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Nachwuchstänzerin aus Dresden: "Man ist nicht nur Teil einer Choreografie, sondern einer ganzen Idee"

Maxima Rossa tanzt, seit sie denken kann. Jetzt konnte die 18-jährige Nachwuchstänzerin eine Hauptrolle in einem Stück ergattern, an der das Künstlerkollektiv "TheHelHein" aus Dresden zwei Jahre lang gearbeitet hat.

Von Juliane Just
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Die Tänzer Maxima Rossa und Leon Damm bewegen sich mit Hingebung und Leichtigkeit. Fast wirkt es, als würden sie schon ihr ganzes Leben miteinander arbeiten.
Die Tänzer Maxima Rossa und Leon Damm bewegen sich mit Hingebung und Leichtigkeit. Fast wirkt es, als würden sie schon ihr ganzes Leben miteinander arbeiten. © Sven Ellger

Dresden. Sie verstehen sich blind. Ihre Körper bewegen sich aufeinander zu, verschlingen sich, stoßen sich wieder ab - mal in zackigen, mal in ganz sanften Bewegungen. Schon tausende Male haben sie diese Schritte auf diesem Boden ausgeführt und werden sie noch tausende weitere Male machen, bis jede Bewegung sitzt. Eine tiefe Hingabe ist spürbar, die die Tänzer Maxima Rossa und Leon Damm in diesem Moment verbindet.

Eigentlich habe sie schon immer getanzt, erinnert sich Maxima Rossa. Mit drei Jahren begann sie in einer Tanzschule, heute hat sie das Abitur des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden mit der Spezialisierung auf Tanz bereits in der Tasche. "Musik hat mich einfach schon immer bewegt und berührt. Daraus eine Bewegung zu machen und eine Expression zu finden, war immer Teil meines Lebens", sagt die 18-Jährige.

Unverhofft im professionellen Tanz in Dresden gelandet

Und das sieht man ihr auch an, wenn sie wie im Trance tanzt. Ihre sportliche Kleidung umschmeichelt einen Körper, der vom Tanz gestählt ist und trotzdem weiche und anmutige Bewegungen freisetzt. Und obwohl Maxima Rossa eigentlich nicht vorhatte, in ihrem Erwachsenenleben mal professionell zu tanzen, macht sie es unverhofft nun doch. Sie hat eine Hauptrolle in einem neuen Programm ergattert, das vom Künstlerkollektiv "TheHelHein" stammt.

Das hat vor allem eins vor: Künstler verschiedener Kunstformen zusammenzubringen und daraus Neues entstehen zu lassen. Die Köpfe dahinter sind der Palucca-Tänzer und Choreograf Björn Helget sowie der Musiker und Produzent Nils Heinrich. Was 2019 als Idee begann und mit der Corona-Pandemie eine Vollbremsung hinlegen musste, ist inzwischen ein richtiges Unternehmen in Dresden geworden.

Björn Helget und Nils Heinrich (v.l.) konnten mit dem Künstlerkollektiv "TheHelHein" bereits mehrere Projekte starten, in denen verschiedene Kunstformen miteinander vereint werden.
Björn Helget und Nils Heinrich (v.l.) konnten mit dem Künstlerkollektiv "TheHelHein" bereits mehrere Projekte starten, in denen verschiedene Kunstformen miteinander vereint werden. © Sven Ellger (Archivfoto)

Sie sind eine Art Schmelzkessel der Künste: Eine privatwirtschaftliche Kunstproduktion, die von ihren Erfindern geleitet und verantwortet wird, aber in der Praxis als Kollektiv funktioniert. Seit der Gründung haben sie mehrere Projekte in Dresden gestartet, die stets mehrere Kunstsparten zusammenbringen.

Unterschiedliche Künstler vereinen sich in Dresden

Die Tänzerin Maxima Rossa ist seit einem Jahr neben 27 anderen Künstlern Teil dieses Teams, konnte mit ihrem Talent überzeugen und sich in das neue Programm einbringen. Zwei Jahre lang tüftelte das bunt gemischte Künstler-Ensemble aus beispielsweise Tänzern, Schauspielern, Bildhauern, Artisten, Videografen und Musikproduzenten daran.

