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Mini-Supermarkt "Emma No. 1" in Dresden-Neustadt droht die Schließung

Die gut 30 Jahre alte "Emma No. 1" in Dresden steht vor dem finanziellen Ende. Wie zwei Stammkunden versuchen, den Laden zu retten.

Von Connor Endt
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"Die Zukunft des Ladens ist mir nicht egal": Jakob Geißler (l.) sammelt Spenden für Elke Gäblers Spätshop "Emma No. 1" in der Dresdner Neustadt.
"Die Zukunft des Ladens ist mir nicht egal": Jakob Geißler (l.) sammelt Spenden für Elke Gäblers Spätshop "Emma No. 1" in der Dresdner Neustadt. © Matthias Rietschel

Dresden. Die meisten Regale im Kiez-Supermarkt "Emma No. 1" sind leer. In dem Laden in der Neustadt konnte man früher neben Getränken auch Süßigkeiten, Säfte, Lebensmittel oder Pizzas kaufen. Jetzt stehen nur noch vereinzelte Flaschen in den Regalen. Das fast 30 Jahre alte Geschäft am Bischofsweg 32 hat mit großen finanziellen Problemen zu kämpfen. Ein breites Sortiment, wie es früher üblich war, können sich die Inhaber schlichtweg nicht mehr leisten.

"Die Preise sind explodiert"

Elke Gäbler und ihr Mann Kai Gäbler haben den Laden im Juni 2019 nach dem frühen Tod der Vorbesitzerin übernommen. Zunächst läuft alles gut. Doch dann treffen Corona-Pandemie und Inflation die "Emma" mit voller Härte. Für Elke Gäbler wird alles teurer: Miete, Strom, Warenkosten.

"Die Preise sind explodiert", sagt die 48-Jährige und seufzt. "Mittlerweile müsste ich bei vielen Produkten das Doppelte verlangen. Solche Preise sind nicht vermittelbar." Gleichzeitig merke sie auch, dass in den vergangenen Jahren die Kaufkraft der Kunden gesunken sei. "Viele Leute können es sich nicht mehr leisten, im Laden um die Ecke einzukaufen und gehen deshalb zum Discounter", sagt sie.

Hinzu kommt, dass die "Emma" von den Großmärkten abhängig ist, wo Elke Gäbler und ihre Familie die Produkte für den Laden kaufen. Die Großmärkte verkaufen ihre Waren aber zunehmend nur noch mit Staffelpreisen, sagt Gäbler. Staffelpreise bedeuten, dass Waren in der Beschaffung billiger werden, wenn Händler große Mengen abnehmen. "Wir können aber gar keine großen Mengen abnehmen", sagt Elke Gäbler. "Wo soll ich denn drei Paletten mit Kinder-Bueno lagern? Die werden ja schlecht, bevor ich die alle verkauft habe."

Online-Spendenkampagne soll die "Emma No. 1" retten

Es ist Anfang Dezember, da reicht es Elke Gäbler. "Da haben mein Mann und ich das erste Mal darüber geredet, den Laden aufzugeben", sagt sie. Auch einem Kunden vertraut sie sich an. Jakob Geißler wohnt um die Ecke und ist seit mehreren Jahren Stammkunde. "Elke und der Laden sind wie eine zweite Familie für mich geworden", sagt er.

Und in der Familie hilft man sich: Zusammen mit seinem Freund Felix Drechsel organisiert Jakob Geißler eine Online-Spendenkampagne. Das Ziel: Damit der Laden durch die Wintermonate kommt, sollen 8.000 Euro an Spendengeldern gesammelt werden.

Der Späti "Emma No. 1" am Alaunpark ist einer von vielen Spätshops in Dresden - nun braucht er Hilfe.
Der Späti "Emma No. 1" am Alaunpark ist einer von vielen Spätshops in Dresden - nun braucht er Hilfe. © Matthias Rietschel

Am 6. Dezember startet die Spendenaktion für das Geschäft am Alaunpark. "Ich habe mich kaum getraut, auf die Seite zu schauen", sagt Elke Gäbler. Sie sei unsicher gewesen, ob der Spendenaufruf überhaupt Menschen erreicht. Dann schaut sie doch auf die Seite - und ist sprachlos. "Ich war total überwältigt, wie viele Menschen mitgemacht haben", sagt sie. 115 Menschen haben bereits für die "Emma" gespendet. Über 3.200 Euro sind dabei zusammengekommen.

"Wenn es wieder wärmer wird, wird die Lage hoffentlich besser"

Familie Gäbler kämpft weiter. Aktuell hat der Laden noch bis 22 Uhr geöffnet. Im Januar und Februar wollen die Inhaber die Öffnungszeiten aber auf 21 Uhr verkürzen, um zumindest einen Teil der Kosten einzusparen. "In den kalten Wintermonaten kommen eh kaum Kunden in den Laden", sagt Elke Gäbler. Sie hofft, mit dem Spendenprojekt zumindest die laufenden Kosten zu decken. Und dass die Lage besser wird, wenn draußen die Temperaturen steigen und sich die Dresdner auf ein Getränk im Viertel oder dem Alaunpark treffen.

"Die 'Emma' gehört zur Neustadt. Es ist schade, dass gerade so viele Läden zu kämpfen haben", sagt Elke Gäbler. Keine 200 Meter weiter, in der Alaunstraße, droht zeitgleich der Szene-Kneipe "Trotzdem" die Schließung. Auch hier soll eine Spendenaktion das Lokal retten.

Jakob Geißler und Felix Drechsel teilen weiterhin die Spenden-Initiative für das Neustädter Geschäft und versuchen, möglichst viele Leute zu erreichen. "Die 'Emma' ist mehr als ein Späti. Hier kann man auch hinkommen, wenn man jemanden zum Reden braucht", sagt Jakob Geißler. Felix Drechsel und er haben sich übrigens zum ersten Mal im "Emma No.1" getroffen, unterhalten und sich dann angefreundet. "Die Zukunft des Ladens ist mir nicht egal", sagt Jakob Geißler. "Und die ganzen Spenden zeigen: Den Dresdnern ist der Laden auch nicht egal."