren Geschossen die Arbeiten zum Innenausbau starten. Ziel ist, das Gebäude Ende des Jahres fertiggestellt zu haben. Es ist bereits komplett an einen neuen Eigentümer verkauft, sagt Funk.
Im Erdgeschoss wird es rund 500 Quadratmeter Gewerbefläche geben. Momentan geht der Bauherr von vier Einheiten aus, in denen zum Beispiel ein Bäcker einziehen könnte. "Wir können die Fläche aber auch zusammenlegen, wenn es solche Mieterwünsche gibt", sagt Funk.
Eines aber wird nicht möglich sein: Dass an der Stelle wieder Gastronomie einzieht, wie sie einst im "Picknick", den meisten Dresdner besser bekannt als "Dreckscher Löffel", angeboten wurde. "Dafür sind die Gewerbeflächen nicht ausgestattet, es gibt keinen Fettabscheider", erklärt der Niederlassungsleiter. Eine Reminiszenz an das alte Gebäude, in dem viele Dresdner zu DDR-Zeiten und bis zu Beginn der 1990er-Jahre ein schnelles und preisgünstiges Essen zu sich genommen haben, wird es also nicht geben.
Nachdem sich jahrzehntelang eigentlich niemand mehr für den "Dreckschen Löffel" interessiert hatte, gab es 2021 zahlreiche Veranstaltungen, um Abschied vom Haus zu nehmen und Erinnerungen an Besuche des Lokals darin aufzuwärmen. Das Stadtmuseum zeigte im Originalgebäude anhand historischer Fotografien, aktueller Modelle und Pläne sowie mit der Original-Leuchtreklame "pick-nick" und dem Schriftzug "Gastronom" die Entstehung des Baus und dessen Nutzung.
Studierende der Fakultät Architektur der TU Dresden haben mit dem Flachbau aus sozialistischen Zeiten gespielt und ihn in ihren Entwürfen in eine moderne Ausstellungshalle als Museum der Ostmoderne integriert. Herausgekommen sind Gebäude mit außergewöhnlichen Dächern, die sich an den Betonformsteinen orientieren, die eine Seite des "Picknicks" schmückten.
Auch Architekt Günter Gruner kam in einer Diskussionsrunde noch einmal zu Wort und erinnerte sich an die Zeit Anfang der 1960er Jahre, als das Haus entworfen wurde. Die Aufgabenstellung für ihn und seine Kollegen Herbert Löschau und Gerhard Landgraf vom VEB Hochbauprojektierung Dresden war, eine passende Hülle für ein Selbstbedienungsrestaurant zu entwerfen, die weniger ästhetischen, sondern in erster Linie praktischen Ansprüchen einer Schnellgastronomie gerecht werden sollte. Zweckmäßigkeit stand über allem.
Kunden sollten schnell das gewünschte Essen aussuchen, schnell bezahlen, schnell essen und schnell wieder raus sein. "Großzügigkeit ging nicht. Hinzu kam die Materialknappheit. Wir konnten nur damit planen, was es gerade gab, wie zwei Mal zwei Meter große Fenster", erinnert sich der inzwischen 90-jährige Gruner an die Zeit, in der das "Picknick" entstanden ist. Trotz aller Beschränkungen haben er und seine Mitstreiter damals nach Holland geschaut, wo moderne Flachbauten entstanden.