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Nach Mai-Ausschreitungen in Dresden: Dynamo-Schläger müssen nicht ins Gefängnis

Wegen der Mai-Ausschreitungen 2021 stehen zwei Dynamo-Schläger in zweiter Instanz vor Gericht. Nun gestehen sie alle Vorwürfe.

Von Alexander Schneider
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Eine Szene vor dem Stadion am 16. Mai 2021. Tausende Fans haben sich im Großen Garten versammelt, obwohl es aufgrund der Corona-Bestimmungen untersagt war. Kurz darauf kommt es zu schweren Ausschreitungen bei Dynamo Dresden.
Eine Szene vor dem Stadion am 16. Mai 2021. Tausende Fans haben sich im Großen Garten versammelt, obwohl es aufgrund der Corona-Bestimmungen untersagt war. Kurz darauf kommt es zu schweren Ausschreitungen bei Dynamo Dresden. ©  Archivfoto: dpa/Sebastian Kahnert

Dresden. Im März hatten sie noch so getan, als stünden sie völlig zu Unrecht vor dem Schöffengericht – Conrad H. (49) und Oliver A. (40). Das hatte ihnen jedoch schon damals niemand abgenommen. Die beiden gelernten Gastronomen aus Dresden gehörten zu den bis zu 1.000 Tätern, die sich am 16. Mai 2021 an den bislang schwersten Ausschreitungen bei einem Heimspiel von Dynamo Dresden tatkräftig beteiligt hatten.

Am Amtsgericht Dresden wurden sie sie nach der zweitägigen Hauptverhandlung zu unbedingten Haftstrafen von 22 beziehungsweise 15 Monaten verurteilt – schuldig wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Widerstands gegen Polizisten und Nötigung.

In der Urteilsbegründung hieß es damals, dass sich die beiden Angeklagten an jenem Sonntag Mitte Mai anlässlich des Aufstiegsspiels gegen Türkgücü München unter den Tausenden Dynamo-Anhängern befunden hatten, die sich am Stadion und im Großen Garten versammelt und Alkohol getrunken hätten, obwohl es ihnen aufgrund der Corona-Schutzverordnung untersagt war.

Erst am Tag zuvor hatte die Polizei aus demselben Grund sogar politische Demonstrationen verhindern müssen, die versammlungsrechtlich höher wiegen als Fußballspiele, ausdrücklich auch solche von Dynamo Dresden und das selbst dann, wenn der SGD dabei der Aufstieg in Liga zwei gelingen könnte.

Für die Polizei: ein Himmelfahrtskommando

Für die Polizei wurde der Nachmittag am Stadion zu so etwas wie einem Himmelfahrtskommando. Mehr als 180 Uniformierte wurden zum Teil schwer verletzt – durch Pyrotechnik, Flaschen- und Steinwürfe, Tritte und Schläge. Mehrere Stunden lang tobte sich ein gewalttätiger Mob aus.

Zwei Jahre lang hat die Polizei mit einer Sonderkommission namens "Hauptallee" die Geschehnisse aufgearbeitet und mehr als 300 Verdächtige identifiziert. Darunter waren auch H. und A., den auch vorgeworfen wurde, drei Pressefotografen attackiert und erheblich verletzt zu haben, darunter zwei damals erst 17-Jährige. Einer der Jugendlichen hatte mehrfach das Bewusstsein verloren und verbrachte die Nacht in der Notaufnahme einer Klinik.

Die Männer hatten sich laut Anklage meist an vorderster Front befunden. Conrad H. beleidigte Polizisten als "Feiglinge" und "Volksverräter" und heizte die Stimmung mit an. Oliver A., der jetzt eine Ausbildung zum Verwaltungsfachwirt macht, zündete einen Rauchkörper und beschimpfte die Beamten als "Scheiß Staatsdiener" und "Schweine". In der ersten Instanz hatten die Angeklagten geschwiegen, ihre Verteidiger Freisprüche gefordert.

"Alles ist aus dem Ruder gelaufen"

Die Berufung am Landgericht war deutlich schneller beendet. Nachdem das Gericht den mehrfach vorbestraften Angeklagten eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung zugesagt hatte, lockerten sie ihre Zungen: "Es war ein schwieriger Tag gewesen", alles sei "aus dem Ruder gelaufen" sagte Conrad H., inzwischen Verkäufer in einem Bekleidungsgeschäft. "Tut mir leid, was da den jungen Herren passiert ist."

Auch Oliver A. sagte, dass er sich so nicht kenne. "Tut mir auch leid." Corona, Kurzarbeit in der Gastronomie, "ich wusste selber nicht, wo ich war." Die Männer gaben alle Vorwürfe zu.

Das Gericht ließ es bei der Strafhöhe des Amtsgerichts, setzte die Urteile jedoch zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit dauert drei Jahre. Darüber hinaus müssen die Verurteilten an die jungen Fotografen eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von insgesamt 1.000 Euro zahlen. Nach zwei Stunden war der Berufungsprozess beendet, die Zeugen mussten nicht erneut vernommen werden.