Sie kommen aus ganz Deutschland, setzen sich mit dem Stück und der Thematik auseinander und proben intensiv, wenn alle sich die Zeit freiräumen können. Monatelang hat das Ensemble in dem hellen Studio vom "Balance Center", in einem Hinterhof im noblen Barockviertel, trainiert und ist an der Erfahrung gewachsen. Björn Helget arbeitet mit ihnen an der Choreografie, sieht kleinste Unterschiede und verbessert sie mit den Tänzern auf dem Parkett.

So ist ein Stück entstanden, aus sich heraus, ohne von einer Regie geführt zu sein. "Man ist nicht nur Teil einer erarbeiteten Choreografie, sondern Teil einer ganzen Idee, an der man mitwirkt", sagt Maxima Rossa. Das Programm trägt den Titel "The Vision Of Arts" und besteht aus fünf in sich abgeschlossenen Stücken, die von einem Erzähler verbunden werden. Dabei steht die Vielfalt im Vordergrund - der Künstler, der Menschen, der Welt. "Es wird weltliche Themen und Märchenhaftes geben, Melancholie als auch Komödie", beschreibt Björn Helget.

Tanz und Schauspielerei: "Ich will ein Gefühl vermitteln"

Ob Modern Dance, klassischer Tanz oder Jazztanz - Maxima Rossa hat in ihrer schulischen Laufbahn das Rüstzeug des Tanzes wieder und wieder trainiert. Ihr Herz hat sie an der modernen Tanzrichtung und Improvisation verloren. "Es muss nicht immer der höchste Sprung oder das gestreckte Bein sein. Ich will ein Gefühl vermitteln", sagt sie. Und das kann sie hervorragend, wie ihr der Choreograf versichert.

Und nicht nur das scheint in ihren Genen zu liegen, selbst die Schauspielerei fiel Maxima Rossa nun eher zufällig in den Schoß. Sie tritt im neuen Programm nicht nur als Tänzerin, sondern auch als Schauspielerin auf. "Ich wollte mich gern damit auseinandersetzen", sagt die 18-Jährige. Sie sei es gewohnt, mit ihrem Körper Geschichten auszudrücken, jetzt kommt noch die Stimme dazu. "Das ist eine sehr besondere Kombination."

In Dresden wird das neue Programm mit Maxima Rossa als Tänzerin und Schauspielerin im September seine Premiere feiern. Die 18-Jährige ist das Rampenlicht gewohnt, trotzdem steige in den vergangenen Wochen immer mal Nervosität auf. "Wir haben so intensiv daran gearbeitet und das hat es so noch nie gegeben", sagt sie. Und die Ideengeber haben Großes mit dem Programm vor. Auf Deutschlandtour soll es gehen, und auch in Italien soll es zu sehen sein.

Tanzen soll im Leben der 18-jährigen Dresdnerin eine Nebenrolle spielen

Und auch wenn Maxima Rossa sich im Künstlerkollektiv pudelwohl fühlt, soll das Tanzen in ihrem Leben nur eine Nebenrolle spielen. Vorerst geht es für sie ein Jahr nach Nürnberg zu einem Kurs für Kunstschaffende. Sie tauscht Tanzstudio gegen Werkstatt, Bewegung gegen Säge, Musik gegen Holz. Sie sei grundsätzlich an einem künstlerischen Beruf interessiert, hat aber auch Zweifel. "Auf Knopfdruck kreativ zu sein, kann ich mir nicht vorstellen."

Doch wo zieht es sie dann hin? "Forstwirtschaft." Maxima Rossa schmunzelt, wohl wissend, dass das ob ihres bislang durchgängig künstlerisch beeinflussten Lebens doch eine andere Hausnummer ist. "Es ist mir ein persönliches Anliegen, mehr auf Naturschutz und Waldwiederherstellung zu setzen", erklärt sie. Sie wolle etwas, hinter dem sie zu 100 Prozent stehe. Doch egal, wo der berufliche Weg hinführt, das Tanzen wird die junge Frau immer begleiten - und sei es im Wald.

Die Premiere des Programms "The Vision Of Arts" findet am 16. September 2023 in der Außenstelle Loge des Heinrich-Schütz-Konservatoriums, Bautzner Str. 19A, statt. Die Aufführungen starten um 17 und 20 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse für 20 Euro, Jugendliche bis 18 Jahren zahlen 10 Euro (empfohlen ab 12 Jahren).