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Erste Wohnungen im früheren Lahmann-Sanatorium in Dresden fertig

Nach einer Insolvenz passierte lange nichts am Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Lahmann-Sanatoriums in Dresden. Seit 2022 wird wieder gebaut. Jetzt sind die ersten Wohnungen bezugsfertig.

Von Kay Haufe
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Das Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Lahmann-Sanatoriums in Dresden besteht aus zwei Teilen. Im ersten (r.)  sind sieben Wohnungen jetzt bezugsfertig.
Das Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Lahmann-Sanatoriums in Dresden besteht aus zwei Teilen. Im ersten (r.) sind sieben Wohnungen jetzt bezugsfertig. © Matthias Rietschel

Dresden. Auf dieser Baustelle geht es zu wie in einem Bienenschwarm. Auf dem Dach verlegen die Profis letzte Biberschwänze. Im Treppenhaus wird ein Bogen verputzt, Trockenbauer wechseln von einem Stockwerk ins nächste, um in den im Rohbau fertigen Wohnungen letzte Handgriffe an den Wänden und Decken zu erledigen. Selten war es im ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Lahmann-Sanatoriums an der Bautzner Landstraße so voll wie aktuell, wo rund 30 Baufachleute arbeiten. "Im Vorjahr waren wir froh, wenn 12 bis 15 Leute da waren", sagt Architekt Gunter Hildebrandt, der das Projekt betreut. Das hat auch etwas Zeitverzug gebracht.

Eigentlich sollte der erste der beiden Gebäudeteile schon Ende 2023 bezugsfertig sein. Jetzt hat sich der Termin auf Ostern 2024 verschoben. Am flacheren Abschnitt des Wirtschaftsgebäudes ist die helle Fassade mit den hellgrünen Fensterläden schon eine Weile fertig. Im Inneren sind sieben Wohnungen entstanden, die bis auf eine alle einen Balkon haben. Im Hof werden zudem eine Fläche für Stellplätze und die Grünanlagen in den kommenden zwei Wochen fertig.

Wer im denkmalgeschützten Haus mit interessanter Geschichte und nahe an der Dresdner Heide wohnen will, muss dafür allerdings tief in die Tasche greifen. Für eine 215 Quadratmeter große Sechs-Raum-Wohnung werden 3.790 Euro Kaltmiete aufgerufen, dazu kommen 640 Euro Nebenkosten, in Summe also 4.430 Euro. Etwas günstiger ist eine rund 85 Quadratmeter große Drei-Raum-Wohnung für 1.400 Euro kalt und 1.650 Euro warm.

Eines der ersten Stahlbetonbauten in Dresden

Noch bis zum Juli wird am höheren Hausteil gearbeitet. Darin befanden sich zu Lahmanns Zeiten die Maschinenhalle und die Waschküche für das Sanatorium. In die fast sechs Meter hohe Halle sind jetzt Zwischendecken eingezogen worden, in ihr finden zwei Maisonettewohnungen Platz. Insgesamt entstehen im größeren Gebäudeteil 14 Wohnungen, darunter eine große mit rund 155 Quadratmetern im Dachgeschoss. In ihr wird auch die alte Dachkonstruktion sichtbar sein, die erhalten wird.

Das Gebäude, das 1913/14 nach Plänen der Reform-Architekten Rudolf Schilling und Julius Graebner gebaut wurde und das heute unter Denkmalschutz steht, ist eines der ältesten Stahlbetonbauten in Dresden. Damals wurde aber noch mit deutlich dünneren Decken gearbeitet als heute. "Es ist ein sehr komplexes Bauvorhaben und unser Statiker hat das wirklich gut gelöst", sagt Architekt Gunter Hildebrandt.

Jede der 14 Wohnungen ist anders geschnitten

Ab der kommenden Woche wird Estrich auf die Stahlbetondecken aufgetragen. Jede der 14 Wohnungen ist anders geschnitten und die meisten haben unterschiedliche Fensterformen, die Palette reicht von bodentiefen geraden Fenstern, bis zu halbrunden und runden Exemplaren, die den Räumen ein ganz besonderes Ambiente verleihen.

