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Prozess: Zungenkuss für untergebene Mitarbeiterinnen

Ein Dresdner Unternehmer soll Praktikantinnen begrapscht und belästigt haben. In dem Prozess haben jetzt drei Opfer ausgesagt.

Von Alexander Schneider
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Begrapscht und belästigt? In Dresden wird vor Gericht im Fall eines mutmaßlich übergriffigen Chefs verhandelt.
Begrapscht und belästigt? In Dresden wird vor Gericht im Fall eines mutmaßlich übergriffigen Chefs verhandelt. © dpa/David-Wolfgang Ebener (Symbolfoto)

Dresden. Die Vorwürfe der sexuellen Übergriffe sind zwar nicht besonders intensiv, doch das dahinter liegende Muster ist alles andere als harmlos. Ein 45-jähriger Unternehmer aus Dresden soll sich zwischen 2017 und 2019 an drei Frauen vergangen haben. Er bestreitet das entschieden. Die Frauen, so viel ist jetzt klar, standen alle in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis, waren neu in den Unternehmen des Angeklagten, Praktikantinnen oder Berufseinsteigerinnen.

Der Prozess läuft bereits seit Mitte Juni vor einem Schöffengericht des Amtsgerichts Dresden. Eine heute 30-jährige Frau aus Düsseldorf hatte den Stein ins Rollen gebracht. Sie hatte ihren Chef angezeigt, nachdem er ihr zu vorgerückter Stunde in der Bar eines Restaurants am Neumarkt unappetitlich nahe gekommen sein soll. Auf der Betriebsfete habe er ihren Kopf festgehalten und ihr einen Zungenkuss gegeben. Die Frau, sie war erst seit fünf Monaten als Trainee in dem Unternehmen, zog sofort Konsequenzen, war zunächst krangeschrieben und kündigte bald.

Schon Anfang März 2017 soll der Angeklagte eine weitere Frau auf die gleiche Art belästigt haben – auf der Abendveranstaltung einer Hotel-Messe in Berlin. Die heute 32-Jährige hatte Anfang 2017 im Marketing angefangen. Auch sie verließ das Unternehmen wenig später, meldete den Vorfall aber zunächst nur firmenintern.

Die dritte Geschädigte hatte von mehreren Übergriffen zwischen Ende 2017 und Anfang 2019 berichtet. Die heute 40-Jährige habe damals als Industriekauffrau in Ausbildung in den Unternehmen des Angeklagten angeheuert. Auch sie soll von dem Chef festgehalten, begrapscht und geküsst worden sein – etwa in der Dresdner Niederlassung, im Auto sowie in einem Hotel und einem Taxi in Frankfurt/Main.

Einvernehmlicher Sex?

Der Angeklagte selbst behauptete, er habe mit der Auszubildenden mehrfach einvernehmlichen Sex gehabt. Die anderen beiden Frauen hätten ihn wohl belastet, weil er ihnen jeweils kurz zuvor eröffnet habe, dass er mit ihren bis dahin gezeigten Leistungen nicht zufrieden gewesen sei.

Die beiden Verteidiger des Angeklagten setzten in den Vernehmungen die Geschädigten massiv unter Druck. So musste die 40-Jährige etwa wiederholt auf die Frage nach Sex mit dem Chef beantworten – die Zeugin blieb dabei, es habe keinen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gegeben.

"Der Angeklagte war zur Tatzeit für deutsche Niederlassungen einer internationalen Projektgesellschaft verantwortlich. Heute ist er Inhaber eines Unternehmens, das er damals bereits aufgebaut hatte.

Zunächst war der 45-Jährige nur von der couragierten 30-jährigen Frau angezeigt worden. Ein erster Prozess im September 2020 um die Vorwürfe bei der Betriebsfeier am Neumarkt war jedoch ausgesetzt worden – dann meldeten sich jedoch weitere mutmaßliche Opfer mit den neuen Vorwürfen. Der Prozess wird fortgesetzt.