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Letzte Brüstungen für die Augustusbrücke

In den Sandsteinwerken liegen die letzten der 2.000 Steine bereit. Warum diese wie rohe Eier behandelt werden und was als nächstes an der Brücke geschieht.

Von Peter Hilbert
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Sachgebietsleiter Holger Kalbe vom Straßenbauamt freut sich, dass etwa ein Drittel der Brüstung an der Augustusbrücke eingebaut ist.
Sachgebietsleiter Holger Kalbe vom Straßenbauamt freut sich, dass etwa ein Drittel der Brüstung an der Augustusbrücke eingebaut ist. © Sven Ellger

Dresden. Die Arbeiten auf Dresdens traditionsreichster Elbebrücke sind weit fortgeschritten. Seit 2018 wird die elbabwärts liegende Seite saniert. Zwar geht derzeit wegen der eisigen Kälte nichts mehr. Doch noch dieses Jahr soll die Sanierung, die 2017 begonnen hatte, weitgehend abgeschlossen werden.

Nicht nur die Augustusbrücke hat eine lange Tradition, sondern auch das einheimische Material, aus dem sie errichtet wurde – der Sandstein. Viele Steine können erhalten werden, auch wenn sie ausgebessert werden müssen. Andere Sandsteine sind hingegen so kaputt, dass sie ersetzt werden müssen. Als Produktionsleiter der Sächsischen Sandsteinwerke Pirna kümmert sich Uwe Jahr darum, dass das traditionelle sächsische Material hervorragend bearbeitet zur Augustusbrücke kommt.

Produktionsleiter Uwe Jahr steht vor den Brüstungssteinen für die Augustusbrücke, die in den Pirnaer Sandsteinwerken bearbeitet wurden.
Produktionsleiter Uwe Jahr steht vor den Brüstungssteinen für die Augustusbrücke, die in den Pirnaer Sandsteinwerken bearbeitet wurden. © SZ/Peter Hilbert

Der Abbau: 1.500 Tonnen aus Lohmener Steinbruch

Herausgebrochen und -gesprengt wurden die Blöcke an der Lohmener Mühlleite, einem der sechs Steinbrüche des Unternehmens rund um Pirna. Dort sind die Arbeiten aufgrund des Winters zwar derzeit unterbrochen. „Doch der Großteil für die Augustusbrücke ist ohnehin abgebaut“, sagt Jahr. Jetzt fehlen nur noch einzelne Steine, beispielsweise zur Restaurierung der Stirnflächen von Bögen.

Für die Augustusbrücke werden rund 1.500 Tonnen des harten Postaer Sandsteins benötigt, unter anderem für die Konsolsteine, für Pfeiler, Brüstungen und Bögen.

Aus diesem Steinbruch an der Lohmener Mühlleite kommt das Gestein für die Augustusbrücke. Entstanden ist es vor über 90 Millionen Jahren.
Aus diesem Steinbruch an der Lohmener Mühlleite kommt das Gestein für die Augustusbrücke. Entstanden ist es vor über 90 Millionen Jahren. © Norbert Millauer

Die Bearbeitung: Hier kommt es auf den Millimeter an

Seit 2017 fertigen die Sandsteinwerker die Steine für die Augustusbrücke, Mitte 2018 wurden die ersten davon geliefert. Zuerst bringen Steinsägemaschinen die Blöcke in die richtige Form. Steinmetze leisten in dem Pirnaer Werk dann die Feinarbeit. Mit Knüpfel und Scharriereisen haben sie zuletzt die Brüstungssteine so bearbeitet, dass sie dem historischen Vorbild entsprechen.

„Da kommt es auf den Millimeter an“, sagt der Produktionsleiter. „Der Großteil der Brüstungssteine ist hergestellt.“ Sie liegen zum Abtransport bereit. Die leichtesten von ihnen wiegen etwa zwei Zentner, die schwersten knapp zwei Tonnen. Dabei handelt es sich um solche Brüstungssteine, in denen die Fahrleitungsmasten der Straßenbahnen stehen.

Steinfräser Jörg Seubert nimmt vor der Bearbeitung Maß, damit er den Sandstein in die richtige Position bringen kann.
Steinfräser Jörg Seubert nimmt vor der Bearbeitung Maß, damit er den Sandstein in die richtige Position bringen kann. © Foto: Peter Hilbert

Der Einbau: Steine werden wie rohe Eier behandelt

Über den ersten drei Bögen auf der Altstädter Seite der Augustusbrücke stehen die wieder aufgebauten Sandstein-Brüstungen bereits. Darum kümmert sich Bauleiter Karsten Engelmann von den Sandsteinwerken, der dafür vier Spezialisten eingesetzt hat. Allerdings sind die Arbeiten derzeit unterbrochen. Erst, wenn der Frost aus dem Bauwerk gewichen und es wieder wärmer ist, können die Arbeiten fortgesetzt werden, erläutert Engelmann.

