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"Assi-Eck" in Dresden: Rolle rückwärts bei Polizeiverordnung

Der erste Entwurf einer Polizeiverordnung sorgte für jede Menge Kritik. Vor allem die Passage zu "lauten" Menschenansammlung. Jetzt rudert das Dresdner Rathaus zurück. Ideen für das Assi-Eck gibt es aber weiter keine.

Von Julia Vollmer
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In der Neustadt will die Polizei künftig noch stärker präsent sein.
In der Neustadt will die Polizei künftig noch stärker präsent sein. © Symbolfoto: Benno Löffler

Dresden. Es ist endlich Sommer. In milden Nächten treffen sich die Neustädterinnen und Neustädter, aber auch Besucher und Touristen gern am "Assi-Eck". Die Kreuzung Görlitzer Straße/Louisenstraße ist stark besucht. Das gefällt nicht allen. Anwohnende hatten sich immer wieder beschwert über Lärm und Müll. Einige hatten sogar geklagt.

Das Oberverwaltungsgericht hatte die Verwaltung in einem Urteil aufgefordert, weitere Vorschläge zum Schutz der dort lebenden Menschen umzusetzen. Im März lag dann auch das Urteil vom Dresdner Verwaltungsgericht vor.

Dresdner Rathaus ist unter Zugzwang

Die Stadt muss handeln, "soweit und solange an den Wohnungen der Kläger zwischen 24 Uhr und 8 Uhr freitags und samstags, an den übrigen Wochentagen zwischen 22 Uhr und 7 Uhr des Folgetages Pegel von 62 dB(A) regelmäßig überschritten werden", heißt es in darin. 60 bis 80 Dezibel entsprechen etwa der Lautstärke eines lauten Gesprächs und dem Geräusch eines vorbeifahrenden Autos.

Doch aus dem Rathaus kommen auch Monate später keinerlei Ideen für die Kreuzung. Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) verwies nur auf eine stärkere Präsenz von Polizei und Ordnungsamt.

Den höchst umstrittenen ersten Entwurf zu einer neuen Polizeiverordnung nahm sie zuletzt von der Tagesordnung der Gremien. Ein Satz im Entwurf sorgte für besonders heftige Diskussion, er lautete: "Während der Nachtruhezeiten ist jede Person verpflichtet, sich aus einer Menschenansammlung im öffentlichen Bereich zu entfernen oder von ihr fernzuhalten, wenn und solange von dieser Ansammlung unzumutbarer Lärm ausgeht."

Diese Sätze streicht die Stadt aus dem Entwurf

Nun hat die Stadt einen Änderungsantrag für die Polizeiverordnung erarbeitet, der am Montag in erster Lesung auf der Tagesordnung im Verwaltungsausschuss stand. Dieser liegt Saechsische.de vor. Doch statt neuer Vorschläge oder Ideen, wie man die Interessen von Feiernden und Anwohnenden besser vereinen könnte, streicht die Stadt einzelne Sätze aus dem Entwurf. Gestrichen wurde unter anderem der Satz, der sich auf das Fernhalten von "lauten" Menschenansammlungen bezieht.

Außerdem gestrichen wurde eine Passage zum öffentlichen Raum: "Es ist untersagt durch Verweilen in einer Menschenansammlung dazu beizutragen, dass andere Personen erheblich belästigt, an einer dem Gemeingebrauch entsprechenden Nutzung des öffentlichen Bereichs gehindert oder davon abgehalten werden." Dieser Satz war so unkonkret formuliert, dass damit sowohl ein Kindergeburtstag als auch ein Junggesellenabschied oder eine Gruppe Fußballfans gemeint sein konnte.

Ebenfalls gestrichen wurde in dem Änderungsantrag der Stadt ein Satz, der für viel Kritik sorgte. Darin hieß es: "Wer eine öffentliche Vergnügung veranstalten will, hat diese zur Vermeidung einer möglichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (...) spätestens vier Wochen vorher (...) schriftlich anzumelden, wenn mehr als 200 Besucher erwartet werden."

Das berichten Polizei und Ordnungsamt zum Stand

2022 war die Stadt mit ihrem Vorschlag, den Alkoholkonsum am Eck und den Verkauf in den umliegenden Straßen zu verbieten, am Stadtrat gescheitert. Im Zuge der Debatte ums Eck wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass es zu wenig Raum für Jugendliche gibt. So beklagen Stadträte, Stadtbezirksbeiräte und Sozialarbeiter, dass Verbote Probleme wie fehlende Freiräume und Treffpunkte für junge Menschen nicht lösen.

Im Mai hatten Polizei, Ordnungsamt und Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) übereinstimmend berichtet, dass sich die Situation am Eck im Sommer 2022 deutlich entspannt habe. "Wir beobachteten eine Beruhigung der Lage und auch das Problem mit der Beschallung durch Bassboxen hat sich sehr gebessert", sagte Sven Fischer, Revierleiter der Polizei in der Neustadt.

Eine deutliche Verbesserung beobachtet auch der Abteilungsleiter Gemeindlicher Vollzugsdienst im Ordnungsamt, Mirko Domaschke. In den Jahren zuvor bereitete immer wieder das "Straßenbahnstreicheln" Probleme, die Linie 13 konnte zum Teil aufgrund der vielen Menschen nicht nur das Viertel fahren und musste umgeleitet werden.

Nachtschlichter können weiter arbeiten

Erfolge erzielte das Kommunikationsteam der Nachtschlichter, die am Eck, aber auch in der gesamten Neustadt unterwegs sind und zwischen Anwohnenden und Feiernden vermitteln sollen. Die Finanzierung der Konfliktmanager stand zuletzt auf der Kippe. Doch nun steht fest: Der Freistaat fördert die Nachtschlichter auch dieses Jahr. In Summe sind es 184.000 Euro, der Freistaat zahlt davon 152.000 Euro. Den Rest bezahlt die Stadt.