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DDR-Bronzeplastik: Warum verschwand die "Sinnende" vor der Cityherberge in Dresden?

Die einstige Cityherberge in Dresden wird zur Asyl-Unterkunft. Plötzlich verschwand die Plastik einer nackten Frau aus dem Eingangsbereich. Wer das veranlasst hat.

Von Dirk Hein
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Vor der zukünftig als Asyl-Unterkunft genutzten Cityherberge in Dresden verschwand die "Sinnende", die Bronze-Plastik einer nackten Frau.
Vor der zukünftig als Asyl-Unterkunft genutzten Cityherberge in Dresden verschwand die "Sinnende", die Bronze-Plastik einer nackten Frau. © René Meinig

Dresden. Das Rathaus der Landeshauptstadt benötigt Platz - für die eigenen Mitarbeiter und für Asylbewerber, die der Stadt dieses Jahr noch zugewiesen werden sollen. Unter hohem Zeitdruck konnte Dresden unter anderem dafür die einstige Cityherberge anmieten. Weil eine bekannte Skulptur aus dem Sichtbereich verschwunden ist, gibt es Ärger.

Was Dresden mit der Cityherberge vorhat

Das ehemalige Robotron-Areal in der Innenstadt ist eine der letzten großen Bauflächen in der City. Das Atrium I wurde bereits abgerissen. Dort werden Wohnungen gebaut. Die TLG als Eigentümerin will das "Pirnaische Tor", in dem noch 700 Rathaus-Mitarbeiter untergebracht sind, abreißen lassen. Die Zukunft der Robotron-Kantine ist weiter offen. Zuletzt war erneut ein Rückbau im Gespräch.

Auch der Gebäudekomplex mit der Cityherberge sollte eigentlich weg. 2022 änderte der Investor Gateway jedoch seine Pläne. Stattdessen sollte umgebaut und saniert werden. Weil wenig später absehbar war, dass Dresden viele Flüchtlinge zusätzlich unterbringen muss, erfolgte eine erneute Kehrtwende.

Das Objekt bleibt nun weitgehend unsaniert und wird weiter Bürofläche für Rathaus-Personal und neu als Unterkunft für Geflüchtete genutzt. Die Stadt mietet für zunächst zehn Jahre. In den Räumen der ehemaligen Cityherberge werden in 137 Zimmern Geflüchtete untergebracht. Ab 1. September sollen erste Menschen einziehen. Die Unterkunft bietet zunächst bis zu 140 Geflüchteten Platz. Perspektivisch kann die Kapazität verdoppelt werden.

Wo die "Sinnende" jetzt ist

Im direkten Eingangsbereich der einstigen "Cityherberge" stand viele Jahre die "Sinnende". Die Bronzeplastik stammt von Horst Brühmann (1942-2014) und wurde 1976 in Dresden als Kunst am Bau aufgestellt. Der aus Dessau stammende Brühmann schuf das Kunstwerk schon ein Jahr früher für den Friedensplatz am Anhaltischen Theater Dessau. Kopien folgten in Dresden, Halle-Neustadt und Berlin. Das Kunstwerk zeigt jeweils eine nackte Frau.

Mittlerweile ist die "Sinnende" von ihrem angestammten Platz vor der einstigen Cityherberge verschwunden. Gestohlen wurde das Kunstwerk jedoch nicht, es wurde bewusst umgesetzt. Statt im Eingangsbereich der zukünftigen Asyl-Unterkunft steht die Plastik nun im Innenhof des großen Bürokomplexes.

Die "Sinnende" steht nun im Innenhof des Büro-Komplexes. Die Außenfläche soll neu gestaltet werden.
Die "Sinnende" steht nun im Innenhof des Büro-Komplexes. Die Außenfläche soll neu gestaltet werden. © René Meinig

Auf Nachfrage sagt das Rathaus: "Am neuen Standort ist angedacht, eine Außenfläche für Seminarteilnehmer der Landeshauptstadt und des Institute Français zu schaffen. Mit der Bronzeplastik soll eine angenehme und einladende Atmosphäre entstehen."

Allerdings hat das Rathaus keinen Einfluss auf den Umzug des Kunstwerkes. "Die Bronzeplastik befindet sich nicht im Eigentum der Landeshauptstadt Dresden." Derzeit erfolge die Prüfung, ob die Bronzeplastik in das Eigentum der Landeshauptstadt rückübertragen werden kann. "Sollte dies möglich sein, wird untersucht, ob die Bronzeplastik an dem jetzigen Standort verbleiben kann oder auf eine städtische Fläche umgesetzt werden sollte."

Einige Anwohner ärgert der Umzug, sie vermuten einen Zusammenhang mit der Asyl-Unterkunft: "Verstecken wir jetzt schon unsere Kunst und Kultur?" Der Eigentümer der Cityherberge ließ eine Anfrage zu den Gründen des Umzuges unbeantwortet.