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Geld-Streit: Kultur gegen "blöden Fernsehturm"

Dresden will die Mittel für die Kultur kürzen. Das treibt einen Keil zwischen große Kultur-Häuser und freie Künstler, wie eine Debatte am Sonntag gezeigt hat.

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Was ist wichtiger für Dresden? Geld für den Fernsehturm oder die Kultur? Das war ein Thema einer Diskussionsrunde am Sonntag.
Was ist wichtiger für Dresden? Geld für den Fernsehturm oder die Kultur? Das war ein Thema einer Diskussionsrunde am Sonntag. ©  Archiv/Ronald Bonss

Dresden. Diese Frage dürfte so einige Dresdner ärgern: „Wieso wollen wir den blöden Fernsehturm?“ Torsten Tannenberg, Geschäftsführer des Sächsischen Musikrats, hält mit seiner Meinung zur Wiedereröffnung des Bauwerks in Wachwitz nicht hinter dem Berg. Er ist einer von fünf Podiumsgästen, die am Sonntag im Schauspielhaus über die Kulturfinanzierung in Dresden diskutieren. Tannenberg meint: Die Stadt brauche den Turm nicht, wenn sie nicht das, was sie ohnehin schon hat, „durchfinanzieren“ kann. Und dazu gehört die Kultur.

Dresden ist wegen der Corona-Krise in Geldnot geraten. Die Stadt nimmt weniger Steuern ein, sie hat also weniger Geld zum Ausgeben. Schulden kommen für die Verwaltung nicht infrage. Zwar erhält die Kultur etwas mehr Geld, als Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) zunächst angedeutet hatte. Dennoch bleibt eine Lücke. Ohne Abstriche gehe es nicht, so das Stadtoberhaupt am vergangenen Donnerstag.

Sind freie Künstler zu naiv?

Die hochgelobte Rolle, die die Kultur in Dresden spiele, spiegele sich nicht ausreichend wieder, wenn es um ihre Finanzierung geht, sind sich die Gäste am Sonntag einig. Kulturbürgermeistern Annekatrin Klepsch (Die Linke) sieht sich daraufhin gezwungen, darauf hinzuweisen, dass es bei der Kulturfinanzierung nicht darum gehe, große Institutionen zu Lasten der freien Szene zu unterstützen. Ausgaben für die bekannten Häuser seien schließlich auch eine Unterstützung für die Freien. Denn öffentliche Kultureinrichtungen könnten nur kreativ sein, wenn sie auch auf freie Künstler setzten, so Klepsch. Sie macht die Zwangslage deutlich, in der sich die Stadt befindet: Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst könnten schnell dazu führen, dass sie mehr Geld einplanen müssen, mit denen Löhne und Gehälter bezahlt werden.

Helge-Björn Meyer vom Landesverband Soziokultur Sachsen lässt das aber nicht unwidersprochen. 86 Prozent der freien Künstler sähen sich in ihrer Existenz bedroht, habe eine Corona-Umfrage des Verbands mit 93 Teilnehmern ergeben. 38 davon kommen aus Dresden, berichtet Meyer, der in dem Landesverband für die Servicestelle Freie Szene verantwortlich ist. Er sieht in der Kultur eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ mit fest angestellten Künstlern auf der einen Seite und freien Kulturschaffenden auf der anderen. Carena Schlewitt, Intendantin in Hellerau, spricht sich für eine möglichst enge Zusammenarbeit dieser „zwei Klassen“ aus, jetzt erst recht.

Auf Tannenbergs Formulierung, freie Künstler seien oft naiv, die Mehrheit sei noch nicht „in dieser Gesellschaft angekommen“, sondern verwirkliche sich vor allem selbst, gibt es einhellig Kritik. Tannenberg meint, viele Künstler seien nicht ausreichend in der Lage, die nötigen Formalitäten für ihren Alltag abzuwickeln, zum Beispiel Rechnungen zu schreiben. Selbst Moderator Frank Richter widerspricht daraufhin. Naiv heiße ja nicht einfältig. Die eigentliche Bedeutung sei aufrichtig, ursprünglich, natürlich. (SZ/csp)

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