Dresden. Aus dem riesigen Industriekomplex in Dresden-Mitte hat sich in den letzten Jahren ein besonderer Kunst- und Kulturstandort entwickelt. Denkmalgeschützte Backsteinbauten wurden saniert, neue Gebäude sind hinzugekommen.
Noch ist der Wandel vom Kraftwerk, in dem seit 1900 rund 100 Jahre lang Strom für die Straßenbahn erzeugt wurde, nicht ganz abgeschlossen. Sächsische.de gibt einen Überblick, in welchen Gebäuden wieder Leben eingezogen und was noch geplant ist.
Theater, Kino und Events
Zwei große und traditionsreiche Dresdner Theater bilden das Herz des Kulturstandortes im Kraftwerk. 2016 waren die Staatsoperette Dresden sowie das Theater Junge Generation (TJG) jeweils vom Stadtrand - aus Briesnitz und Leuben - ins Dresdner Zentrum umgezogen. Im neuen Theaterkomplex vereinen sich Teile des Industriebaus mit modernen Neubauten (1). Seit Jahrzehnten ist die Operette mit ihren Musicals und Revuen ein Publikumsmagnet. Am neuen zentraleren Standort kommen noch mehr überregionale Gäste und Touristen aus dem Ausland in die Vorstellungen.
Übrigens: Für die lang ersehnte moderne, aber auch teure Spielstätte schnallte sogar das Ensemble den Gürtel enger: Von 2009 und bis 2021 verzichteten die Ensemblemitglieder der Staatsoperette auf acht Prozent ihres Gehaltes. Damit beteiligen sie sich mit 13 Millionen Euro am Theaterneubau, der insgesamt 100 Millionen kostete.
Mit über 600 Vorstellungen und 86.000 Gäste pro Spielzeit gehört das TJG heute - auch dank des Umzuges in die Innenstadt - zu den größten Kinder- und Jugendtheatern in Deutschland. Das Ensemble bespielt mit Theaterstücken und Puppenspiel drei Bühnen im Kraftwerk.
Neben den beiden Theaterstätten haben sich in Dresdens Mitte etliche weitere Kulturangebote etabliert. Schon seit 2010 finden im Stromwerk (28) an der Ecke von Könneritz- und Schweriner Straße Veranstaltungen mit bis zu 1.000 Gästen statt. In der großen Halle legen regelmäßig DJs auf, sie wird aber auch für Empfänge und Tagungen genutzt.
In der letzten Zeit wurde wurde der riesige Standort immer wieder umgestaltet und in seiner Funktionalität erweitert. Damit bietet das Stromwerk nun Platz für alle möglichen kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen, darunter auch Comedy-Abende, Konzerte und Sportevents. Auch deshalb wurde der Name von Kraftwerk Mitte Club in Kulturarena Stromwerk geändert.
Im Sommer 2020 - also mitten in der Corona-Krise - öffnete im alten Speicher (16) des Kraftwerks eine neue Gastronomie und ein Kino. Die "Kulturwirtschaft" im Erdgeschoss und das Zentralkino im Obergeschoss bieten ihren Gästen neben dem Filmerlebnis einen Restaurant- und Kneipenbesuch der besonderen Art. Im Programmkino werden vor allem Arthouse-Filme und Dokus gezeigt, in zwei Sälen ist Platz für 140 Kino-Fans.
Gastronomie und Brauerei
Die "Kulturwirtschaft" im Speicher ist neben dem "T1-Bistro" im Pförtnerhäuschen (4) die zweite Gastronomie, die René Kuhnt auf dem Kraftwerksgelände betreibt. Beide Kneipen zeichnen sich durch ihre besondere Innenausstattung mit viel Liebe zum Detail aus. Schlichter Industriecharakter wird von Kuhnt mit opulenten Kronleuchtern in Gold und vielen Pflanzen kombiniert. Hier treffen sich Künstler, Schauspieler und Kraftwerksbesucher im Restaurant, in der Zigarrenlounge und im Salon.
Um die Gastronomie im Theaterkomplex mit Operette und TJG (1) kümmern sich die Mitarbeiter des Luby-Service Dresden. Das Besondere: Vor den Vorstellungen und in den Pausen servieren hier auch Menschen mit geistiger Behinderung. In der Kantine werden die Theatermitarbeiter versorgt.
Auch in der ehemaligen Heizzentrale (7) am Wettiner Platz ist gastronomisches Leben eingezogen. Seit 2017 gibt es in der "Neuen Sachlichkeit" Mittags- und Abendgerichte. Platz ist für 30 Gäste, die Einrichtung des Innenraums orientiert sich mit viel Stahl und Holz am Namen der Kneipe.
Im kommenden Jahr kommt eine weitere Gastwirtschaft auf dem Areal dazu: Dann eröffnet im ehemaligen Lichtwerk gegenüber des Theaterkomplexes eine Schaubrauerei samt Ausschank . Die Biersorte Lohrmanns wurde an der TU Dresden mit wissenschaftlicher Hopfenkunde entwickelt. "Ein Bier mit universitärem Tiefgang und hoher akademischer Stammwürze" - so die Beschreibung.
Bildung und Kulturarbeit
Im westlichen Teil des Lichtwerks haben sich schon vor mehreren Jahren die Dresdner Musikpädagogen des Heinrich-Schütz-Konservatoriums und der Hochschule für Musik "Carl Maria von Weber" angesiedelt. Beide Einrichtungen sind seit 2016 beziehungsweise 2014 Mieter im Kraftwerksareal.
Bereits vor 20 Jahren eröffnete der städtische Versorger Drewag an der Könneritzstraße das Energie-Museum (26), in dem Exponate und Unikate aus der 100-jährigen Geschichte des Kraftwerks gezeigt werden.
In der Trafohalle (32) hat seit 2016 die Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen ihr Domizil, ein Jahr darauf zog in den industriell geprägten Räumen der Heizzentrale (7) das Unternehmen Neonworx ein, das freiberuflichen und selbstständigen Kreativen Platz zum Arbeiten und zum Austausch bietet.
Zum regelrechten Medienbildungszentrum hat sich die ehemalige Reaktanz (3) am Wettiner Platz entwickelt. Zu Beginn des vergangenen Jahres haben sich auf den vier Etagen vier Vereine zusammengefunden, unter anderem das Medienkulturzentrum Dresden und das Deutsche Institut für Animationsfilm. Hier werden Kinder und Jugendliche im Umgang mit Medien geschult, in einer Trickfilmschule können sie eigene Ideen und Animationsfilme entwickeln.
Eingerüstet ist derzeit die Villa (2) auf dem Kraftwerksareal, die sich am Wettiner Platz befindet. Sie wurde 1865 gebaut und ist das älteste Gebäude auf dem Gelände. Dort soll im kommenden Jahr das Kinder- und Elternzentrum "Kolibri" einziehen, das hier zum neuen Anlaufpunkt für Menschen unterschiedlicher Herkunft werden soll.
Ebenfalls im kommenden Jahr wird im Lichtwerk die Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit rund 12. Theaterpuppen ihre Ausstellung eröffnen.
Pläne gibt es inzwischen auch für die frühere Schaltanlage (30). Das Gebäude, das wegen seiner zellenartigen Struktur auch "Alcatraz" genannt wird, soll für das Technologiezentrum Dresden saniert werden und dient künftig als Standort für Start-up-Unternehmen aus der Dresdner IT-Branche.