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Ist die Solaranlage auf Dresdens Rathaus-Dach ein Minusgeschäft?

Photovoltaikanlagen rechnen sich nach etwa zehn Jahren. Die Anlage auf dem Dresdner Rathaus wird doppelt so lange brauchen. Das gefällt nicht allen im Stadtrat.

Von Dirk Hein
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Im Dresdner Rathaus werden auf die Hofseiten des Daches Photovoltaikmodule gebaut. Die Außenansicht bleibt unverändert.
Im Dresdner Rathaus werden auf die Hofseiten des Daches Photovoltaikmodule gebaut. Die Außenansicht bleibt unverändert. © Marion Doering

Dresden. Obwohl das Rathaus am Dr.-Külz-Ring unter Denkmalschutz steht, wird dort eine Photovoltaikanlage gebaut. Doch die rechnet sich frühestens nach zwanzig Jahren. Einige Räte zweifeln daher an der Wirtschaftlichkeit der Anlage. Wie der Streit ausgegangen ist.

Warum kommt eine Solaranlage auf das Rathausdach?

Lange Zeit waren Solaranlagen auf den Dächern denkmalgeschützter Bauwerke undenkbar. Mittlerweile hat ein Umdenken eingesetzt. "Wir sind sehr froh, mit dem Landesamt für Denkmalpflege eine Variante zur Errichtung der Photovoltaikanlage auf dem historischen Rathausdach gefunden zu haben, mit der alle zufrieden sind", sagt Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne).

Im gefundenen Kompromiss werden die Photovoltaikmodule nur auf die Innenhof-Dachflächen gebaut. Die Anordnung der Module wurde zudem "gestalterisch beruhigt". Damit und mit weiteren Vorgaben kann eine Leistung von 232.000 kWh Strom pro Jahr erreicht werden. Das reicht aus, um das Rathaus zu knapp 17 Prozent mit Energie zu versorgen. Pro Jahr sollen 125.100 Kilogramm CO₂ eingespart werden.

Der Bau soll im November starten und bis August 2025 dauern. Die Gesamtkosten betragen etwa 1, 3 Millionen Euro, davon entfallen rund 500.000 Euro auf die Photovoltaikanlage. 221.000 Euro werden für die Ertüchtigung des Rathausdachs, der Rest für die notwendigen Planungsleistungen ausgegeben. Die Investition wird dabei komplett über Fördergelder realisiert.

Ab wann rechnet sich die Anlage?

Die Photovoltaikanlage inklusive der notwendigen Unterkonstruktion wird sich nach Aussagen der Stadt nach 20 Jahren rechnen. Ab diesem Zeitpunkt sollen die eingesparten Energiekosten die Anschaffung- und Wartungskosten, jährlich sind das etwa 3.200 Euro, übertreffen. Geht die Rechnung der Stadt auf, "verdient" die Stadt ab dem 21. Jahr zuerst 62.400 Euro und später bis zu 72.300 Euro pro Jahr mit der Anlage.

Üblicherweise rechnen sich Photovoltaikanlagen nach einem Zeitraum von acht bis zwölf Jahren. Meist halten solche Installationen 30 Jahren bei nur geringem Verlust der Leistungswerte.

Für die Stadt hat die Anlage aber auch Vorzeigecharakter. "Wir zeigen damit, dass Umweltschutz und Denkmalschutz zusammengehen können, und das an prominenter Stelle im Stadtraum", so Bürgermeister Kühn.

Welche Kritik gibt es an der Anlage?

"Was die Stadt hier macht, ist eigentlich Symbolpolitik. Es stellt sich tatsächlich die Frage nach Kosten und Nutzen", sagt CDU-Fraktionschefin Heike Ahnert. Ihre Fraktion habe sich "mangels Alternativen" in der entscheidenden Abstimmung enthalten. Demnach hätte die Stadt keine anderen Projekte benennen können, für welche die vorhandenen Fördermittel hätten ausgegeben werden können. "Fördermittel verfallen zu lassen, ist für Dresden nicht sinnvoll."

AfD-Stadtrat Bernd Lommel zweifelt die Rechnung der Stadt an. "Die Zahlen stimmen nur dann, wenn es keine Reparaturen gibt. Wenn es schlecht läuft, dauert es vielleicht 25 Jahre, bis sich die Anlage rechnet." Kein privater Bauherr würde so einer Investition zustimmen. "Auch Fördermittel sind Steuergelder, ich bin gegen Symbolpolitik."

Jens Genschmar (Freie Wähler/Freie Bürger): "2007 habe ich genau zu diesem Thema einen Antrag gestellt. Damals musste das Rathaus-Dach saniert werden. Das hätte man mit einer Photovoltaikanlage kombinieren können." Damals lehnte der Denkmalschutz ab. Dennoch hat sich auch Genschmar in der jetzigen Abstimmung enthalten. "Angefangen bei den Kosten, über die Laufzeit, bis zum Brandschutz blieben zu viele Fragen offen." So hätte die Verwaltung nicht überzeugend darlegen können, inwieweit bei den Baukosten für die Anlage mit Kostensteigerungen zu rechnen ist.

Auch die Räte der Linken hatten Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit. "Die Symbolkraft der Anlage im Innenhof ist nicht erkennbar. Es wird eine Menge Stahl neu im Dach verbaut, das erzeugt viel CO₂. Wir reden jetzt über die geplanten Kosten, am Ende kommt die Schlussrechnung", sagt Stadtrat Tilo Wirtz.

Welche Gründe sprechen für die neue Anlage?

Die Kritik an der langen Zeitdauer, bis die Anlage sich endlich rechnet, kann Stadtrat Wolfgang Deppe (Grüne) nachvollziehen. "Die Anlage hat aber einen hohen symbolischen Wert für die Stadt. Wir haben es bisher nicht geschafft, solche Anlagen auf größere denkmalgeschützte Gebäude zu installieren."

Bei einer Lebenszeit von mindestens 30 Jahren rechne sich die Anlage zwar nicht schnell, "auf lange Sicht aber eben doch." Man habe auf dem Rathausdach zeigen können, das solche Anlagen wirtschaftlich zu betreiben seien.

Auch die SPD hat zugestimmt. "Die hohen Investitionskosten entstehen durch die neue Unterkonstruktion und die Planungskosten. Beide Kosten fallen nur einmal an. Was die Stadt hier macht, ist absolut verantwortbar", sagt Stefan Engel. Das Rathaus habe große Dachflächen. "Dieses Potenzial müssen wir nutzen."

Zudem hatte die FDP wenig Bedenken. "Die Stadt hat plausibel die Gründe erklärt, aufgrund der Fördermittel ist die Entscheidung vertretbar", sagt Stadtrat Christoph Blödner. Weil sich einige Räte enthalten haben, wurde der Plan der Stadt mit am Ende deutlicher Mehrheit angenommen.