Zahlreiche Brüstungssteine liegen auf dem Hof der Sandsteinwerke zum Abtransport nach Dresden bereit. Bis zum Sommer sollen sie auf der Augustusbrücke eingebaut sein.
Zahlreiche Brüstungssteine liegen auf dem Hof der Sandsteinwerke zum Abtransport nach Dresden bereit. Bis zum Sommer sollen sie auf der Augustusbrücke eingebaut sein. © SZ/Peter Hilbert

Etwa 2.000 Brüstungssteine sind auf dieser Brückenseite abgebaut worden. Rund ein Drittel davon war so beschädigt, dass neue Steine hergestellt werden mussten. Die alten Steine sind genau nummeriert worden, damit sie an der gleichen Stelle wieder eingebaut werden können. So sind auch die neu gefertigten Steine gekennzeichnet.

„Beim Einbau müssen wir die Steine wie rohe Eier behandeln“, erklärt Engelmann. „Da dürfen keine Kanten abbrechen oder andere Schäden entstehen.“ Deshalb hat er dort besonders erfahrene Fachleute eingesetzt, die die Steine vorsichtig mit einem kleinen Bagger einsetzen.

Teilweise konnten alte Sandsteine wieder eingebaut werden. Hatten sie aber zu große Schäden, wurden sie durch neue ersetzt.
Teilweise konnten alte Sandsteine wieder eingebaut werden. Hatten sie aber zu große Schäden, wurden sie durch neue ersetzt. © Sven Ellger

Die Qualität: Sandsteinwerke als vorbildlich geehrt

In den Sächsischen Sandsteinwerken arbeiten 70 Beschäftigte. Sie haben unter anderem schon Sandsteine für die Eisenbahn-Marienbrücke, die Albertbrücke und zuletzt für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses hergestellt und eingebaut, erläutert Geschäftsführer Johannes Roßrucker. „Wir haben erfahrene Mitarbeiter, die über ein großes handwerkliches Geschick verfügen – vom Bildhauer bis hin zum Steinmetzlehrling. Unsere Ausbildung ist sehr attraktiv“. Deshalb seien die Sandsteinwerke von der Handwerkskammer Dresden 2018 als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet worden.

Die Sächsischen Sandsteinwerke haben deutschlandweit einen guten Ruf. Sie kümmern sich auch um den Berufsnachwuchs. Deshalb wurden sie als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb geehrt.
Die Sächsischen Sandsteinwerke haben deutschlandweit einen guten Ruf. Sie kümmern sich auch um den Berufsnachwuchs. Deshalb wurden sie als vorbildlicher Ausbildungsbetrieb geehrt. © Foto: Peter Hilbert

Der Zeitplan: Im Sommer ist zweiter Brückenfußweg frei

Bis zum Sommer sollen alle Brüstungen auf der Augustusbrücke stehen, erklärt Sachgebietsleiter Holger Kalbe vom Straßen- und Tiefbauamt. Dann kann der zweite Fußweg freigegeben werden. Danach beginnt der Straßenbau. Damit dies möglich wird, muss zuvor noch der etwa 1,5 Meter breite Asphaltstreifen neben dem 2018 fertiggestellten, elbaufwärtsliegenden Fußweg abgebrochen werden, über den jetzt Fahrradfahrer rollen.

Steht die Brüstung im Sommer bis zur Neustädter Seite, kann der zweite Fußweg wieder geöffnet werden. Dann bauen die Verkehrsbetriebe auf beiden Seiten vor dem Blockhaus neue, behindertengerechte Haltestellen.
Steht die Brüstung im Sommer bis zur Neustädter Seite, kann der zweite Fußweg wieder geöffnet werden. Dann bauen die Verkehrsbetriebe auf beiden Seiten vor dem Blockhaus neue, behindertengerechte Haltestellen. © Sven Ellger

„Mit dem Straßenbau müssen wir im Spätsommer fertig sein, damit die Dresdner Verkehrsbetriebe das Gleisdreieck am Neustädter Markt ausbauen können“, sagt Kalbe. In dem Zuge werden in Höhe des Blockhauses auf beiden Seiten bis Jahresende behindertengerechte Haltestellen gebaut. Ab Jahresende sollen die Bahnen wieder über die Augustusbrücke rollen.

Der nächste Schritt: Bogen-Stirnflächen werden aufpoliert

Eine große Aufgabe haben die Sandsteinwerker aber noch. Zwar sind am Neustädter Ufer die Stirnflächen der Bögen an der elbaufwärts liegenden Seite schon saniert. Über dem Fluss und auf der anderen Brückenseite aber noch nicht. Damit soll schon parallel zum Brüstungsbau begonnen werden.

Welche Schäden vorhanden sind, ist bereits untersucht worden, erklärt Kalbe. Im März sollen die Sandsteinwerke ein genaues Aufmaß machen, bei dem sie ermitteln, wie viele neue Steine benötigt werden. So können die etwa zehn Zentimeter starken Sandsteinplatten schon hergestellt werden.

Die Zeit drängt. Denn wegen dieser Bauarbeiten im Flussbereich kann dann nur noch eine der beiden Schifffahrtsöffnungen für die Passage in beide Richtungen genutzt werden. „Deshalb müssen die Arbeiten gut vorbereitet werden, damit sie reibungslos und schnell vom Schiff aus ausgeführt werden können“, sagt der Sachgebietsleiter. Im Flussbereich sollen sie sechs bis acht Wochen dauern. Insgesamt werden sie sich aber bis 2022 hinziehen. Größere Einschränkungen gibt es deshalb aber nicht.

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