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Mit diesen Kandidaten gehen die "Freien Wähler Dresden" in die Stadtratswahl

Der Verein "Freie Wähler Dresden" hat seine Kandidaten für die Stadtratswahl aufgestellt. Darunter bekannte Gesichter, wie das einer Dynamo-Legende und das einer Buchhändlerin, die enge Kontakte in die rechte Szene hat.

Von Kay Haufe
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Buchhändlerin Susanne Dagen ist eine der Spitzenkandidatinnen der Freien Wähler für die Stadtratswahl in diesem Jahr in Dresden.
Buchhändlerin Susanne Dagen ist eine der Spitzenkandidatinnen der Freien Wähler für die Stadtratswahl in diesem Jahr in Dresden. © René Meinig

Dresden. Sie sind Polizist, Lehrer, Buchhändlerin, Inhaber des Weihnachtszirkus, Chefin einer Hausverwaltung, Handels-Unternehmer, Dachdecker, Pädagogin, Jurist, Geschäftsführer und Mitarbeiter im Personalbereich: die Spitzenkandidaten der Freien Wähler für die Kommunalwahl am 9. Juni in Dresden. An diesem Sonnabend wurden sie sowie viele weitere Kandidaten auf den Listenplätzen gewählt.

Unter den Spitzenkandidaten sind mehrere bekannte Gesichter, die auch aktuell im Stadtrat mitarbeiten: Der jetzige Fraktionsvorsitzende Jens Genschmar, der auch Traditionsbeauftragter bei Dynamo Dresden ist, tritt wieder in seinem Wahlkreis 8 in Prohlis an. Susanne Dagen, die in ihrem Buchhaus gern Vertreter neurechter Kreise einlädt, kandidiert im Wahlkreis 7 für Loschwitz/Leuben. Sie hat enge Kontakte in die neurechte Szene, gab unter anderem Interviews den einschlägigen Pubikationen Compact und Sezession und trat auch bei der Bewegung "Ein Prozent" auf. Alle drei werden vom Verfassungsschutz als "rechtsextrem" eingestuft.

Geschichtslehrer Torsten Nitzsche tritt im Wahlkreis 10 für Cotta und Löbtau an sowie Pädagogin Sylvana Wendt im Wahlkreis 4 für Klotzsche, Weixdorf und Schönfeld-Weißig.

Neue Gesichter, aber auch bekannte Namen

Neu antreten werden Leonhardt Köllner für den Wahlkreis 1 für die Altstadt, Antje Nellen für den Neustädter Wahlkreis 2, Tino Jasef im Wahlkreis 3 für Pieschen, René Dathe im Walkreis 5 für Blasewitz und Striesen, Christian Bösl im Wahlkreis 6 für Blasewitz, Gruna und Seidnitz, Steffen Fritzsche für den Wahlkreis 9 in der Südvorstand und Plauen sowie Falk-Hendrik Pohl im Wahlkreis 11 für Gorbitz und die westlichen Ortschaften.

Jasef hat 2015 den Protest gegen eine Asyl-Unterkunft in Übigau mit angeführt und ist darüber in die Politik gekommen.

Auch auf den weiteren Listenplätzen finden sich einige interessante Namen: So wie der der Dynamo-Spieler-Legende Peter Kotte, der sich in Prohlis bewirbt. Die frühere Grünen-Politikerin Antje Hermenau will im Loschwitzer Wahlkreis antreten, wenn auch auf Platz 10. Hermenau, die unter anderem für die Grünen im Sächsischen Landtag sowie im Bundestag saß, war 2015 aus der Partei ausgetreten. Sascha Wolff war 2022 als OB-Kandidat angetreten und kandidiert jetzt auf einem Listenplatz für Plauen. Der Zimmermann und Architekt ist auch als "Maskenmuffel" und einer der Köpfe hinter der "Querdenken"-Bewegung in Dresden bekannt geworden.

Viele Kandidaten aus Parteien ausgetreten

Auffällig ist bei den Freien Wählern, dass gleich mehrere Kandidaten Mitgliedschaften in Parteien hinter sich haben und "enttäuscht" davon waren. So wie Sylvana Wendt, die 2022 nach 21 Jahren aus der CDU ausgetreten war. Andreas Grapatin war von 1994 bis 2004 CDU-Stadtrat, von 1999 bis 2009 Mitglied des Sächsischen Landtages. 2017 trat er aus der CDU aus und begann im April 2018 eine Tätigkeit als parlamentarischer Berater bei der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag. Ebenfalls CDU-Mitglied war knapp 15 Jahre lang Torsten Nitzsche, auch René Dathe war zunächst bei der CDU.

Christian Bösl hat seine politische Arbeit in der SPD gestartet und saß für die Sozialdemokraten auch schon im Stadtrat. Ebenso wie Thomas Blümel, der drei Legislaturperioden Stadtrat war, zunächst für eine Bürgerliste, dann für die SPD. Beide sind aus der Partei ausgetreten.

Jens Genschmar hatte seine politische Heimat zunächst bei der FDP und war Stadtrat dieser Partei, ebenso wie Barbara Lässig, die zuvor schon bei der PDS aktiv war und auch für diese Partei im Stadtrat saß. "Ich erscheine vielen als politisches Chamäleon, obwohl ich meine politische Meinung nie verändert habe", sagt sie bei Wahl.

Zwei Bewerber, die aber keine Vereinsmitglieder sind, kündigten bei der Vorstellung an, der rechtskonservativen Werteunion beitreten zu wollen: Uwe Klötzer und Jan-Christian Lewitz. Das führte zu Diskussionen unter den Vereinsmitgliedern, das sei opportunistisch. Stattdessen müsste man die Kräfte bündeln. Beide fanden deshalb keine Mehrheit als Stadtratskandidaten.

Die elf Spitzenkandidaten: (v.l.n.r.) Leonhard Köllner, Susanne Dagen, Sylvana Wendt, hinten René Dathe, Torsten Nitzsche, Steffen Fritzsche, Falk-Hendrik Pohl, Jens Genschmar, vorn Christian Bösl, Antje Nellen und Tino Jasef.
Die elf Spitzenkandidaten: (v.l.n.r.) Leonhard Köllner, Susanne Dagen, Sylvana Wendt, hinten René Dathe, Torsten Nitzsche, Steffen Fritzsche, Falk-Hendrik Pohl, Jens Genschmar, vorn Christian Bösl, Antje Nellen und Tino Jasef. © René Meinig

Mehr Bürgerbeteiligung in allen Bereichen

Als Schwerpunkte ihrer Arbeit als Stadträte nannten die Kandidaten unter anderem das Ziel, bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum zu schaffen, sowie die Stärkung von Mittelständlern und Veranstaltern. Das Sachsenbad, das Elbamare und das Luftbad Dölzschen müssten unbedingt eine Zukunft haben und die Schließung des Krankenhauses Neustadt soll verhindert werden. Auch wohnortnahe Schulen sowie eine verbesserte ÖPNV-Anbindung der Ortschaften steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Der individuelle Handel müsse besser gefördert werden. Auch die Ausgrenzung einzelner Akteure im Stadtrat dürfe es nicht mehr geben. Die Freien Wähler hätten dies bei den Haushalts-Gesprächen erlebt.

Der Autoverkehr dürfe nicht mehr gegen den Fuß- und Radverkehr ausgespielt werden, auch Hochwasserschutz sowie Umwelt- und Naturschutz sind Themen des Vereins. Generell spreche man sich für mehr Bürgerbeteiligung aus und lege großen Wert auf das Thema Sicherheit in der Stadt.