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1.500 Kinder fehlen: Diese Kitas in Dresden müssen schließen

Die Geburtenrate in Dresden sinkt stärker als erwartet. Mittelfristig fehlen 2.300 Kinder. Einige "Container-Kitas" haben daher keine Perspektive.

Von Dirk Hein
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Freie Plätze: Weil die Geburtenzahl sinkt, gehen auch weniger Kinder in die Kitas der Stadt.
Freie Plätze: Weil die Geburtenzahl sinkt, gehen auch weniger Kinder in die Kitas der Stadt. © Foto: SZ/Eric Weser

Dresden. Weniger Kinder - mehr Platz. Die Landeshauptstadt reagiert in ihrem neuen Kita-Fachplan für die Jahre 2023 und 2024 erstmals verstärkt auf den deutlichen Rückgang der Geburtenzahlen in den letzten Jahren. In erster Linie soll der "Puffer" Platz für mehr Pädagogik und weniger Stress schaffen. Einzelne Kitas werden mittelfristig schließen, Neubaubedarfe werden kritischer bewertet.

Wie entwickeln sich die Kita-Zahlen?

Die Geburtenrate in Dresden sinkt stärker als bisher berechnet. Gegenüber der Prognose von 2020 kommen in Dresden momentan 170 Kinder weniger pro Jahr zur Welt, als von den Statistikern angenommen. Für das neue Planungsjahr 2023/24 ergibt sich so ein Rückgang der in Dresden wohnhaften Kinder bis drei Jahre um 1.480.

Rückläufige Tendenzen zeigen sich auch bei den Bevölkerungszahlen der drei bis unter siebenjährigen Kinder. Die Auswirkungen des Geburtenrückgangs treten bei dieser Altersgruppe zeitverzögert auf. Der Tiefpunkt wird für das Schuljahr 2027/28 mit einem Defizit von 2.300 Kindern weniger als bisher angenommen erwartet.

Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU) weist jedoch auf die Unsicherheiten von Prognosen hin. "Inwiefern die kumulierende Kriegslage in der Welt sowie die Energiekrise als Indikator Auswirkungen haben, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden." 32.580 Plätzen insgesamt steht in Dresden ein Bedarf von 30.030 Plätzen gegenüber.

Warum schafft die Stadt einen "Puffer"?

Stadtweit hat Dresden momentan einen Puffer von etwa 2.500 Kita-Plätzen. Dieser sollte aus Sicht der Verwaltung auch in Zukunft freigehalten werden, "da die Landeshauptstadt sonst kaum in der Lage ist, auf unvorhersehbare Ereignisse kurzfristig zu reagieren. Die aktuelle Situation zum Aufnahmebedarf von Kindern aus der Ukraine unterstreicht eine Kapazitätsreserve."

So sei die Stadt auch auf die Schließung einzelner Einrichtungen aufgrund von Havarien vorbereitet. Im Jahr 2022 betraf dies fünf Kindertageseinrichtungen, welche deshalb ausgelagert werden mussten. Bei weiteren sechs Einrichtungen konnte eine Auslagerung verhindert werden und die Reparatur im laufenden Betrieb erfolgen.

Dresden will den Rückgang der Kinderzahlen zudem nutzen, um die Betreuung zu entzerren. "Bislang mussten Einrichtungen bis zur Obergrenze ihrer Kapazität ausgelastet werden. Das ist wirtschaftlich zwar sinnvoll, im Sinne des pädagogischen Auftrags der Einrichtungen aber eher zu hinterfragen", heißt es im neuen "Fachplan Kita."

Freie Räume sollen daher in erster Linie zu Qualitätsverbesserungen und zur Weiterentwicklung der inklusiven Kinderbetreuung führen.

Welche Kitas müssen perspektivisch schließen?

Bei der nicht komplett abwendbaren Schließung einzelner Einrichtungen will sich Dresden auf den Abbau von "Container-Kitas" konzentrieren. Allein im Jahr 2013 wurden 13 Einrichtungen in dieser Bauweise eröffnet. Anders konnte die Landeshauptstadt damals den neu geschaffenen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht erfüllen.

Für einen Teil dieser Einrichtungen läuft nun die Baugenehmigung 2027 beziehungsweise 2029 aus. Alle Verlängerungsoptionen wurden ausgeschöpft. Das bedeutet, an diesen Standorten müsste zwangsweise in Neubauten investiert werden. Handlungsbedarf sieht die Stadt daher in Prohlis.

Konkret soll am Standort Herzberger Straße ein Neubau errichtet werden. Am Standort Finsterwalder Straße wird ein Ersatzneubau errichtet, sobald die neue Kita Herzberger Straße fertiggestellt ist. Für den Standort Vetschauer Straße 14 wird eine neue Kindertageseinrichtung als Ersatz der Mobilen Raumeinheiten an der Vetschauer Straße 39 geplant und gebaut. Die Kindertageseinrichtungen Heinrich-Mann-Straße 32 und 34 laufen 2027 aus, das Angebot wird in den neuen Standort Herzberger Straße verlagert. Später könnte am alten Standort ein Neubau folgen.

Die Kitas Geisingstraße und Jessener Straße laufen planmäßig bis zum Ende der Baugenehmigungen aus. Eine Entscheidung für die Einrichtungen Ockerwitzer Straße, Bünaustraße und Dölzschener Straße verschiebt die Stadt auf die Fachplanung 2024/25.

Für die Standorte Hafencity/Alter Leipziger Bahnhof, das Stadtquartier am Blüherpark/Lingnerstadt sowie die Stadterweiterung Kaditz/Mickten hat das Rathaus den Bedarf neuer Kitas geprüft - und vorerst abgelehnt.

Warum schließt die Kita in der Luboldtstraße?

Zeitgleich mit dem Kita-Fachplan berät der Stadtrat auch über die geplante Schließung der städtischen Kita an der Luboldtstraße Ende August. Der Hintergrund ist dabei ein anderer. Das Gebäude wurde 1888 als "Kinderverwahranstalt" eröffnet. Das Haus sollte bereits Ende 2021 geschlossen werden, eine Sanierung ist zu teurer, in der Umgebung gibt es genug freie Plätze. Von den 30 Kindern, die seit Januar 2022 noch vor Ort betreut werden, sind zum Zeitpunkt der Schließung noch fünf vor Ort. Diese sollen entsprechend ihres "Wunsch- und Wahlrechtes" in andere Kitas des Stadtbezirks vermittelt werden. Sowohl beim Kita-Fachplan als auch bei der Schließung hat der Rat das letzte Wort.

Was passiert an den Schulen?

Perspektivisch wird der Geburtenrückgang auch die Dresdner Schulen erreichen. Bildungsbürgermeister Jan Donhauser ist überzeugt, auf Schließungen verzichten zu können. Stattdessen soll auch bei den Schulen entzerrt werden. Aktuell werden zum Beispiel teilweise Klassenzimmer als Hortzimmer genutzt. Das soll räumlich, wenn möglich, wieder getrennt werden.

Jan Donhauser: "Die sinkenden Schülerzahlen werden in vielen Schulen Entlastung in sehr angespannten Raumsituationen bringen. Für die Umsetzung der Ganztagskonzepte an den 73 Grundschulen wird es mehr verfügbare Fläche geben. Außerdem melden die Schulen zunehmend Raumbedarf aufgrund zusätzlichen Personals zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit an, zum Beispiel für Schulsozialarbeit, Schulbegleiter und Schulassistenten." Die kommunalen Schulen sind demnach im Bestand gesichert.