Das alte Geländer im Treppenhaus wurde aufgearbeitet und nach heutigen Sicherheitsanforderungen mit einem Aufsatz um zehn Zentimeter erhöht. In ihm ist eine kleine Palme eingearbeitet. Dieses Motiv hat Hildebrandt für die Balkon-Stahlgeländer aufgenommen, die das strenge Gestänge gekonnt auflockern. Erst kurz vor Fertigstellung des zweiten Gebäudeteiles werden die Balkone dafür per Kran eingehoben und montiert. Die Wohnungen zur Straße und weitere, in denen es Gutachten zur Lautstärke vorsehen, haben Schallschutzfenster erhalten. In beiden Hausbereichen gibt es einen Aufzug.

Architekt Gunter Hildebrandt betreut das Bauvorhaben seit 2018 mit Unterbrechungen und hat auch die Wohnungsgrundrisse überarbeitet.
Architekt Gunter Hildebrandt betreut das Bauvorhaben seit 2018 mit Unterbrechungen und hat auch die Wohnungsgrundrisse überarbeitet. © Matthias Rietschel

Neben den menschlichen Bewohnern wird es, wie an vielen anderen Gebäuden des Lahmann-Sanatoriums, auch tierische Gäste geben. Ein Teil des Daches sowie des Türmchens wird den vielen Arten von Fledermäusen im Sommer vorbehalten sein, die wie nebenan im ehemaligen Speisesaal auch im Wirtschaftsgebäude Unterschlupf gefunden haben. Für sie wird es außerdem ein Einflugbauwerk zu den Winterquartieren in den darunterliegenden Stollen geben.

Insolvenz und Stillstand am Lahmann-Sanatorium

Gunter Hildebrandt war bereits seit 2018 mit der Sanierung des Gebäudes betraut. Doch dann wechselte der Bauträger und es kam zu einer Insolvenz. Danach war der Architekt raus und musste zusehen, wie das Haus während der Insolvenzzeit mit Planen gegen eindringendes Wasser gesichert wurde.

Die neue Besitzerin, eine Investorin aus Hessen, die bereits mehrere Gebäude in Leipzig und anderen deutschen Städten neu bauen und sanieren ließ, holte Hildebrandt wieder ins Boot. 2021 hat er die Planung überarbeitet, seit 2022 wird wieder am Gebäude gearbeitet.

Das Wirtschaftsgebäude befindet sich direkt an der Bautzner Landstraße. Im Juli soll auch das größere Gebäude (r.) fertig sein.
Das Wirtschaftsgebäude befindet sich direkt an der Bautzner Landstraße. Im Juli soll auch das größere Gebäude (r.) fertig sein. © Matthias Rietschel
Schönes Detail im historischen Treppengeländer und an den Balkongeländern: die Palme. Das Treppengeländer musste aus Sicherheitsgründen erhöht werden.
Schönes Detail im historischen Treppengeländer und an den Balkongeländern: die Palme. Das Treppengeländer musste aus Sicherheitsgründen erhöht werden. © Matthias Rietschel
In den Wohnungen im Dachgeschoss wird der alte Dachstuhl des Lahmann-Sanatoriums sichtbar sein.
In den Wohnungen im Dachgeschoss wird der alte Dachstuhl des Lahmann-Sanatoriums sichtbar sein. © Matthias Rietschel
Das Türmchen mit der Hirsch-Wetterfahne und Uhren an allen Seiten wurde originalgetreu nachgefertigt.
Das Türmchen mit der Hirsch-Wetterfahne und Uhren an allen Seiten wurde originalgetreu nachgefertigt. © Matthias Rietschel
So soll das Wirtschaftsgebäude aussehen, wenn alles fertig ist. Nur die Balkongeländer sind etwas verändert.
So soll das Wirtschaftsgebäude aussehen, wenn alles fertig ist. Nur die Balkongeländer sind etwas verändert. © Visualisierung: Gunter Hildebrandt Architekten

Goldener Hirsch als Wetterfahne auf dem Dach

Die Hausbesitzerin legt Wert auf den Erhalt historischer Details. So erhielt das kleine Türmchen auf dem Dach im vorigen August seine Zierde zurück. Ein Goldener Hirsch prangt als Wetterfahne auf einer silbernen Kugel über dem Dach an der Bautzner Landstraße.

Fachleute der Firma Ostmann Hempel haben den Schmuck fachgerecht montiert. Zuvor hatten sie die beiden Elemente anhand des im Lapidarium lagernden Originals neu angefertigt. Die Kugel aus Zink, den Hirsch aus Edelstahl, der mit Blattgold belegt wurde. Uhren-Ziffernblätter schmücken jede Seite des kleinen Turmes auf dem Dach, sodass die Zeit überall ablesbar sein wird.